Freie Büchse für die Grundbesitzer

Wie die Mainzer Landesregierung das Jagdrecht gegen die Jäger „modernisieren“ will: Entwurf im Mainstream der „Wald vor Wild“-Strategie

Hochsitz im Wald. (Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)
Hochsitz im Wald. (Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)

 

Von Michael Lehner

 

Manche Irrtümer sind einfach zu schön, um sie nicht zu wiederholen: Momentan versucht sich die rotgrüne Regierung von Rheinland-Pfalz an einem Landesjagdgesetz, das vom schlicht gedachten Tierschutz bis zum Eingriff in Eigentumsrechte fatal an die höchst umstrittene Novelle nebenan in Nordrhein-Westfalen vor einigen Jahren erinnert. Die Jäger streiken schon und verweigern zum Beispiel die Entsorgung von Fallwild an Autobahnen und Landstraßen.

 

Um trotzdem beim Positiven anzufangen: Mainz will künftig auf die Rotwildgebiete verzichten, die in Bayern und – vor allem – in Baden-Württemberg nicht nur Jäger, sondern auch Tierschützer auf die Palme bringen. Ob die Abkehr von der staatlich verordneten Schalenwildbekämpfung beim Rotwild ernst gemeint ist, muss sich allerdings erst zeigen. Insgesamt liegt der Gesetzentwurf doch sehr im Mainstream der „Wald vor Wild“-Ideologie.

 

Während Laien das geplante Verbot, Bauhunde zur Jagd auf Fuchs und Dachs einzusetzen, noch als Bagatelle empfinden mögen, wird’s bei einer kaum kontrollierbaren Ausweitung der Zulassung von Jagdausübungsberechtigten ziemlich abenteuerlich: Selbst wenn er sein Jagdrecht für gutes Geld an Jäger verpachtet hat, soll nach dem Entwurf der Grundbesitzer (oder die Grundbesitzerin) auch selber zur Waffe greifen und Begehungsscheine ausstellen dürfen.

 

Was sich da anbahnt, erinnert fatal an die Zustände, denen der preußische (SPD-)Ministerpräsident Otto Braun vor einem Jahrhundert mit einem modernen Jagdgesetz ein Ende machte: das Jagdrecht gebunden ans Eigentum an Grund und Boden – und an die Pflicht zur Hege kulturverträglicher Wildbestände. Bevor Braun sich durchsetzte, herrschten in Wald und Flur vielfach Zustände wie im Wilden Westen.

 

Verzicht auf Abschusspläne für Schalenwild?

 

Zum von Tierrechts-Aktivisten forcierten Grundeigentümer-Recht, die Jagd auf eigenen Flächen zu verbieten, käme in Rheinland-Pfalz ein Sonder-Jagdrecht für Land- und Forstwirte. Gepaart mit dem zugleich angedachten Verzicht auf verbindliche Abschusspläne fürs Schalenwild. Davon erhofft sich die Landesregierung „Bürokratieabbau“. Der jagdpolitische Sprecher der CDU-Fraktion fürchtet eher, „dass so ein Keil zwischen Behörden, Waldbesitzer sowie Jägerinnen und Jäger und Naturschützer getrieben wird“.

 

Was angesichts der Reaktionen auf den Referentenentwurf nicht zu weit hergeholt erscheint: Jägerinnen und Jäger machen nicht nur darauf aufmerksam, dass für die Entsorgung von Straßenverkehrs-Fallwild die staatliche Verwaltung zuständig sei. Sie lassen auch Zweifel am Regierungsplan erkennen, sie zu „urbanen Wildberatern“ fortzubilden. Zum Beispiel für den Fall, dass Schwarzwild Wohngebiete verwüstet. Nur wenn Wölfe durch Siedlungen streifen, ist jagdliche Abhilfe ausgeschlossen – „wegen der vergleichsweise geringen Zahl“ der Raubtiere in Rheinland-Pfalz. Vom Westerwald oder dem Rhein-Lahn-Kreis mal abgesehen.

 


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