Abschusspläne im bayerischen Jagdverband

Jagd und Politik: BJV-Präsident Ernst Weidenbusch droht die nächste Palastrevolution

Ernst Weidenbusch, CSU-Landtagsabgeordneter und BJV-Präsident. (Foto: Claus Schunk | © CSU-Fraktion)
Ernst Weidenbusch, CSU-Landtagsabgeordneter und BJV-Präsident. (Foto: Claus Schunk | © CSU-Fraktion)

 

Von Michael Lehner

 

Der Kampf um Bayerns Hirsche könnte ein prominentes Opfer fordern: Jäger-Präsident Ernst Weidenbusch hat eine Kampfabstimmung um seine Abwahl vor sich. Auch wegen seiner Rolle als CSU-Landtagsabgeordneter in der „Wald vor Wild“-Debatte, die im Freistaat das Miteinander von Jägern und Regierungspartei chronisch belastet.

 

Zur Erinnerung: Eben erst hatte der „Rotwild-Krieg“ einen neuen Höhepunkt erreicht, weil ein internes Papier des Obersten Rechnungshofs an die Öffentlichkeit geriet: Darin fordern die Staatskassenprüfer verstärkten Gatter-Abschuss, um den Wildschaden – zumal im Nationalpark Berchtesgaden – zu reduzieren. Das Binnenverhältnis zwischen der Regierungspartei CSU und dem mit rund 50.000 Mitgliedern mächtigen Jagdverband hat so weiter gelitten.

 

Dazu kommt, dass Bayerns Forstverwaltung mit ihrem Rotwild-Management schon zuvor unter Beschuss stand. Auch wegen Schonzeit-Verstößen einzelner Beamter und der signifikanten Nichtbeachtung von Abschussplänen. An der Spitze der Forst-Kritiker stehen der Verein „Wildes Bayern“ mit der Wildbiologin Christine Miller und reichlich Kampfgefährten aus dem Landesjagdverband (BJV), aber auch aus der Tierschutzbewegung.

 

Zurück zum Jagdverbandspräsidenten: Schon Weidenbuschs Vorgänger Jürgen Vocke hatte es als CSU-Politiker nicht leicht mit der Doppelrolle, seit die Staatsregierung unter dem Druck von Forstwissenschaftlern auf das Motto „Wald vor Wild“ einschwenkte. Was selbst einigen Jagdscheininhabern in der CSU-Landtagsfraktion in solcher Absolutheit stillen Kummer machte.

 

Posten mit Einfluss auf die Regierung?

 

Im Hintergrund der Stellungskämpfe um den einflussreichen (und ordentlich honorierten) Posten des Jäger-Präsidenten spielt traditionell die Hoffnung mit, dass es dem Einfluss auf die Staatsregierung nützen sollte, wenn die Wahl einen CSU-Mann trifft. Eine Hoffnung, die sich schon viele Jahre aus Jäger-Sicht trotz CSU-Übermacht im BJV-Präsidium nicht so recht erfüllte.

 

Weidenbusch versuchte es besser zu machen. Er verkündete öffentlich, dass die CSU mit dem Slogan „Wald vor Wild“ nicht glücklich sei. Auch nicht die zuständige Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. „Das schmerzt uns alle“, sagte der Jägerpräsident. Was in Jäger-Kreisen für kurzfristige Zustimmung sorgte, in der CSU aber eher nicht. Zumal, nachdem die Jäger-Presse den vermeintlichen Stimmungswandel feierte und es im Forst entsprechend rumorte.

 

Tatsächlich sorgte der Hirsch-Ruf des BJV-Präsidenten eher dafür, dass Staatsregierung, CSU und Forst den Schulterschluss verstärkten. Die Forstministerin beschied ihren Parteifreund Weidenbusch kühl: „Der Grundsatz ‚Wald vor Wild‘, der vor Jahren auf Initiative der CSU-Fraktion im Bayerischen Waldgesetz verankert wurde, ist aktueller und wichtiger als je zuvor.“

 

Und der Druck aufs Rotwild ist seither eher noch gewachsen ist – siehe Gatter-Abschuss. Wobei dem Rechnungshof womöglich nicht so ganz geläufig war, dass schon das Reizwort Gatter-Jagd für sonst eher seltene Allianzen zwischen Tierschützern und Jägern sorgt. Zuletzt im Nachbarland Tirol, wo es nach der winterlichen Massen-Tötung von eingepferchten Hirschen und Kahlwild zu anhaltend heftigen Bürger-Protesten kam. Auch aus Bayern.

 

Ohne Rückenwind durch die CSU

 

Ergebnis: Nachdem schon vor Weidenbuschs Wiederwahl im vergangenen Jahr (318 gegen 273 Stimmen) deutliche Absetzbewegungen für Unruhe (und Schützenhilfe vom Ministerpräsidenten) sorgten, geht Weidenbusch diesmal eher ohne Rückenwind aus der CSU ins Misstrauensvotum. Weniger aus jagdlichen Motiven, sondern mehr noch durch den misslungenen Versuch, den Vorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion abzuschießen.

 

Fraktionschef Thomas Kreuzer blieb unversehrt und reagierte prompt mit einer verbalen Ohrfeige zur „Wald vor Wild“-Debatte: „Nach meinem Dafürhalten steht die CSU-Landtagsfraktion unverändert zum Grundsatz Wald vor Wild (...) und ich sehe auch keinerlei Bestrebungen, dies zu ändern.“ Kreuzer ist zwar ebenfalls Jäger, aber schon seit jungen Jahren – und kein „Spätberufener“, wie seine Kritiker den amtierenden BJV-Präsidenten nennen.

 

Einen „Alten Hasen“ haben diesmal auch die BJV-Rebellen als möglichen Weidenbusch-Nachfolger in petto: Ludwig Freiherr von Lerchenfeld ist Jäger aus Familientradition, obendrein studierter Forstwirt. Und er sitzt schon seit vier Jahren nicht mehr für die CSU im Landtag.

 


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