Ziele verfehlt und Vertrauen verspielt

Wie Grüne die deutsche Regelungswut auf die Spitze treiben und damit die Ampel-Koalition ruinieren

BMWK / Dominik Butzmann
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. (Foto: BMWK / Dominik Butzmann)

 

Von Michael Lehner

 

In Deutschland ist der Einbau umweltfreundlicher Wärmepumpen im Vergleich zur schwarzroten Regierungszeit nahezu um die Hälfte eingebrochen. Die nun geplanten Maßnahmen zur Begrenzung der Flüchtlingsströme sind von früher kaum vorstellbarer Härte. Die „Kleinen Leute“ verarmen und bezahlbarer Wohnraum wird zum leeren Versprechen. Nach einem vielversprechenden Start steht die Ampel vor einem Scherbenhaufen.

 

Auch wenn es die Verursacher nicht mehr hören wollen und ihre gröbsten Fehler korrigiert haben: Die ursprünglichen Pläne zur umweltschonenden Sanierung von Heizungen und Gebäuden sind der Anfang vom Ende der Höhenflüge, auf denen sich die Grünen schon auf dem Weg zur Kanzlerschaft wähnten. Die Wärmepumpenpreise verdoppelten sich nahezu in der ersten Goldgräberstimmung. Zugleich wurde klar, dass der Öko-Strom nie und nimmer für alle Haushalte reichen wird, die der Berater-Stab des Energie-Ministers zu ihrem Glück zwingen wollte.

 

Mit der Kehrtwende blieb Mietern und Hausbesitzern wenigstens das Erlebnis erspart, dass die Heizungswende nicht nur ihre Geldbeutel überlastet, sondern auch das Leitungsnetz. Der Strom reichte so eben, auch durch Hochfahren der Kohlekraftwerke und dem Import von Fracking-Gas. So ersparte die Notlage des Ukraine-Kriegs der Regierung wenigstens das ernüchternde Erlebnis, dass Klima-Politik mit der Brechstange auch der Umwelt keinen Nutzen bringt, wenn es in der Realität an den praktischen Voraussetzungen fehlt.

 

Zwangssanierung älterer Wohngebäude ausgesetzt 

 

Mit bemerkenswerter Diskretion hat die Bundesbauministerin den nächsten „Hammer“ einkassiert – oder auch nur ausgesetzt. Die in der Europäischen Union unter massivem Druck aus Berlin vorbereitete Verordnung zur energetischen Zwangssanierung älterer Wohngebäude liegt erst mal auf Eis. Das Regelwerk hätte wohl die Vernichtung von Wohnraum im ganz großen Stil verursacht – vor allem in ländlichen Regionen. Dort, wo die Mieten noch erschwinglich sind und zugleich dafür sorgen, dass Vermieter teure Maßnahmen zur höchstmöglichen Wärmedämmung schlicht nicht finanzieren können.

 

Zumindest Verantwortungsträger in der SPD – inklusive Kanzler – erkannten wohl in letzter Minute, dass der „grüne“ Klima-Ehrgeiz vornehmlich ihre Stammkundschaft belastet. Und das Wahlkampfversprechen, die Wohnungsnot zu heilen, ins Absurde verkehrt. In Bayern, wo die Genossen die drohende Massen-Obdachlosigkeit zum wichtigsten Wahlkampfthema machen wollten, reichte es der SPD gerade noch zu 8 Prozent. Dass solcher Niedergang (und die Profite der AfD) zum guten Teil dem Berliner Koalitionspartner geschuldet ist, dämmert den Abgestraften mit Verzögerung.

 

Als käme der Hamas-Terror gegen Israel wie ein Akt der Erleuchtung über die Anhänger einer bedingungslosen Willkommenskultur, folgt der Klima-Ernüchterung nun Selbiges auf dem Feld der reinen Moral-Lehre: Was die Pro-Putin-Demos in deutschen Großstädten nicht vermochten, gelingt den militanten Unterstützern des islamistischen Antisemitismus dieser Tage im Rekord-Tempo. Auch das Bildungsbürgertum – eben noch wohlig empört über ein schlimmes Flugblatt im Schulranzen des Chefs der Freien Wähler – nimmt mit einem Mal die bösen Folgen einer blauäugigen Zuwanderungspolitik für wahr. 

 

Einziges Mittel: Bündnis aller demokratischer Parteien

 

Und auch auf solchem Feld folgt die dringend gebotene Ernüchterung erst dem Alarmsignal der Stimmengewinne von Kräften, die offen einen anderen, autoritären Staat etablieren wollen. Mit der realen Perspektive, dass Leugnung des Klimawandels und rassistische Zuwanderungspolitik an Einfluss gewinnen. Und allenfalls ein Bündnis aller demokratischen Parteien als einziges Mittel der Abwehr scheinen lässt. Was letztlich das Ende demokratischer Meinungsbildung zur Folge hätte. Mit den seit Weimar bekannten Folgen.

 

Mitten in der erzwungenen Ernüchterung predigen Teile von SPD und Grünen die Flucht in noch höhere Steuern als Ausweg. Wobei weniger Vorschläge zu höheren Vermögens- und Erbschaftssteuern erschrecken als die verbreitete Sprachlosigkeit zum Umstand, dass längst auch tüchtige Facharbeiter dem Spitzensteuersatz unterliegen. Wer sich mit Staatsfinanzen auskennt, weiß hingegen: Haushaltslöcher lassen sich nur aus den Taschen breiter Bevölkerungsschichten füllen. Und die Normalverbraucher haben längst begriffen, wer die Zeche zahlt für die horrenden Subventionen teurer Wärmepumpen und noch teurerer Elektro-Autos. Oder gar für Industrie-Strom zum Dumping-Preis.

 

Wer mag, soll den Grünen zugutehalten, dass sie zu schnell wichtig wurden, um solche Zusammenhänge zu begreifen. Womöglich ist ihnen auch zu verzeihen, dass sie selbst auf mahnende Zwischenrufe aus den eigenen Reihen unwirsch reagieren. Zum Beispiel auf die Anmerkung des Stuttgarter Ministerpräsidenten, dass zur kälteren Jahreszeit auch mal der Waschlappen das tägliche Duschbad ersetzen könnte. Oder die Klage des Tübinger Oberbürgermeisters, dass sich Asylbewerber weigern, ihre eigenen Unterkünfte zu putzen.

 

Weil „Reichen-Steuern“ auch das gehobene Grünen-Publikum verstören dürften, werden hauptsächlich die Sozialdemokraten den Preis für die Realitätsferne der Ampel bezahlen. Ihr Stammpublikum steht zunehmend mit dem Rücken zur Wand. Nicht nur wegen horrender Mieten und brutal steigender Energie-Kosten. Sondern auch durch das Gefühl, wegen realer Sorgen belächelt oder gar verächtlich gemacht zu werden. Obwohl sogar Grüne allmählich merken, dass ohne Handwerker, Facharbeiter und Bauern kein Staat zu machen ist. Und auch keine Energie-Wende.

 


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