Aufruf zum „Deutschlandpakt“ – und keine Folgen

Nach der Ankündigung von Kanzler Olaf Scholz hat die Ampel bisher nicht geliefert. Die Union legt nun eigene Vorschläge vor

Bundeskanzler Olaf Scholz (Foto: © Maximilian König)
Bundeskanzler Olaf Scholz (Foto: © Maximilian König)

 

Von Christian Urlage

 

Es klang pathetisch in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages: Olaf Scholz rief am 6. September zu einem „Deutschlandpakt“ auf und erklärte: „Nur gemeinsam werden wir den Mehltau aus Bürokratismus, Risikoscheu und Verzagtheit abschütteln, der sich über Jahre, Jahrzehnte hinweg auf unser Land gelegt hat.“ Effizienter, schneller, digitaler und vor allem unbürokratischer solle es künftig in der Verwaltung zugehen, kündigte der Kanzler an. Das hörte sich gut an. Doch mehr als sieben Wochen danach ist bisher nichts herausgekommen, obwohl der Handlungsdruck steigt.

 

Gerade der ländliche Raum würde profitieren, wenn beim Bau von Straßen, Brücken, Schienen, Windrädern und Stromtrassen bestimmte Genehmigungsschritte verkürzt oder gleich ganz wegfallen würden. Oder wenn es für die Bauern um die Vermarktung ihrer landwirtschaftlichen Produkte geht. Rechtliche Vorgaben, mit denen eine Flut von Anträgen und Meldungen verbunden ist, kosten Zeit und Geld. Sie behindern enorm die Arbeit. Das hat kürzlich auch eine Studie der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf belegt, in der mehr als 1.100 bayerische Direktvermarkter befragt wurden.

 

Gut gemeint, aber nicht gut gemacht: das „Lieferkettengesetz“

 

Ein weiteres Beispiel: das „Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz“, kurz „Lieferkettengesetz“. Es ist zum Jahresanfang in Kraft getreten und verpflichtet dazu, Menschenrechte und Umweltstandards auch bei Importen aus dem Ausland einzuhalten. Damit soll unter anderem Kinderarbeit verhindert werden. Doch nicht alles, was gut gemeint ist, ist auch gut gemacht. 

 

In der Praxis geben große Unternehmen ihre Verpflichtungen an kleine und mittlere Betriebe weiter, etwa an Handwerker. Damit sichern sie sich ab, um keine Bußgelder zahlen zu müssen. Doch die Handwerker müssen nun umfangreiche Fragebögen ausfüllen, die einen betriebseigenen Verhaltenskodex erfordern. Das alles kostet Zeit und Geld – Betroffene sprechen von einem „Bürokratie-Monster“. Hier wäre Entlastung leicht möglich. 

 

Höchste Zeit wird es auch für eine stärkere Digitalisierung in der Verwaltung. Und bei der Umsetzung von EU-Recht sollte es keine Verschärfungen geben, durch die deutsche Unternehmen Wettbewerbsnachteile hinnehmen müssen. 

 

Für eine „One in, two out“-Regel

 

Weil in der Ampel-Koalition nach der Ankündigung von Scholz zum „Deutschlandpakt“ bisher weder ein Gesetz noch eine Initiative gefolgt ist, haben die Unionsparteien das Thema aufgegriffen und einen Antrag in den Bundestag eingebracht (BT-Drucksache 20/8856). CDU und CSU wollen den „Deutschlandpakt“ auf die Lösung der Migrationsfrage ausweiten. In ihrem Antrag machen sie zudem eine Reihe von Vorschlägen und schlagen unter anderem eine „selbstbeschränkende Bürokratiebremse“ vor und wollen die von der Regierung Merkel eingeführte „One in, one out“-Regel zur „One in, two out“-Regel ausweiten. Im Klartext heißt das:  Es sollen mehr Belastungen abgebaut werden, als durch neue Gesetze und Verordnungen an zusätzlichen Belastungen entsteht. Sollte dies gelingen, wäre es ein gravierender Fortschritt.

 

Vorschlag einer „Bundesexperimentierklausel“

 

Auch regen CDU und CSU an, eine „Bundesexperimentierklausel“ einzuführen, um insbesondere den Kommunen mehr Spielräume zu lassen, damit sie bürger- und unternehmensfreundliche, unbürokratische Regelungen vor Ort finden. Hört sich zwar ungewöhnlich an, doch einen Versuch wäre es wert, um Gemeinden und Landkreise zu entlasten.

 

Vielleicht kommt es bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz Anfang November in Berlin zu Fortschritten beim „Deutschlandpakt“, wenn dann auch Kanzler Olaf Scholz dabei ist. Doch bis dahin ist Skepsis angebracht, ob es der Ampel tatsächlich gelingt, das Planen, Genehmigen und Bauen hierzulande zu beschleunigen.

 


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