Gutes Essen muss erschwinglich bleiben

Die stark steigenden Preise für Lebensmittel belasten immer mehr Privathaushalte und sorgen für wachsende Unruhe im ländlichen Raum
Sich verteuernder Warenkorb/Steigende Lebensmittelpreise. (Symbolbild: iStock/Bet_Noire)
Sich verteuernder Warenkorb/Steigende Lebensmittelpreise. (Symbolbild: iStock/Bet_Noire)

 

Von Jürgen Wermser

 

Robert Habeck gibt sich zufrieden. „Wir haben den Trend der Inflation gebrochen“, verkündet der Bundeswirtschaftsminister stolz im Bundestag, als er in einer Regierungserklärung zum neuen Jahreswirtschaftsbericht Stellung nahm. Nach 7,9 Prozent im vergangenen Jahr erwarte man für 2023 im Jahresschnitt sechs Prozent. Das klingt zunächst einmal nach einer vergleichsweise guten Nachricht. Lag die Teuerung doch im vergangenen Jahr zeitweise sogar über zehn Prozent. Doch über einen für alle Normalbürger eminent wichtigen Bereich sagt diese Zahl leider wenig aus: die Kosten für Lebensmittel.

 

Brot, Milch, Fleisch, Gemüse mögen in Habecks Gesamtstatistik und Argumentation keine zentrale Rolle spielen. Aber für den Einzelnen ist der Preis für das tägliche Essen umso wichtiger. Er bestimmt mit, ob und gegebenenfalls wieviel Geld am Monatsende übrigbleibt, um kleinere und größere Sonderfaktoren zu stemmen - von neuen Schulbüchern über Kleidung bis hin zum Ersatz defekter Haushaltsgeräte. Vor allem die ärmeren Gruppen in der Bevölkerung schauen daher gebannt auf diese Preisentwicklung. Sie können mit Habecks froher Botschaft von sechs Prozent wenig anfangen, wenn gleichzeitig die Preise für unverzichtbare Lebensmittel förmlich explodieren.

 

Ein paar Beispiele der Verbraucherzentrale und des Statistischen Bundesamts für die Teuerung von Dezember 2022 im Vergleich zu Dezember 2021: Speisefette und Speiseöle insgesamt plus 40 Prozent, Milchprodukte und Eier plus 35 Prozent, Gemüse plus 17 Prozent, Fleisch im Durchschnitt plus 20 Prozent, Mehl und Getreideerzeugnisse plus 36 Prozent, Saucen und Würzmittel plus 29 Prozent. Da kann einem im Supermarkt schon mal angst und bange werden…

 

Leistungsträger an der Schmerzgrenze

 

Mit dem Einkommen eines Bundesministers lassen sich solche Preissprünge locker wegstecken. Aber die in Sonntagsreden so gerne gelobten anderen Leistungsträger unserer Gesellschaft - Pflegekräfte, Facharbeiter, Handwerker - können hier an ihre finanzielle Schmerzgrenze kommen. Ihnen bleibt dann nur Verzicht an anderer Stelle oder Sparen an der Qualität der Lebensmittel. Und hier öffnet sich ein Teufelskreis ausgerechnet zum Nachteil des ländlichen Raums. Denn den dortigen Erzeugern - sprich Bauern - wird es zunehmend schwerer fallen, für hochwertige Produkte die angemessene Preise zu erzielen. Der Grund ist einfach. Auch wenn sie es noch so gerne wollten: Immer weniger Bürger können sich gute regionale Lebensmittel in ausreichender Menge leisten. Sie weichen dann notgedrungen auf Produkte der industrialisierten Landwirtschaft aus, oftmals auch von ausländischen Herstellern aus Billiglohnländern, für die Tier- und Klimaschutz kaum mehr als ein Lippenbekenntnis ist. Kein Wunder, dass in der heimischen Landwirtschaft die Unruhe wächst.

 

Habeck sollte gegensteuern

 

Ist eine solche Entwicklung in Habecks Sinne? Gewiss nicht. Aber dann sollte er auch entsprechend gegensteuern, sprich gezielte Reformen einleiten und durch finanzielle Entlastungen für die passenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sorgen. Und Habecks Parteikollege, Agrarminister Cem Özdemir, hat dafür zu sorgen, dass von den Preissteigerungen ein angemessener Anteil bei den Erzeugern landet und der Handel seinen Beitrag leistet. Die Devise: Gutes, gesundes Essen, nachhaltig produziert von der heimischen Landwirtschaft, muss für jeden Bürger erschwinglich bleiben. Das dient der allgemeinen Gesundheit, der nationalen Versorgungssicherheit, dem Umwelt- und Klimaschutz und nicht zuletzt dem sozialen Frieden. 

 


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