Wieder ein Punktsieg für das Dorf

Forsa hat die Menschen zur Wohnzufriedenheit befragt. Kleine Gemeinden schneiden in der Beurteilung deutlich positiver ab als große Städte

Foto: Pignatta
Foto: Pignatta

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

Lange Zeit galten große Städte als Sehnsuchtsorte. Dort wurden Trends gesetzt, dort war man am Puls der Zeit und konnte Entwicklungen hautnah erleben. Inzwischen hat sich herumgesprochen, dass zum Beispiel eine Metropole wie Berlin überhaupt nicht mehr als Vorbild taugt, sondern eher eine Großstadt mit einer Fülle von ungelösten Problemen nebst unangenehmen Begleiterscheinungen ist. 

 

Die ländlichen Räume rücken inzwischen stärker in den Fokus. Jetzt gibt es den nächsten Punktsieg für das Dorf und die kleinere Gemeinde. Forsa erstellt regelmäßig für das Fachmagazin Kommunal politische Barometer zu Themen, die die Städte und Gemeinden beschäftigen. In einem jüngsten Beitrag behandelt Forsa-Geschäftsführer Dr. Peter Matuschek das Thema „Wohnzufriedenheit“. Dabei geht es nicht um die Qualität der eigenen oder angemieteten vier Wände, sondern um die Zufriedenheit mit den verschiedenen Aspekten der Infrastruktur am Wohn- und Lebensort.

 

Bekanntermaßen hapert es trotz der Investitionen auf dem Land immer noch an schnellem Internet oder einem auf die Bedürfnisse zugeschnittenen öffentlichen Personennahverkehr. Ungeachtet dessen leben aber vor allem die Bewohner kleinerer Gemeinden mit unter 5000 Einwohnern sehr gerne in ihrem Dorf. Der Wert für die Wohnzufriedenheit erreicht hier laut Forsa-Erhebung beachtliche 92 Prozent. Gemeinden mit 5000 bis unter 20.000 Einwohnern schaffen 88 Prozent und liegen ebenso über dem Bundesdurchschnitt von 83.  Große Städte mit 500.000 und mehr Einwohnern kommen noch auf 76 Prozent. Anders ausgedrückt: Ein Viertel der Einwohner lebt dort nicht gerne in der eigenen Stadt.

 

Stärkeres Sicherheitsgefühl auf dem Lande

 

Laut Peter Matuschek punktet der ländliche Raum vor allem beim Thema Innere Sicherheit. Hier sind die Bewohner kleinerer Gemeinden zu 76 Prozent zufrieden, größere Städte schneiden mit 65 Prozent schlechter ab. Knackpunkte sind in den Metropolen auch die Arbeit der Ämter und Behörden und die zumeist angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt. Hier erreichen die kleineren und mittleren Gemeinden deutlich bessere Werte. Beim Thema ÖPNV ist das Bild wiederum umgedreht: Im Dorf erreicht die Zufriedenheit mit dem Nahverkehr einen Wert von 27 Prozent, in den Metropolen sind mit diesem Bereich der Infrastruktur 83 Prozent zufrieden.

 

Dass die Wohnzufriedenheit auf dem Land insgesamt trotzdem höher ist, macht Forsa aber auch noch an einem wichtigen Punkt fest: In kleineren Städten und Gemeinden ist das Vertrauen in die politischen Repräsentanten vor Ort noch vorhanden. Zwar macht die allgemeine negative Entwicklung bei den Vertrauenswerten vor den Türen der Rathäuser und kommunalen Verwaltungen auch in kleinen Orten nicht Halt, aber das Misstrauen ist weniger ausgeprägt als in den Großstädten. 

 

Wenn man den insgesamt kritischen Blick auf die Handlungsfähigkeit des Staates einmal ausklammert, sieht Peter Matuschek im Bereich der Kommunalpolitik noch einen guten Weg, den vor allem kleinere Kommunen gehen. Sie machen im Rat und in den Fachausschüssen keine „große Politik“, sondern kümmern sich um die wichtigen Fragen, die den Menschen vor Ort unter den Nägeln brennen. Pragmatische Lösungen statt ideologische Politikentwürfe, spricht der Forsa-Geschäftsführer einen wichtigen Punkt an.

 

Gerade in größeren Städten ist oft zu beobachten, dass die Räte nicht wie Zentralstellen der Selbstverwaltung, sondern wie Parlamente agieren und sich vielen Themen widmen, die für die Menschen in einer Stadt nicht im Mittelpunkt stehen. Matuschek rät den Kommunalpolitikern, sich in vielen Belangen weniger an der Art und Weise, wie in den großen Metropolen Kommunalpolitik betrieben wird, zu orientieren, sondern eher von den kleinen Gemeinden zu lernen. Zweifellos ein guter Tipp.

 


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