So will die CDU-Niedersachsen auf dem Land punkten

Herausforderer Bernd Althusmann muss sich anstrengen, wenn er den beliebten SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil besiegen will

Plenarsaalbereich des Niedersächsischen Landtages in Hannover (Symbolbild: falco)
Plenarsaalbereich des Niedersächsischen Landtages in Hannover (Symbolbild: falco)

 

Von Christian Urlage

 

Während im Saarland gerade gewählt wurde, tritt der Landtagswahlkampf in Niedersachsen in eine heißere Phase: Landauf, landab sind die Direktkandidaten gekürt worden, und am letzten März-Wochenende stellten Grüne und FDP ihre Landeslisten für den Wahlkampf auf. Zuvor hatte die CDU bei einem kleinen Parteitag Bernd Althusmann zu ihrem Spitzenkandidaten gewählt. Mit einem stolzen Ergebnis für den Wirtschaftsminister: Nicht weniger als 100 Prozent der Delegierten stimmten für den 55-Jährigen.

 

Diese Geschlossenheit ist für die CDU zwingend notwendig, um am 9. Oktober siegreich zu sein, jedoch noch lange nicht hinreichend, um Erfolg zu haben. Vor allem muss Althusmann noch an Bekanntheit zulegen. Hier hat es Ministerpräsident Stephan Weil leichter, weil er als Regierungschef viel stärker in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Dementsprechend liegt der Sozialdemokrat in Umfragen deutlich vor seinem CDU-Herausforderer.

 

Zwar erreichte die Union im September 2021 landesweit 31,7 Prozent und lag damit knapp vor der SPD mit 30 Prozent, als landesweit Kreis-, Stadt-, Gemeinde- und Ortsräte sowie Bürgermeister und Landräte gewählt wurden. Aber ob die CDU auch im Herbst die stärkste Kraft im Parlament sein wird, steht noch lange nicht fest.

 

Parteiinterne Ideenpapiere lassen erkennen, wie sehr sich die CDU um die ländlichen Regionen kümmern will. Die Partei macht im Flächenland einen Gegentrend zu Globalisierung und Internationalisierung aus und sieht eine Entwicklung hin zu Heimat und Zuhause, zu Regionalität und regionaler Identität. Die Christdemokraten sprechen vom „progressiven ländlichen Raum“, den sie schaffen wollen und sehen große Chancen für eine Weiterentwicklung, gerade in Zeiten des Homeoffice. Ziel soll es sein, gleichwertige Lebensverhältnisse zu erreichen, auch dank einer guten Infrastruktur.

 

Weniger Förderprogramme, mehr Mittel für die Kommunen

 

Dafür hat die Union konkrete Vorschläge: Sie will die kleineren Kommunen entlasten, damit diese nicht mehr einen Papierkrieg mit bürokratischen Auflagen führen müssen, um an die begehrten Fördertöpfe zu kommen. Hier setzt die Partei auf Vereinfachung und auf weniger Förderprogramme. Die freiwerdenden Mittel will sie sinnvollerweise den Kommunen direkt zur Verfügung stellen, weil Kreise, Gemeinden und Städte selbst am besten über die Ausgaben entscheiden könnten.

 

In der Gesundheitspolitik setzt die Partei auf einen Landarztzuschlag und darauf, die telemedizinische Fernbehandlung und Gesundheitszentren im ländlichen Raum zu fördern. Und in der Landwirtschaftspolitik, die in Deutschlands größtem Agrarland eine große Rolle spielt, will die CDU innovative Projekte wie Fleischersatzprodukte aus pflanzlichen Proteinen stärker fördern.

 

Weil setzt auf drei P‘s

 

Noch dringt von diesen und anderen internen Ideen herzlich wenig an die Öffentlichkeit. Zwar gibt sich Althusmann kämpferisch und er will, dass die Unionspolitiker noch mehr zu Kümmerern werden. Vermutlich ist das aber auch eine der wenigen Möglichkeiten, dem kumpelhaften, populären Weil etwas entgegenzusetzen. Der Ministerpräsident setzt auf drei P’s, wie die landespolitische Publikation „Rundblick“ feststellt: Partei, Programm und Person.

 

Die Liberalen haben sich in der Opposition den Grünen angenähert; sie stellen die Bildung, die Wirtschaft und die Digitalisierung in den Mittelpunkt. Zum Spitzenkandidaten wählten sie den erfahrenen FDP-Landes- und Fraktionschef Stefan Birkner, der bereits bei der vorherigen Landtagswahl kandidierte. Der 48-Jährige peilt ein zweistelliges Ergebnis an und möchte wieder in die Regierung. Aber Birkner verrät nicht, ob die Liberalen in Hannover ein Bündnis in einer Ampel oder Jamaika mit der CDU und den Grünen bevorzugen – er will sich offenbar alle Optionen offenhalten.

 

Ein Bauernschreck ganz oben auf der Landesliste

 

Die Grünen führen vor allem das Stichwort „klimaneutral“ im Mund. Während sie auf dem Land weniger gut abschneiden, haben sie in Großstädten wie Hannover, Osnabrück und Göttingen ernsthafte Chancen, Direktmandate zu bekommen. An die Spitze der Landesliste wählten die Delegierten auf einem Online-Parteitag in Hameln die Fraktionschefin Julia Willie Hamburg und den als Bauernschreck geltenden ehemaligen Landwirtschaftsminister Christian Meyer. Er gehört dem linken Flügel an, stößt auch schon mal die eigenen Realos vor den Kopf und stieß in seiner Regierungszeit von 2013 bis 2017 mit seiner Agrarwende auf heftigen Widerstand von Landwirten.

 

Noch sind es sechs Monate bis zur Landtagswahl, und da kann im Bund noch viel passieren, aber ebenso zwischen Harz und Ems, Nordsee und Weserbergland. Das Ergebnis der Wahl in Nordrhein-Westfalen könnte sich beim nördlichen Nachbarn auswirken, die Entwicklung der Corona-Pandemie und Putins Krieg in der Ukraine – Effekte also, die mit der Landespolitik selbst nur am Rand zu tun haben.

 


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