Raubzüge gegen die Provinz

In ihrer selbstverschuldeten Geldnot flüchten viele Ampel-Politiker in neue Ungerechtigkeiten im ländlichen Raum. Was wird aus der E-Mobilität?

Foto: AKrebs60
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Von Michael Lehner

 

Nicht einmal mehr die Pendlerpauschale ist tabu. Das sogenannte „Dienstwagenprivileg“ wird Gegenstand einer aufgeheizten Neid-Debatte. In Existenzangst getriebene Landwirte können nur träumen von jener staatlichen Fürsorge, mit der Grüne und SPD-Linke die Schwerindustrie und die Arbeitsplätze dort retten wollen. Zugleich wird klar, dass auch die Träume von der erzwungenen Klima-Wende an der Steuergeldverschwendung scheitern.

 

Die aktuellste Hiobsbotschaft: Wenn es im Leitungsnetz eng wird, dürfen Energieversorger vom kommenden Januar an den Strombezug für Wärmepumpenheizungen und das Laden von Elektroautos drosseln. Dass diese Falle das flache Land besonders trifft, ist abzusehen. Schon vor dem Aus fürs Russen-Gas war klar, dass gewaltige Investitionen in den Leitungsausbau nötig werden, damit die (Elektro-)Energiewende im ländlichen Raum nicht an Versorgungsengpässen scheitert.

 

Dass die Geldnot auch den Netzausbau verzögern wird, ist abzusehen. Ebenso dürfte sich die Situation verschärfen, dass die in Elektromobilität gelockten Bürger ihre Autos mit Strom betreiben, für den Gas und Kohle verbrannt werden. Alle, die nicht aufs Lastenfahrrad umsteigen können, müssen also auch als Besitzer von E-Autos Gewissensbisse bekommen. Zumal die Finanznot auch dafür sorgen wird, dass der Ausbau der öffentlichen Nahverkehre im ländlichen Raum noch lange Zeit Zukunftsmusik bleiben wird.

 

Retten wollen die Ampel-Koalitionäre jedoch das 49-Euro-Ticket. Mit Milliarden-Kosten, die auch die Landbevölkerung mitfinanzieren muss, obwohl sich die Spottpreis-Fahrkarte im ländlichen Raum nahezu als Nullnummer darstellt. Wenn es nach dem Neid-Flügel in den Regierungsparteien geht, müssen vielmehr die Berufspendler bluten, denen ihr Arbeitgeber einen Firmenwagen für die Fahrt zur Arbeit überlässt. Dass die so Begünstigten für jeden Entfernungskilometer Steuern auf den „geldwerten Vorteil“ zahlen, übersehen die Umverteiler ebenso wie den Umstand, dass ein Großteil der Elektroautos als Firmenwagen angeschafft wird.

 

Für bewährte Regeln der Marktwirtschaft bleibt kaum noch Platz

 

Naheliegend ist bei diesem Thema obendrein der Verdacht, dass die großzügige Förderung der E-Mobilität zusätzliche Probleme schafft: Auch die satten Steuergeld-Zuschüsse haben dafür gesorgt, dass die heimische Auto-Industrie kaum noch auf die Frage achtet, ob sich Normalverbraucher ihre Produkte leisten können. Kein Wunder, dass der halbstaatliche Volkswagen-Konzern jetzt schon laut um Staatshilfen bettelt und mit Arbeitsplatzabbau droht. Auch das passt in eine politische Landschaft, in der kaum noch Platz ist für die bewährten Regeln einer Sozialen Marktwirtschaft.  

 

(Fast) ganz auf Marktwirtschaft setzen die Regierenden hingegen beim Plan, die Land- und Lebensmittel-Wirtschaft zur Öko-Umkehr zu zwingen. Obwohl schon reichlich Bauern aufgegeben haben, darf als gesichert gelten, dass in diesem Wirtschaftsbereich mindestens ebenso viele Arbeitsplätze gefährdet sind wie in der Schwerindustrie, die dem Wirtschaftsminister jeden Koalitionskrach um Milliarden-Subventionen wert ist. Den Umstieg auf Tierwohl und Bio-Produktion hingegen sollen die Landwirte gemeinsam mit den Verbrauchern weitgehend ohne Staatshilfen schultern. Eine weitere Hypothek zum Schaden der ländlichen Räume.

 

Das flache Land stützen und nicht ausbluten

 

Über allem steht der kapitale Denkfehler, dass es gelingen kann, immer mehr Subventionen für Metropolen und industrielle Ballungsräume mit dem Geld zu finanzieren, das in den noch einigermaßen intakten Regionen erwirtschaftet wird. Vom Wohngeld über den Nahverkehr bis zur geplanten Förderung von Fernwärmenetzen orientieren sich die Leitlinien der aktuellen Regierungspolitik weiter am Irrglauben, dass sich die existentiellen Probleme der Großstädte mit Steuergeld beheben lassen. Statt zu begreifen, dass es ein gewisses Maß an Leidensdruck bräuchte, um die wahren Ursachen der Misere zu bekämpfen.

 

Immerhin beginnt es sich in der realen Welt herumzusprechen, dass die altbekannten Standort-Nachteile der Provinz vielfach Schnee von gestern sind. Eine Welt, in der Menschen ihr Home-Office an fernen Sandstränden einrichten und die Verwaltungszentren großer Internet-Handelshäuser in der „Pampa“ stehen, ist es an der Zeit, das flache Land zu stützen und nicht auszubluten. Auch wegen der kurzen Wege, der bezahlbaren Mieten und – vor allem – wegen der guten Luft, die den Großstädten längst ausgegangen ist.

 


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