Start-ups entdecken das Dorf

Wirtschaftsförderer müssen einiges tun, um technologieorientierten Gründern den ländlichen Raum schmackhaft zu machen

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Von Wolfgang Kleideiter

 

Wirtschaftsförderer Martin French, Senior Consultant im Landkreis Rostock, ist davon überzeugt: Ein Großteil der wirtschaftlichen Entwicklung wird sich wieder verstärkt im ländlichen Raum abspielen. Großstädte, so French, seien beispielsweise bei den Gewerbeflächen gar nicht mehr in der Lage, Neuansiedlungen von Unternehmen allein zu bedienen. Frenchs Landkreis kann mit über 50 Gewerbe- und Industriegebieten aufwarten – unterschiedlich groß, unterschiedlich ausgeprägt und strukturiert. In den letzten Jahren punktete der Kreis Rostock durch Neugründungen insbesondere in den Bereichen der maritimen Zulieferindustrie und der Medizintechnik. Letzteres passt gut zum ambitionierten Ziel Mecklenburg-Vorpommerns, Gesundheitsland Nr. 1 zu werden.

 

Noch sind auch an der Ostsee High-Tech-Neugründungen eher in der Hanse- und Universitätsstadt Rostock als auf dem Land angesiedelt. Denn meist handelt es sich wie an vielen anderen Standorten um Hochschul-Ausgründungen. Für Martin French macht die Nähe zu Forschung und Entwicklung durchaus Sinn. Doch auch in der Fläche sieht der Wirtschaftsförderer Potenzial. Er denkt hier unter anderem an Innovationsfelder wie die erneuerbaren Energien oder Smart Farming.

 

„Ländlicher Raum ist Zukunftsraum“ heißt es analog Ende Mai im hessischen Fulda. Einen ganzen Tag dreht sich unter der Regie des Kompetenzzentrums für Digitalisierung im ländlichen Raum (KDLR) alles um die Frage, wie technologieorientierte Start-ups aufs Land geholt werden können. Wichtig sind diese Gründungen nicht nur für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit der Regionen, sondern sie gelten auch als probates Mittel gegen die Abwanderung der jüngeren Generation. 

 

Erfolgsbeispiel aus Nordhessen

 

Ein Erfolgsbeispiel aus Nordhessen wird in Fulda in der Keynote eine Rolle spielen: die Shift GmbH aus Wabern. Gründer Samuel Waldeck hat mit seinem Bruder vor Jahren ein eigenes nachhaltiges Smartphone entwickelt, bei dem der Nutzer Reparaturen zum Beispiel selbst vornehmen kann. Die Design- und Entwicklungsabteilung des High-Tech-Unternehmens sitzt im kleinen Ortsteil Falkenberg. Waldecks Vortragsthema enthält eine klare Botschaft: „Wir bleiben auf dem Land“. Die Start-up-Tagung soll dabei helfen, Neugründungen zu holen und zu halten.

 

Dafür ist aber auch einiges erforderlich, wie kürzlich im „StartupValley“, einem europaweiten Magazin für Start-ups, Gründer und Entrepreneure, zu lesen war. Chefredakteurin Sabine Elsässer beschrieb dort die einzigartigen Herausforderungen und unerwarteten Chancen eines Start-ups auf dem Land. Problematisch sei oft eine fehlende Infrastruktur, eine eingeschränkte Verfügbarkeit von Breitbandinternet, Fachkräftemangel und der Zugang zu Kapital, da Investoren sich noch auf die Städte konzentrieren. 

 

Aber: In den ländlichen Regionen existieren Marktnischen, wenn es um innovative Lösungen von lokalen Problemen geht. Betriebs- und Lebenshaltungskosten sind deutlich geringer. Wer sich gut und lokal vernetzt, kann eine Grundlage für sein junges Unternehmen schaffen. Und die technische Entwicklung überwindet auch geografische Barrieren. 

 

Bundesländer nehmen agrarnahe Start-ups in den Blick

 

„Ländliche Gebiete bieten ideale Voraussetzungen für Start-ups, die sich auf Nachhaltigkeit und ökologische Innovationen spezialisieren“, schreibt Elsässer. „Die Nähe zur Natur und regionalen landwirtschaftlichen Produkten bietet Potenzial für Geschäftsmodelle im Bereich erneuerbare Energien, ökologische Landwirtschaft und nachhaltiger Tourismus.“

 

Die Bundesländer reagieren bereits auf die Gründerszene außerhalb der urbanen Hotspots und bieten verschiedene Förderprogramme an. Und wer ein agrarnahes Start-up plant, das unmittelbar Bedeutung für Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Weinbau, Gartenbau, Fischerei oder Aquakultur hat, kann auf Zuschüsse aus dem Zweckvermögen des Bundes bei der Landwirtschaftlichen Rentenbank hoffen. 

 


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