Ungewöhnlich: SPD-Länderchefs kritisieren die Ampel

In der Politik für die Landwirte fehlt der Ampelkoalition sogar der Rückhalt aus den eigenen Reihen

Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern (Foto: spd-fraktion-mv.de)
Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern (Foto: spd-fraktion-mv.de)

 

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Von Christian Urlage

 

Als die Landwirte protestierend mit ihren Traktoren durch die Städte tuckerten, bekamen sie ungewöhnlich klare Unterstützung von mehreren SPD-Länderchefs: Die Ministerpräsidenten zeigten Verständnis für die Forderungen der Landwirte und tadelten die geplanten Subventionskürzungen beim Agrardiesel. Die größten Schlagzeilen produzierte Manuela Schwesig, Ministerpräsidentin in Mecklenburg-Vorpommern und derzeit Bundesratspräsidentin: Passend zur Grünen Woche in Berlin rief die SPD-Politikerin die Ampel dazu auf, sich stärker für die Landbevölkerung einzusetzen. Es war nicht ihre erste kritische Äußerung in Richtung Kanzleramt.

 

„Ich kann der Bundesregierung nur raten, die Kürzungen komplett zurückzunehmen“, wurde ihr Brandenburger Amtskollege Dietmar Woidke zitiert. Ähnlich äußerte sich Länderchefin Anke Rehlinger aus Saarbrücken und vorher schon hatte sich Ministerpräsident Stephan Weil aus Hannover gemeldet: Die Streichung der Steuervergünstigungen sei für kleine Betriebe eine arge Belastung. Auch die höheren CO₂-Preise würden die Landwirte treffen.

 

Angesichts dieser Distanzierungen führender SPD-Politiker aus den Ländern kann man sich schon fragen, wie schlecht es um die Ampel bestellt ist, wenn ihr sogar die Spitzenleute aus den eigenen Reihen öffentlich in den Rücken fallen. Sind es Absetzbewegungen angesichts des sinkenden Schiffs? Ist das einfach nur Opportunismus? Oder sind die Ministerpräsidenten schlicht näher an der Basis und kommen öfter mit den Landwirten in Kontakt als Bundespolitiker im fernen Berlin?

 

Schwesig muss sich an ihrer eigenen Politik messen lassen

 

Richtig ist jedenfalls, was Schwesig zum Lebensgefühl von Dorfbewohnern und Kleinstädtern äußert: „Ihr schert Euch nicht um uns“, laute die Kritik aus dem ländlichen Raum. Dass die SPD-Frau aus Schwerin eine neue Perspektive insgesamt für nötig hält, ist nachvollziehbar. Auch weil die Landwirtschaft im Agrarland Mecklenburg-Vorpommern mehr Bedeutung hat als für andere Bundesländer und der Anteil der Agrarbetriebe an der Wertschöpfung relativ hoch ist.

 

Allerdings läuft Schwesig Gefahr, dass ihre Kritik nach hinten losgeht. Denn selbstverständlich muss sie sich auch an ihrer eigenen Politik für den ländlichen Raum messen lassen. Die CDU in Mecklenburg-Vorpommern nutzte ihre Worte als Steilvorlage, um die Schweriner Regierungschefin anzugreifen: „Unter Manuela Schwesig wird der ländliche Raum zum leeren Raum“, formulierte es griffig der Agrarpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Schweriner Landtag, Thomas Diener. 

 

Nur verhaltene Zustimmung vom Präsidenten des Bauernverbands

 

Und er listete gleich mehrere Punkte auf, bei denen der ländliche Raum vernachlässigt werde: beim Umgang mit dem Wolf, der Wiedervernässung der Moore, der Unterfinanzierung beim Programm für Feuerwehrgerätehäuser und der Sportförderung beispielsweise. Außerdem habe die Landesregierung den Kofinanzierungsfonds auslaufen lassen. Damit fehlten jährlich 15 Millionen Euro, um finanzschwache ländliche Kommunen zu unterstützen, wenn sie Förderprogramme von Land, Bund oder EU nutzen wollten. 

 

Eine nur verhaltene Zustimmung zu Schwesigs Worten kam auch von Detlef Kurreck, dem Präsidenten des Bauernverbands Mecklenburg-Vorpommern: Er warf der Landesregierung vor, für immer neue Belastungen der Landwirte zu sorgen, beispielsweise durch die Düngeverordnung mit ihren Vorgaben zum Grundwasserschutz.

Um wirklich zu überzeugen, reicht es für Schwesig, Weil und andere nicht aus, sich mit starken Worten für die Agrarbranche und den ländlichen Raum einzusetzen. Gemessen werden sie an ihren Taten.

 


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