Wenn das Geld nur für den Schülerbus reicht

Die Kommunen im ländlichen Raum rufen Bund und Länder auf, den ÖPNV dauerhaft und auskömmlich mitzufinanzieren

Schild an einer Bushaltestelle. (Foto: stux)
Schild an einer Bushaltestelle. (Foto: stux)

 

Von Wolfgang Molitor 

 

Es klingt wie eine Schöne-Heile-Welt-Story aus dem Schlaraffenland des Öffentlichen Personennahverkehrs: Im oberbayerischen Landkreis Fürstenfeldbruck können nach einer Analyse des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung 99,16 Prozent ein ÖPNV-Angebot erreichen. Das heißt: Fast alle Einwohner leben dort in unmittelbarer Umgebung einer Bus- oder Bahnhaltestelle. Wenn von der dann auch noch in engem Takt und mit berechenbarer Pünktlichkeit Busse und Bahnen abfahren, ist die Welt in Oberbayern tatsächlich in Ordnung.

 

Damit zählt Fürstenfeldbruck bundesweit zu den seltenen positiven Ausnahmen. Die Wirklichkeit ist in vielen ländlichen Regionen, wohin man auch schaut, in der Regel eine andere.

 

Es ist eben nicht damit getan, auf den Schwung des Deutschland-Tickets zu setzen, solange die ÖPNV-Angebote bundesweit nicht zügig ausgebaut werden und zuverlässig funktionieren. Zur Not mit unterstützenden Grundangeboten wie öffentlichen Fahrrad- und Lastenpedelec-Verleihsystemen oder mit Car- und E-Scooter-Sharing.

 

Dabei ist der Ruf „Runter von der Straße!“ im ländlichen Bereich nicht besonders sinnig und hilfreich. Denn ohne eine spürbare Verbesserung bei den Buslinien ist eine attraktive Verkehrsversorgung dauerhaft nicht möglich. Die Schiene wird die Straße dort langfristig nicht ersetzen, sondern nur ergänzen können.

 

Auch Personal ist knapp

 

Dabei fehlt es nicht nur an Geld. Gerade bei den Busfahrern wird die Personaldecke immer kürzer. Auch S-Bahnen oder städtische Straßenbahnen dünnen im Sommer in vielen Verbünden ihre Fahrpläne aus, weil sie in der Urlaubszeit die Züge nicht mehr besetzen können. Das größte Hindernis für den Ausbau des ÖPNV-Angebots im ländlichen Raum bleibt allerdings die Finanzierbarkeit allein auf den Schultern der Kommunen.

 

Bert Wendsche, der Präsident des sächsischen Städte- und Gemeindetags, steht nicht allein mit seiner dringenden Forderung, die Länder dürften die Kommunen mit der Finanzierung nicht allein lassen, sondern müssten den ÖPNV „dauerhaft und auskömmlich“ unterstützen. In Sachsen etwa reiche das Geld in vielen ländlichen Gebieten oft nur für das Angebot des Schülerverkehrs. Fahrten außerhalb der üblichen Schulzeiten oder an den Wochenenden fänden dort nicht mehr statt. Dass die Kommunen neben Flüchtlingsversorgung, Schulen oder Kitas bereits oft über ihre Finanzkraft leben müssen, schränkt ihren finanziellen Spielraum im ÖPNV dramatisch ein.

 

Wendsches Appell an Bund und Länder geht daher ans Eingemachte. „Wenn wir den ÖPNV im ländlichen Raum vernachlässigen, verfehlen wir das Verfassungsziel gleichwertiger Lebensverhältnisse und schaffen auch in dieser Hinsicht abgehängte Regionen.“ Dann aber gerät nicht nur der ÖPNV immer mehr aus dem Takt, sondern auch das Vertrauen in Staat und Demokratie.

 


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