Die EU-Kommission will die Industrie über neue Schadstoff-Grenzwerte dazu bringen, noch vor 2035 aus der Produktion von Dieselfahrzeugen auszusteigen

Von Ludwig Hintjens
Gerade erst haben die EU-Gesetzgeber das Verbrenner-Aus für das Jahr 2035 besiegelt. Ab 2035 dürfen EU-weit nur noch Pkw und Lieferwagen neu zugelassen werden, wenn sie nicht mehr über einen
Verbrennungsmotor verfügen. Diese Trophäe im ideologischen Ringen um die Verkehrswende reicht der Brüsseler Kommission aber nicht aus. Ihr kann es nicht schnell genug gehen, der
Diesel-Technologie den Garaus zu bereiten. Sie setzt mit ihrem Vorschlag für Euro 7 nun einen zweiten Hebel an. Sie will über neue Grenzwerte für Schadstoffe beim Betrieb von Pkw, Lkw und Bussen
die Industrie dazu bringen, noch vor 2035 aus der Produktion von Dieselfahrzeugen auszusteigen.
Konkret schlägt sie vor, dass Pkw und Lieferwagen ab Juli 2025 die gleichen scharfen Grenzwerte einhalten müssen. Was bei Pkw machbar ist, bedarf bei Lieferwagen einer längeren Entwicklungszeit.
Insbesondere der Grenzwert für Lachgas ist zudem nach Einschätzung von Motorenbauern bei Lieferwagen nicht einmal mit sehr hohen Kosten zu realisieren.
Das Aus für Lieferwagen betrifft Handwerker und Landwirt
Sollte sich im folgenden Gesetzgebungsverfahren daran nichts ändern, wird die Produktion von Lieferwagen mit Dieselmotor für den europäischen Markt weit vor dem Jahr 2035 zum
Erliegen kommen. Davon besonders betroffen wären Handwerker und Landwirte, die die Lieferwagen mit Dieselmotor im täglichen Einsatz haben, etwa bei Fahrten zum Kunden und auf den
Wochenmarkt.
Bei schweren Lkw hat die EU noch kein Enddatum für den Verbrenner gesetzt. Im Gespräch ist das Jahr 2039. Auch bei den Trucks will die Kommission aber über die Schadstoffe Fakten in der
Transformation zu den von ihr favorisierten batterieelektrischen Lösungen schaffen. Die Grenzwerte für Nutzfahrzeuge sollen teils um den Faktor zehn verschärft werden. Dieser Sprung ist
unrealistisch. Sollte es dabei bleiben, werden Hersteller nicht mehr die Investitionen für die Entwicklung der nächsten Generation besonders schadstoffarmer Dieselmotoren in die Hand nehmen,
sondern die Modelle mit Verbrenner gleich ganz aus ihrer Palette streichen.
Euro 7 als kaum überwindbare Hürde
Die Grenzwerte allein stellen schon eine große Herausforderung dar. In der Kombination mit den Bedingungen für die Tests auf der Straße wird Euro 7 zu einer kaum überwindbaren
Hürde: Unter dem Regime von Euro 7 müssten die Fahrzeuge strenge Werte selbst unter extremen Fahrbedingungen liefern, bei extremer Hitze und Kälte und in Gebirgslagen von 1.800 Metern Höhe.
Die Pläne der Kommission für die nächste Stufe der Schadstoffregulierung (Euro 7) sind der Versuch, vorzeitig und durch die Hintertür ein Verbrennerverbot für Lieferwagen und Trucks
durchzusetzen. Es ist ein Versuch mit ungewissem Ausgang: Batterieelektrische Lieferwagen sind zwar vorhanden. Mit Reichweiten von unter 200 Kilometern und deutlich höheren Anschaffungspreisen
sind sie aber für die wenigsten eine Alternative.
Auf der langen Strecke soll die Brennstoff-Zelle die Lösung sein
Bei Lastwagen ist noch nicht einmal absehbar, welche Technologie das Rennen zu den CO2-freien Antrieben macht. Batterieelektrische Lkw sind allenfalls für den Lieferverkehr in den
städtischen Gebieten denkbar. Auf der langen Strecke soll die Brennstoff-Zelle die Lösung sein. Doch bislang haben die Fahrzeuge die größte Mühe, vollbeladen auch nur den Brenner zu
überqueren.
Selbst wenn der Versuch der von Brüssel verordneten Transformation zum batterieelektrischen Antrieb noch vor dem Jahr 2035 gelänge: Er würde die Menschen, Verbraucher ebenso wie Unternehmer,
teuer zu stehen kommen. Sie müssten sich auf deutliche Kostensteigerungen bei der Mobilität einstellen.
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