Wenn die Energie-Wende im Netz hängen bleibt

„Grüner Strom“ ist nicht das Hauptproblem, es fehlt an leistungsfähigen Leitungen

In Augsburg erlebten die Bewohner am Pfingstmontag Wundersames: Bei schönstem Sonnenschein brannten am helllichten Tag die Straßenlaternen. (Symbolbild: Rolf Handke / pixelio.de)
In Augsburg erlebten die Bewohner am Pfingstmontag Wundersames: Bei schönstem Sonnenschein brannten am helllichten Tag die Straßenlaternen. (Symbolbild: Rolf Handke / pixelio.de)

 

Von Michael Lehner

 

Oft scheitert die Energie-Wende nicht am Mangel an guten Ideen oder an zu wenig Wind und Sonne. Nicht selten sind vielmehr Umwelt-Aktivisten, Bürokratie und Pfründe Schuld. Zum Beispiel, wenn deutscher Öko-Strom ins Ausland verschenkt werden muss, weil unser Leitungsnetz überlastet ist.

 

In Augsburg erlebten die Bewohner am Pfingstmontag Wundersames: Bei schönstem Sonnenschein brannten am helllichten Tag die Straßenlaternen. Offenbar keine Panne, sondern Folge des herrlichen Frühsommer-Wetters. Die Photovoltaik-Anlagen der Region produzierten schlicht zu viel Strom für einen Feiertag, an dem die industriellen Großverbraucher Pause machen.

 

Deutschlandweit wurden an diesem denkwürdigen Feiertag in den Mittagsstunden 45 Gigawatt Solarstrom erzeugt. Was in etwa dem aktuellen Bedarf der Republik entsprach. Die großen Versorger verwendeten den Überschuss für den Betrieb ihrer Pumpspeicherkraftwerke – so vorhanden – und zum Laden von Batterien. Sechs Gigawatt gingen ins befreundete Ausland. An der Strombörse sackten die Notierungen in den Keller, bis hinunter auf minus (!) 13 Cent pro Kilowattstunde. 

 

Gäbe es die Anlagen zur Erzeugung von „grünem“ Wasserstoff bereits flächendeckend, seine Produktion hätte an solchen Tagen wohl weniger gekostet als Fracking-Gas aus Übersee. Und wäre auch eine (Teil-)Lösung für das Problem, dass sich Öko-Strom – wie jeder andere Strom auch – nur mit hohem Aufwand speichern lässt. Womöglich auch ein Weg aus dem höchst ärgerlichen Umstand, dass größere Solaranlagen nach wie vor nur bis zu 70 Prozent ihrer Nennleistung ausgelastet werden dürfen. Auch diese Beschränkung ist der Tatsache geschuldet, dass der Ausbau der Stromnetze den Zielen der Energiewende weit hinterherhinkt.

 

Eingriffe der Energieversorger

 

Neu sind die oft hausgemachten Hindernisse jedoch mitnichten. Schon gut zehn Jahre liegt die Geschichte zurück, die den Inhaber einer denkmalgeschützten Arbeiter-Wohnsiedlung im schönen Oberbayern an den Rand der Verzweiflung brachte. Der Mann ließ abseits der Wohnhäuser für viel Geld einen Keller betonieren und baute dort ein Blockheizkraftwerk ein, um zugleich „grünen“ Strom und Heizungswärme zu erzeugen. Das Rapsöl kam vom Bauern nebenan, Lokalpolitiker waren ebenso begeistert wie die Mieter wegen der günstigen Nebenkosten. Bis die hochmoderne Anlage ausgerechnet im Winter immer wieder streikte und der Hausherr in seiner Not eine stinknormale Ölheizung einbauen ließ. Des Rätsels Lösung kam Monate später: Der örtliche Energieversorger hatte immer wieder die (Öko-)Stromabnahme gestoppt, um sein Leitungsnetz nicht zu überlasten.

 

Schon kursieren Pläne, wie die Mangelware Leitungskapazität zu regulieren ist, wenn der Strombedarf durch Elektroautos und Wärmepumpenheizungen dramatisch ansteigt. Niedrigpreise für Autobesitzer, die dann die Akkus laden, wenn es dem Energieversorger ins Konzept passt, gehören da zu den eher harmlosen Varianten. Spannender sind die Kostenschätzungen für den flächendeckenden Neubau von Leitungsnetzen, die den Zielen der Energie-Wende gerecht werden. Wenn sie denn nicht vorab am Widerstand umweltbewegter Stromtrassen-Anlieger scheitern.

 


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