Dorfrettung: Was gelingen kann, wenn viele anpacken

Eine ZDF-Dokumentation stellt Menschen vor, die mit ehrenamtlichem Engagement die Schließung einer Grundschule und eines Landgasthofs verhindern

Das Daruper Orgateam, von links: Sarah Heimann, Dirk Teichmann, Markus Lewerich, Andreas Determann. Sie kämpfen für die Rettung ihrer Dorfkneipe. (Foto: ZDF/Pascal Blech)
Das Daruper Orgateam, von links: Sarah Heimann, Dirk Teichmann, Markus Lewerich, Andreas Determann. Sie kämpfen für die Rettung ihrer Dorfkneipe. (Foto: ZDF/Pascal Blech)

 

Von Christian Urlage

 

Wie es Menschen mit Eigeninitiative und Engagement schaffen, mehr Lebensqualität in einen kleineren Ort zu bringen, das war kürzlich in der sehenswerten ZDF-Dokumentation „Wir retten unser Dorf“ zu sehen, die man sich noch bis August 2028 in der Mediathek des Senders anschauen kann. Der halbstündige Beitrag in der Reihe „37 Grad“ zeigt Menschen, die anpacken – in Darup im Münsterland, wo der Erhalt eines Landgasthofs gelang und im schleswig-holsteinischen Rendswühren, wo eine Mutter für den Erhalt ihrer Grundschule kämpfte.

 

Zwei Erfolgsgeschichten über Projekte, die Mut machen, statt über das Ausbluten von Dörfern zu klagen, in denen der Laden, die Gaststätte und die Schule fehlen. Filmemacherin Nadja Kölling hat dafür zwei Jahre lang Dorfbewohner begleitet, um Antworten auf die Frage zu finden: Wie bleiben Dörfer lebenswert? In Darup bei Nottuln sollte 2020 der letzte Landgasthof schließen, denn die Besitzer gingen in Rente. Andreas Determann und andere Mitstreiter wollten nicht zulassen, dass es keinen größeren Raum mehr geben sollte für runde Geburtstage, Treffen der Landfrauen und des Schützenvereins oder für Beerdigungen.

 

Eine Bürgergenossenschaft kauft einen Gasthof

 

So entstand die Idee einer Bürgergenossenschaft. Und der Aufruf „Komm, wir kaufen unsere Dorfkneipe“. Jedes Mitglied, so war die Idee, musste mindestens 250 Euro zeichnen, dann kann die Dorfgemeinschaft den Gasthof kaufen. Mehr als die Hälfte der Daruper beteiligte sich, und durch die Genossinnen und Genossen kamen 420.000 Euro für den Erwerb zusammen. Ein erster Schritt, doch dann folgte noch die Sanierung, der Abriss der früheren Kegelbahn. Viele Arbeiten übernahmen Dorfbewohner in Eigenregie, um Kosten zu sparen. Das stärkte den Gemeinschaftsgeist. Schließlich wurde mithilfe eines bekannten Fernsehkochs ein Pächter gefunden. „Wir haben sie wieder, eine richtige Kneipe“, freut sich ein Mann aus dem Orga-Team, als das erste Essen aufgetischt wird.

 

In der schleswig-holsteinischen Schweiz entschied sich die gebürtige Wolfsburgerin Kirsten Voß-Rahe, den Resthof aus Familienhand zu übernehmen und ihn mit ihrem aus Rendswühren stammenden Mann Christian zu einem Kultur-, Bildungs- und Erlebniszentrum zu verwandeln. Dorfbewohner waren erst skeptisch, doch inzwischen beschäftigt das Paar 16 Mitarbeiter.

 

Ohne Infrastruktur geht vieles verloren

 

Das Paar betreibt einen Hofladen und eine Campingwiese; sie sind Veranstalter und haben die Kita „Natura“ für 16 Kinder gegründet. Dann kümmerte sich Voß-Rahe um den Erhalt und Ausbau ihrer Dorfschule. Denn nur bei einer Erweiterung entspricht sie den Anforderungen der Ganztagsbetreuung mit Mittagessen. Hinderlich waren bürokratische Hürden, die übersprungen werden mussten, zum Beispiel bei den komplizierten Anträgen auf Fördergelder.

 

 

Voller Einsatz für das Dorf: Andreas Determann (r.) und viele andere Daruper packen mit an, um ihren Dorfgasthof zu retten. (Foto: ZDF/Pascal Blech)
Voller Einsatz für das Dorf: Andreas Determann (r.) und viele andere Daruper packen mit an, um ihren Dorfgasthof zu retten. (Foto: ZDF/Pascal Blech)

 

„Ich selbst habe nie in einem Dorf gelebt, aber auch mir kam es immer so vor, als gäbe es auf dem Land einen ganz anderen Zusammenhalt, ein Gemeinschaftsgefühl, ein anderes Füreinander als in der Großstadt“, erklärt Filmemacherin Nadja Kölling auf der Homepage des ZDF und fügt hinzu: „Ohne Infrastruktur, ohne Treffpunkte geht genau das, was das Dorfleben so lange prägte und was viele heute suchen, verloren.“ 

 

Fazit des Beitrags: Damit Dörfer nicht veröden und zur Schlafstätte absinken, ist viel Eigeninitiative nötig. Für den Erhalt der Infrastruktur braucht es hochmotivierte Menschen, die ehrenamtlich anpacken und Verantwortung übernehmen. Vermutlich sind es mehr, als man denkt. „Wir dürfen selbst vor Ort entscheiden, wie wir die Zukunft gestalten wollen“, freut sich Kirsten Voß-Rahe. Allein das ist für sie ein Ansporn. Und Andreas Determann aus Darup ist überzeugt: „Es geht überall. Man muss es nur machen.“

 


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