Mehr Mediziner für Dorfbewohner

Arzt mit einem Stethoskop in seinen Händen hinter sich auf dem Rücken, blickt auf Strand und Meer. (Symbolbild: iStock/Strannik_fox)
Arzt mit einem Stethoskop in seinen Händen hinter sich auf dem Rücken, blickt auf Strand und Meer. (Symbolbild: iStock/Strannik_fox)

 

Von Jürgen Wermser

 

Die dramatische Entwicklung der Corona-Pandemie bestätigt einmal mehr, wie wichtig ein breit aufgestelltes Gesundheitssystem mit guter Personalausstattung ist. Auch und insbesondere im ländlichen Raum, wo die Wege zum nächsten Arzt zumeist viel weiter als in der Stadt sind. Nahezu überall in Deutschland herrscht ein Mangel an Landärzten. Die Bundesländer versuchen nach Kräften gegenzusteuern - siehe etwa unseren kürzlichen Blogbeitrag zur Lage in Baden-Württemberg.

 

Auch weiter im Norden in Niedersachsen sind die Politiker bestrebt, die ärztliche Versorgung auf dem Land zu verbessern. Denn zwischen Ems und Elbe wird es laut Kassenärztlicher Vereinigung Niedersachsen (KVN) bis 2035 rund 1.250 Hausärzte weniger geben als derzeit; aktuell sind es demnach etwas mehr als 5.000.

 

60 neue Medizin-Studienplätze pro Jahr

 

Die Regierungsfraktionen von SPD und CDU wollen deshalb per Gesetz 60 Medizin-Studienplätze pro Jahr an Bewerber vergeben, die sich verpflichten, später für mindestens zehn Jahre auf dem Land zu praktizieren. Jeweils 20 Studienplätze davon sollen an den Unis in Hannover, Göttingen und Oldenburg eingerichtet werden. Der entsprechende Gesetzentwurf wurde jetzt im Landtag beraten. Mit der abschließenden Lesung ist Anfang kommenden Jahres zu rechnen.

 

Die Behörden sollen nach den Plänen der Regierung in Zusammenarbeit mit der KVN festlegen, in welchen Regionen ein besonders großer Bedarf besteht. Ob sich die Bewerber ihren künftigen Einsatzort dann aussuchen können, ist offen. Und wer es sich nach dem Studium anders überlegt und doch weiter in der Stadt leben möchte? In einem solchen Fall bittet der Staat kräftig zur Kasse. Bis zu 250.000 Euro an Ausbildungsentschädigung würden dann fällig.

 

Für junge Menschen ist eine solche hohe Summe zu Beginn ihres Berufslebens kaum zu stemmen. Es spricht daher einiges dafür, dass ein Großteil der betreffenden Mediziner ihrer Verpflichtung nachkommen und zumindest in den ersten zehn Jahren nach dem Studium auf dem Land tätig sein wird.

 

Teure Lösung für Steuerzahler

 

Gleichwohl: Ein Patentrezept ist dieses Vorhaben aus Niedersachsen nicht. Zum einen ist es für den Steuerzahler recht teuer und zum anderen werden die heutigen Probleme in ländlichen Räumen nicht kurzfristig gelöst. Dafür ist die Zeitdauer vom aktuellen Studienbeginn bis zum Abschluss der Ausbildung mit anschließender Landarzttätigkeit einfach zu lang.

 

Und noch wichtiger: Finanzieller Druck - sprich drohende Rückzahlung der Ausbildungsvergütung - ist keine gute Motivation, um sich dauerhaft in medizinisch benachteiligten Regionen zu engagieren. Viel wichtiger wäre, das soziale und berufliche Umfeld auf dem Land so fortzuentwickeln, dass sich Studienabgänger aus eigenem Antrieb gerne dort ansiedeln möchten.

 

Kurzum, die besonderen Vorzüge des ländlichen Raums müssen politisch gestärkt und herausgestellt werden - für Mediziner, aber nicht nur für sie. Denn in anderen Bereichen suchen Behörden und Betriebe ebenfalls teils händeringend nach Fachkräften. Auch für sie müssen die Politiker die allgemeinen Rahmenbedingungen auf dem Land weiter verbessern, um mehr qualifizierte Mitarbeiter anzulocken: Schnelles Internet, gute Verkehrsanbindungen, mehr Baumöglichkeiten, vielseitige Kulturangebote, passende Schulen und ausreichende Kita-Angebote.

 

Je stärker all dies vorhanden ist, desto eher werden junge Menschen - auch Ärzte - aufs Land ziehen wollen. 

 

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