Banger Blick auf die Politik

Landwirtschaftliche Haupterwerbsbetriebe können sich über bessere Betriebsergebnisse freuen. Doch es ist wie beim Wetter: Das nächste Tiefdruckgebiet steht schon vor der Tür

Foto: WFranz
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Von Wolfgang Kleideiter

 

Die Ergebnisse von 8000 Betrieben bilden die Basis. Sie ermöglichen es dem Deutschen Bauernverband, die wirtschaftliche Situation der Landwirtschaft abseits oftmals politisch eingefärbter Agrarberichte einzuordnen. Am Donnerstag stellte Bauernpräsident Joachim Rukwied das neuste Daten- und Zahlenwerk vor. Passend zu den bevorstehenden Festtagen bietet der inzwischen 50. Situationsbericht, der das bis Ende Juni laufende Wirtschaftsjahr 2022/2023 zusammenfasst, wenigstens etwas Sonnenschein. 

 

Denn endlich haben die Höfe mit Ausnahme der Wein- und Obstbauern nach einer längeren Durststrecke beim Unternehmensergebnis im Durchschnitt wieder die 100.000-Euro-Grenze klar überschritten. Im Schnitt lag das Unternehmensergebnis der Haupterwerbsbetriebe bei 115.400 Euro (plus 15,8 Prozent). Geld als Lohn für Fleiß, Einsatz und richtige unternehmerische Entscheidungen. Geld, das aber auch dringend für Sozialleistungen, Absicherung im Alter und Investitionen benötigt wird.

 

Die prozentual teils sehr deutlichen Zuwächse gegenüber dem Vorjahr dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass gerade in den zurückliegenden Jahren viele Höfe durch ein Tal gehen mussten. Getrieben von schwierigen Markt-, hohen Energie- und Düngemittelpreisen sowie wachsenden Kosten für Dienstleistungen war dies im Zusammenspiel mit teils falschen politischen Weichenstellungen und einer überbordenden Bürokratie alles andere als ein Vergnügen. Rukwied wiederholte am Donnerstag eine Zahl, die das Elend beschreibt: Zwischen Mai 2020 und Mai 2023 hat man hierzulande ein Viertel der Schweinehalter verloren. 

 

Im Ackerbau, Futterbau, in den Milch- und Veredelungsbetrieben fielen im Wirtschaftsjahr 2022/2023 die Zuwächse gegenüber dem Vorjahreszeitraum teilweise sehr deutlich aus. Dabei lohnt sich aber der Blick auf die Vorjahre, die deutlich weniger und teils viel zu wenig Einkommen bescherten. Auslöser für das Plus waren jetzt vor allem die preisbedingt starken Umsatzsteigerungen bei den meisten pflanzlichen Erzeugnissen sowie bei Schweinen und Milch. Die eine oder andere Investition in Nachhaltigkeit kann jetzt in Angriff genommen werden.

 

Sorgen haben bei alldem die Dauerkulturen wie Obst- und Weinbau. Bei ihnen sanken nochmals die Betriebsergebnisse, da sie vor allem beim weiter steigenden Mindestlohn im harten Wettbewerb der Märkte nicht mithalten können.

 

Kaum Investitionen in Stallungen

 

Beim Deutschen Bauernverband ist man trotz der durchschnittlich höheren Unternehmensergebnisse alles andere als optimistisch. Denn das zweite Halbjahr 2023 deutet schon darauf hin, dass der Situationsbericht 2023/2024 wieder eine andere Sprache sprechen wird. Die Kosten sind weiter hoch. Die Preise für die Milch sind zum Beispiel von 60 auf 40 Cent pro Kilogramm Rohmilch abgesackt. Und in Stallungen wird so gut wie gar nicht mehr investiert. Ohne Planungssicherheit wird sich hier das Blatt nicht wenden. 

 

Womit sich auch die Frage nach der Berliner Politik stellt. Im Deutschen Bauernverband macht man sich Sorge um die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung auch auf dem Gebiet der Agrarpolitik. Der vereinbarte Umbau der Nutztierhaltung ist finanziell immer noch nicht auf den Weg gebracht. Und nun drohen aufgrund der Haushaltskrise der Landwirtschaft und dem ländlichen Raum weitere Kürzungen. Dabei müsste in neue Techniken und Nachhaltigkeit, sprich: in Zukunft investiert werden.

 

Stattdessen erlebt man auch auf den Höfen eine überbordende Bürokratie. Der Bauernpräsident brachte ein Beispiel für den Ärger. Die Vorschriften von GÖLZ 8 zum Mindestanteil nichtproduktiver Flächen sowie zum Beseitigungsverbot von Landschaftselementen heißen draußen im Land nur spöttisch „Murks 8“. 

 


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