Das 49-Euro-Ticket – hohe Subventionen und so manche Fragen

Nur die Pendler in einem Ballungszentrum können sich über die Entlastung freuen
S-Bahnen am Dortmunder Hauptbahnhof. (Symbolbild: Erich Westendarp)
S-Bahnen am Dortmunder Hauptbahnhof. (Symbolbild: Erich Westendarp)

 

Von Christian Urlage

 

Nach wochenlangem Hickhack haben sich Bund und Länder im vergangenen Jahr auf das 49-Euro-Ticket geeinigt – und mindestens drei Milliarden Euro dafür eingeplant. Frühestens in diesem Frühjahr soll das Angebot deutschlandweit kommen. Vor allem soll es die Pendler entlasten und zur Verkehrswende beitragen.

 

Aber gelingt das auch? „Die subventionierte Flatrate ist ein hochsubventioniertes planwirtschaftliches Experiment“, merkte die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ im Wirtschaftsteil kritisch an. „Städte, die ihren Nahverkehr gut ausbauen, können den Kunden bald keinen höheren Preis mehr abverlangen als Kommunen, die wenig bieten.“ Vorteilhaft ist immerhin, dass sich die Nutzer nicht mehr mit dem komplizierten, undurchsichtigen System der bisherigen Tarife und Verkehrsverbünde herumschlagen müssen.

 

Und auch die Pendler in einem Ballungszentrum können sich über die Entlastung freuen: Für sie ist das Deutschlandticket meistens günstiger als die bisherige Monats- und Jahreskarte. Auf dem Land aber sieht das anders aus: Hier können die Menschen das Angebot kaum nutzen, wenn der Bus oder die Bahn nur wenige Male am Tag in ihr Dorf fährt. Aber über die Steuern müssen die Landbewohner das Angebot doch mitfinanzieren, ob sie wollen oder nicht. Faktisch bewirkt das Ticket damit eine Umverteilung vom Land zur Stadt.

 

Die Bevölkerung in entlegeneren Regionen könnte nur dann vom 49-Euro-Ticket profitieren, wenn beim öffentlichen Personennahverkehr die Taktung enger würde. Und wenn es genügend Rufbusse oder Ruftaxis gäbe, die einen Dorfbewohner zunächst einmal zur nächsten Bushaltestelle oder zum Bahnhof fahren würden. Aber das ist illusorisch und von den Kommunen oder Ländern finanziell nicht zu stemmen.

 

Umweltbilanz weniger günstig

 

Für das Klima wäre das deutschlandweite Angebot dann sinnvoll, wenn Pendler in namhafter Zahl tatsächlich vom Auto auf den Bus oder die Bahn umsteigen würden und nicht nur Urlauber das Ticket als preisgünstiges Zusatzangebot nutzen. Doch weil das 49-Euro-Ticket um ein Mehrfaches teurer ist als das Neun-Euro-Ticket vom Sommer 2022, dürfte die Umweltbilanz deutlich weniger positiv ausfallen als im vergangenen Jahr.

 

Außerdem ist nicht allein der Fahrpreis ausschlaggebend für einen Umstieg vom Auto, sondern auch der Fahrplan. Berufspendler müssen sich auch darauf verlassen können, dass ihre Regionalbahn täglich zuverlässig und wenigstens einigermaßen pünktlich fährt. Die Praxis zeigt, dass zum Beispiel Krankheitsfälle beim Personal zu Ausfällen führen.

 

Verspätungen sind fast der Normalfall

 

Und im Fernverkehr der Bahn – den das neue Ticket nicht umfasst – sieht es derzeit beim Intercity und beim Intercity Express (ICE) nicht nach Zuverlässigkeit aus. Verspätungen sind fast der Normalfall, und zwar aus völlig verschiedenen Gründen: Polizeieinsätze, Stellwerksprobleme und Signalstörungen sind als Begründung zu hören, ebenso Personen im Gleis, verspätetes Personal aus vorheriger Fahrt oder eine Reparatur am Zug. Wer sich damit als Berufspendler täglich herumschlägt, der kann beim Warten auf dem Gleis die Lautsprecher-Durchsage „Wir bitten um Entschuldigung“ nicht mehr hören.

 

Wichtig ist auch, dass die milliardenschweren Ausgaben für das neue Deutschland-Ticket nicht an anderer Stelle im Verkehrshaushalt fehlen, etwa bei den Mitteln für die reparaturbedürftige Schieneninfrastruktur. Das wäre ein fatales Signal. Kurz: Es gibt noch eine Menge Fragen zum 49-Euro-Ticket.

 


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