Subventionsorgien und Wunderglauben

Wenn der Strom aus der Steckdose kommt und die Milliarden vom Himmel regnen. Einige Anmerkungen zur aktuellen Politik im Lande

Geld regnet vom Himmel. (Foto: Margot Kessler / pixelio.de)
Geld regnet vom Himmel. (Foto: Margot Kessler / pixelio.de)

 

Von Michael Lehner 

 

Im vorigen Jahrhundert witzelten Kritiker gegen die damals neue Anti-Atombewegung, dass für deren Anhänger der Strom wohl aus der Steckdose komme. Heute sind wir einen Schritt weiter: Für manche Klima-Aktivisten – bis hinein in die Parlamente – regnet es das Geld anscheinend vom Himmel. Womöglich eine wagemutige Anleihe beim biblischen Errettungsglauben. Aber unter Weglassung des Schlüsselsatzes, verbunden mit der Vertreibung aus dem Paradies: Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot verdienen. 

 

Denen, die noch heute bei der Arbeit schwitzen, verheißt die neue Heilslehre Gutes: Sollten sie es nicht mehr zum Arbeitsplatz schaffen, um ihr täglich Brot zu verdienen, winkt das Bürgergeld. Als Alternative für Menschen ohne Bushaltestelle und ohne Geld für ein Elektroauto. Wenn dann mangels Arbeitsplatz das Geld nicht reicht, um das mühsam ersparte Häuschen auf dem Lande nach zeitgemäßen Öko-Standards zu sanieren, ist es auch nicht weiter schlimm: Miete und Heizkosten im urbanen Null-Energie-Plattenbau übernimmt Vater Staat. Zumindest für Leute, die nach dem Zwangsumzug in die Metropolen mittellos auf der Strecke bleiben. 

 

Der Herr gibt´s den Seinen im Schlaf…

 

Die nicht der Bibel entnommene Weisheit, dass es der Herr den Seinen im Schlaf zu geben pflegt, gilt dann wohl auch für die staatliche Daseinsvorsorge: Von den Milliarden für die marode Bahn bis zur grünen Energie nebst bisher nicht vorhandenen Überlandnetzen. Womöglich wird die Entvölkerung der ländlichen Räume (siehe oben) ja wenigstens dafür sorgen, dass dort nicht mehr aus dem eigenen Neubürger-Wählerklientel entschiedener Widerstand gegen Windräder, Stromleitungen und Bahngeleise erwächst.

 

Erwähnt sei hierzu beispielhaft, dass für die bayerische Zulauftrasse zum neuen Brenner-Eisenbahntunnel noch nicht einmal genehmigte Pläne existieren. Umweltverträglicher Güterfernverkehr? Bitte gern, aber doch nicht vor der eigenen Haustür. In den Großstadt-Schluchten erledigt sich das Problem ja mangels Individualverkehr von ganz alleine. Und der Lieferdienst kommt mit dem (subventionierten) Lastenfahrrad. 

 

Übermaß an Freizeit und das 49-Euro-Ticket

 

Das womöglich so erzeugte Übermaß an Freizeit hilft reger Gebrauch des 49-Euro-Tickets zu vergessen. Obwohl dieses aus der Sicht der Work-Life-Balance immer noch zu teuer scheint. Die Deutsche Umwelthilfe kommt in Gefahr, dem Zeitgeist, den sie rief, zum Opfer zu fallen. Sie verliert ihr urbanes Feinstaub-Geschäftsmodell und muss notgedrungen auf die Dörfer ausweichen. Vor allem mit Bekämpfung der Holzheizungen, die der grüne Energieminister in seiner Erklärungsnot nun doch noch als „nachhaltig“ durchgehen lassen will.

 

Apropos Freizeit: Die Tarifpolitik marschiert offensichtlich in die Vier-Tage-Woche. Jedenfalls sehen die bekanntgewordenen Forderungen der IG Metall zur anstehenden Tarifrunde in der Stahlindustrie die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit auf vier Tage vor.

 

Bauern als Landschaftspfleger statt Lebensmittelproduzenten?

 

Nachdenken, wo überall Rechnungen ohne den Wirt gemacht werden, wirkt in solchen Zeiten der Subventionsorgien ernüchternd. Bauern sollen als Landschaftspfleger bezahlt werden, nicht als Lebensmittelproduzenten. Den Wald dürfen nur noch Käfer und anderes Getier nützen – außer den Rehen, die allenfalls noch als Nahrungsgrundlage für den Wolf geduldet werden. Holz ist zwar ein nachhaltiger Baustoff, wird aber anscheinend dringender gebraucht, um die Artenvielfalt unter Schadinsekten zu mehren. Für die Weidewirtschaft, die mindestens ebenso artenreiche Biotope sichert, gilt hingegen das vernichtende Urteil, dass Kühe Abgas im Übermaß erzeugen.

 

Hingegen schreckt schon der Gedanke, Kuhfladen und Schweinekot flächendeckend (und klimaschonend) zur Biogasgewinnung einzusetzen, das in sich geschlossene Weltbild. Bürgerinitiativen laufen sich schon warm, um solche Anlagen zu verhindern. Obwohl der Brennstoff in diesem Fall nicht mit dem Frachtschiff über weite Wege käme. Merke: Fracking-Gas ist aus solcher Sicht immer noch besser als Hackschnitzel. Zumindest solange das Gas aus Übersee kommt.

 

Die Politik schafft beängstigende Tatsachen

 

Derweil schafft eine vom vermeintlich grünen Geist getriebene Politik durchaus beängstigende Tatsachen: Elektromobilität und die Verbannung fossil befeuerter Heizungen werden eine ungeahnte Abhängigkeit von gigantischen Strommengen erzeugen und noch mehr Energie-Preisdruck erzeugen. Wenn sich zugleich die Münchner Stadtwerke gezwungen sehen, ihre Windenergie im nördlichsten Norwegen zu erzeugen, sagt das viel über die wahre Akzeptanz der Energiewende beim klimabewegten Publikum.

 

Und die Hoffnung, dass der Strom schon irgendwie aus der Steckdose kommen wird, bleibt trotzdem so lächerlich wie im vergangenen Jahrhundert.

 


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