Kaum Zeit fürs Heizungsgesetz

Die Koalition will ihr Reformpaket ungeachtet starker Kritik noch in dieser Woche im Bundestag verabschieden lassen

Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. (Foto: © BMWK / Dominik Butzmann)
Dr. Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz. (Foto: © BMWK / Dominik Butzmann)

 

Von Jürgen Wermser

 

Robert Habeck hat sein zeitliches Etappenziel erreicht: Nach einer Anhörung und weiteren Abstimmung im Ausschuss für Klimaschutz soll in dieser Woche das sogenannte Heizungsgesetz im Bundestag nun endgültig verabschiedet werden. Doch um welchen Preis! Zu Recht fühlt sich die Opposition von dem Gesetzesvorhaben massiv unter Druck gesetzt. Der Zeitplan ist so eng, dass über die komplizierte Materie kann noch seriös nachgedacht oder gar verhandelt werden kann. Das scheint von Regierungsseite auch nicht gewollt. Habeck und die Koalition wollen ihr Projekt offenbar schlicht und einfach auf Biegen und Brechen durchsetzen, koste es politisch und jeden Bürger auch finanziell, was es wolle. Denn klar ist: Von einer wirklich ausgereiften Reform kann nicht oder bestenfalls nur sehr eingeschränkt die Rede sein. 

 

Das liegt nicht an der Zielsetzung des Vorhabens. Denn Klimaschutz muss selbstverständlich auch den Gebäudebereich einschließen. Dazu sind umfangreiche Modernisierungen notwendig. Dies wird auch von keinem seriösen Oppositionspolitiker ernsthaft bestritten. Doch selten stimmte der Satz so sehr: Der Teufel steckt im Detail. Und diese sind beim Heizungsgesetz recht groß und zahlreich sowie für viele Bürger äußerst schmerzhaft. Millionen Familien, Ältere und Geringverdiener nicht zuletzt im ländlichen Raum befürchten, dass sie sich künftig eine warme Wohnung oder ein warmes Haus kaum noch leisten können. Solche Ängste und Sorgen mögen sich im Einzelfall am Ende als übertrieben erweisen. Aber die Verunsicherung ist aktuell sehr groß. Und an diesem Zustand sind im Wesentlichen die Koalition und der dafür zuständige Klimaschutzminister schuld.

 

Schlechte Kommunikation

 

Habeck, der lange als großer Kommunikator in den Medien gefeiert wurde, ist bei dem Versuch gescheitert, sein wichtigstes Projekt von Anfang an plausibel und für jeden nachvollziehbar zu entwickeln und zu begründen. Berechtigte Fragen und Sorgen wurden von ihm und den Technokraten seines Ministeriums nicht wirklich ernst genommen. Geld und die Belastungsgrenzen von Bürgern und Unternehmen schienen keine große Rolle zu spielen. Entscheidend war den Reformern das alles überragende große Ziel: mehr Klimaschutz. Doch ohne ausreichende Beteiligung der Bürger lässt sich ein solches Mammutprojekt in einer Demokratie nicht stemmen. Denn eine ideale Lösung, die auf dem Reißbrett entworfen wird, kann der harten Realität im Lebensalltag der Bevölkerung widersprechen. Dann kommt es zu Frustrationen und politischen Verwerfungen bis hin zu Radikalisierungen. Eben dies ist jetzt geschehen, was inzwischen auch von Regierungspolitikern eingeräumt wird.

 

Rechtsextreme Kräfte sind die großen Nutznießer

 

Für Habeck und die Koalition kommt diese Erkenntnis leider reichlich spät. Denn das Vertrauen in die Seriosität der aktuellen Klimapolitik ist bei den Bürgern stark geschrumpft. Rechtsextreme Kräfte – Stichwort Umfragehoch der AfD – sind die großen Nutznießer. Auf der Verliererseite steht jetzt auch bis zu einem gewissen Grad der Klimaschutz. Denn das mit heißer Nadel gestrickte Gesetzespaket vermag die anvisierten Ziele kaum wirklich zu erreichen. Entsprechend harsch fällt die Kritik von vielen Wissenschaftlern und Umweltorganisationen aus. Von einem großen Aufbruch in eine bessere, saubere Welt kann nicht mehr die Rede sein. Stattdessen hangelt man sich mühsam Schritt für Schritt unter großen politischen und sozialen Verwerfungen voran. Und die konkreten Folgen etwa für Landwirtschaft und Industrie, Handel und Handwerk sind bislang bestenfalls in Umrissen zu erkennen. Da könnte uns noch einiges an Konflikten und später erforderlichen Korrekturen am Gesetzespaket bevorstehen.

 

Klar ist: Auch nach der für diese Woche geplanten Abstimmung im Bundestag wird die Diskussion um das Heizungsgesetz weitergehen. Schon deshalb hätte von Beginn an im Hause Habeck der Grundsatz gelten sollen: Sorgfalt vor Schnelligkeit. So aber bleibt für alle Beteiligten nur ein bitterer Nachgeschmack.

 


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