Weg vom Mietchaos in den Metropolen

Im Umfeld von Ballungsgebieten ist die Nachfrage nach Wohnungen gestiegen – zumindest dort, wo es gute Bahnverbindungen gibt. Das zeigt sich vor allem im Osten  

Foto: Horst Schröder / pixelio.de
Foto: Horst Schröder / pixelio.de

 

Von Christian Urlage

 

Die Nachricht ist nicht mehr taufrisch, bleibt aber politisch herausfordernd: Wer in einer deutschen Metropole eine Wohnung sucht, ist nicht zu beneiden. Denn die Quadratmeterpreise sind alarmierend hoch, und bei der Suche drängen sich weit mehr Konkurrenten als andernorts. So löst ein Inserat in Berlin schon wenige Minuten nach der Veröffentlichung Dutzende Anfragen aus. Gesa Crockford, Geschäftsführerin der Online-Plattform ImmoScout24, spricht sogar von einem „Mietchaos in den Metropolen“.

Dörfer, Klein- und Mittelstädte locken dagegen mit einem größeren Angebot, mit mehr Wohnfläche und niedrigeren Mieten. Vor allem Regionen in Ostdeutschland profitieren von der Abwanderung aus den Ballungsgebieten, wie eine Analyse zur Marktentwicklung des Online-Anbieters ImmoScout24 ergeben hat. Dafür ausgewertet wurde die Nachfrage von Januar bis Februar in diesem Jahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

 

Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und Deutschland-Ticket erleichtern das Pendlerleben

 

Ländlichere Regionen sind gleich aus mehreren Gründen attraktiver geworden: flexible Arbeitszeiten, mehr Homeoffice und seit Anfang Mai das Deutschland-Ticket für 49 Euro erleichtern das Pendlerleben, immer vorausgesetzt, es besteht eine günstige Anbindung ans Netz der Deutschen Bahn. So kommt es, dass die Nachfrage nach Wohnungen zum Beispiel in Gera drastisch gestiegen ist, nämlich um immerhin 350 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die kreisfreie Stadt in Ostthüringen liegt knapp eine Bahnstunde von Leipzig entfernt. Und vom benachbarten Altenburger Land braucht man mit dem Zug nur rund 45 Minuten Fahrzeit in die Messestadt, weshalb die Nachfrage um 300 Prozent gestiegen ist.

 

Ähnlich ist die Situation im Berliner Umland: In Frankfurt an der Oder stieg laut ImmoScout24 die Nachfrage um 194 Prozent, in Cottbus um knapp 156 Prozent – beides brandenburgische Universitätsstädte mit unter 100.000 Einwohnern und einer Bahn-Entfernung von einer bis anderthalb Stunden. Mietsuchende können sich hier nach Angaben des Online-Portals über 22 bis 32 Quadratmeter mehr Wohnfläche im Vergleich zur selben Miethöhe zur Hauptstadt freuen.

 

Ingolstadt und Landshut statt München

 

Im Westen Deutschlands ist die höhere Nachfrage vor allem in Bayern spürbar. Weil München eine der teuersten Millionenstädte Europas geworden ist, weichen Mieter nach Angaben des Immobilien-Portals zunehmend auf Ingolstadt oder Landshut aus. Demnach stieg die Nachfrage dort um 160 beziehungsweise 150 Prozent.

 

Ob der Trend zur Flucht aus den Ballungsgebieten bleibt, ist allerdings nicht sicher. Zumindest gilt das für dünner besiedelte Regionen. Für das Leben und Arbeiten in der Stadt spricht oft eine bessere Infrastruktur, ein leichterer Zugang zur Gesundheitsversorgung und ein kürzerer Arbeitsweg. Weitere Argumente sind der Zugang zur Kultur und eine bessere Internetverbindung, Fragen also, um die sich die Politik kümmern sollte. Die Speckgürtel am Stadtrand vereinen beide Vorteile - und möglicherweise sind sie es, die langfristig zu den Gewinnern zählen.

 

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