Der Tierschutz und die invasiven Arten

Die Spenden-Schlachten um Waschbär & Co. scheinen einem realistischen Risikobewusstsein zu weichen

Ein Waschbär. (Foto: SHAWSHANK66)
Ein Waschbär. (Foto: SHAWSHANK66)

 

Von Michael Lehner

 

Stammgäste unserer Seite erinnern sich womöglich an den veritablen Streit unter Nabu-Funktionären. Die regional zuständigen Naturschützer hatten die Nase voll davon, entlang der Landstraßen Krötenschutzzäune aufzubauen, an denen die Waschbären vom Aussterben bedrohte Frösche nur noch einsammeln müssen. Die Nabu-Oberen reagierten erst mal höchst verschnupft auf die Forderung nach verschärfter Bejagung der Waschbären, die ja nicht zu den heimischen Arten zählen.

 

Gut fünf Jahre später gehört die Forderung nach Aufhebung jeglicher Waschbär-Schonzeiten zur offiziellen Nabu-DNA. Stattdessen plagt sich der Kommerz-Tierschutz mit neuen Herausforderungen. Zum Beispiel mit dem ebenfalls eingeschleppten Schwarzblauen Ölkäfer. Der ist zwar ein schlimmer Wildbienen-Schädling, laut Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller jedoch im Bestand gefährdet und deshalb ausgesprochen schützenswert.

 

Obendrein hat das Bundesamt für Naturschutz den Schwarzblauen Ölkäfer im Jahr 2019 zum Insekt des Jahres ausgerufen. Was zwar nichts daran ändert, dass das Gift der Krabbeltiere sogar Menschen gefährlich werden kann, aber eindrucksvoll illustriert, welche Konflikte zwischen Artenschutz und Tierschutz lauern.

 

Kampf um die letzten heimischen Süßwasserkrebse

 

Momentan entdecken auch die Mainstream-Medien die „Invasiven Arten“ neu. Zum Beispiel die aus Amerika eingeschleppten Signalkrebse, die sich mit Erfolg daran machen, die letzten heimischen Süßwasserkrebse aus ihrem Lebensraum der wenigen noch intakten Bäche und Flüsse zu drängen. 

 

Auf der fränkischen Rhön zum Beispiel versuchen Fischer und örtliche Naturschützer, die US-Krebse abzufangen. Was aber Unmut erregt, weil die aussortierten Krustentiere im Kochtopf landen. Was wiederum Hardcore-Tierschützer auf den Plan ruft, mit dem Generalverdacht, dass die Krebse lebendigen Leibes gesotten werden könnten. Stimmt zwar nicht, ist aber allemal für Schlagzeilen gut – und fürs Spendenaufkommen.

 

Ein wenig Hoffnung macht da auch der Wechsel auf dem Chefposten des Bundesumweltministeriums. Im Gegensatz zu ihrer mit dem Nabu eng verbandelten SPD-Vorgängerin zeigt Steffi Lemke von den Grünen Sinn für Realitäten: Nicht nur bei den jüngsten Ankündigungen, den Extrem-Artenschutz für verhaltensauffällige Wölfe zu lockern, sondern auch beim Umgang mit den invasiven Arten. 

 

So wahr die Waschbären die Frösche und Kröten auch den Störchen wegfressen, die sich vielerorts von der bedrohten Vogelart zum gewohnten Anblick gemausert haben. Was angeblich auch dem Bruterfolg der Menschen nützt.

 


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