Lasst die Hasen Eier legen

Ostern ist die hohe Zeit der Kommerz-Tierliebe und der großen Missverständnisse

Foto: Uwe Bergeest / pixelio.de
Foto: Uwe Bergeest / pixelio.de

 

Beitrag anhören (MP3-Audio)

 

Von Michael Lehner

 

Ostern hat die kommerzielle Tierliebe Hochkonjunktur. Mit veganen Kampagnen gegen der Verzehr von Eiern oder gar von geschmortem Kaninchen. Und mit Stimmungsmache gegen Landwirtschaft und Jagd. Dabei bewirkt ahnungslose Tierliebe oft das Gegenteil von Natur- und Artenschutz.

 

Tatsache ist zum Beispiel, dass längst nicht mehr viele Jäger des (Oster-)Hasen Tod sind. Sondern weit eher einseitige Tierliebe. Weil Fuchs und Waschbär ohne Jagd überhandnehmen und nicht nur dem Feldhasen, sondern auch den Wiesenbrütern in ihren verbleibenden Lebensräumen das (Über-)Leben schwer machen. Zusammen mit den Greifvögeln, von denen viele längst nicht mehr zu den bedrohten Arten gehören. Nicht der Rotmilan, was sogar hartnäckige Windkraftgegner zugeben müssen.

 

Jäger wissen, dass im Acker meist noch weit mehr Hasen sitzen als im akkurat gestutzten (und gespritzten) Rasen von Golfplätzen oder Parkanlagen. Und wahr ist auch, dass kein vernünftger Jagdpächter „seine“ Hasen ausrottet. Ein guter Besatz gehört zum Stolz des Beständers. Jedes Jahr im Herbst zur Treibjagd ist zu bestaunen, dass es tatsächlich noch solche Reviere gibt. Und oft sind sie in überwiegend bäuerlicher Hand.

 

Zu solcher Hege gehört auch der Mut, Hass auszuhalten. Wenn Tierfreunde „Mörder“ brüllen. Und nicht verstehen, dass die Füchse sich ohne Regulierung mit Flinte und Büchse so lange vermehren, bis Tollwut und Räude für Gleichgewicht sorgen – weit grausamer und quälender als der Schuss des Jägers. Doch in der Realität wird um jeden Fuchs gestritten. Auch vor Gerichten und auch um sicher nicht bedrohte Arten wie die Saatkrähe.

 

Sogar um Schädlinge, die nicht heimisch sind, sorgt sich ein Teil der Naturschutz-Szene. Zumal der NABU, der dabei mitunter auch die Lächerlichkeit nicht scheut. Zum Beispiel in Niedersachsen, wo ein örtlicher NABU-Vorsitzender eine „starke Bekämpfung“ der Waschbären verlangte. Und prompt von Vereinsoberen dafür gerüffelt wurde. Dabei waren sogar die von Freiwilligen mühsam errichteten Krötenzäune für die Katz, weil sich die niedlichen Bärchen hemmungslos an den Fangeimern bedienten.

 

Waschbären-Wahrheit spricht sich beim NABU herum

 

Mittlerweile hat sich die Waschbären-Wahrheit zwar auch in NABU-Führungskreisen herumgesprochen, aber weitere Aufklärung dürfte nicht schaden: „Es gab schon länger den Verdacht, dass Waschbären für den Rückgang zahlreicher einheimischer Reptilien- und Amphibien-Arten in bestimmten Gebieten mitverantwortlich sind“, sagt Projekteiter Sven Klimpel von der in Wolfsangelegenheiten beim NABU hochgeschätzten Senckenberg-Gesellschaft. Grasfrösche, Erdkröten und Gelbbauchunken gehören demnach zu den Beutetieren. Die Erdkröte häuten die Waschbären vor dem Verzehr, um Kontakt mit der giftigen Haut zu minimieren. 

 

Dass so auch das Nahrungsangebot für den prächtig gedeihenden Bestand an Störchen ernsthaft geschmälert wird, mag allenfalls Artenschutz-Feinschmecker interessieren. Eher von allgemeinem Interesse ist zur österlichen Zeit das Schicksal von Hahn und Henne. Wobei Ersterer vor allem als „Bruderhahn“ aktuell Schlagzeilen macht: Selbige aus der Legehennen-Zucht können es nämlich mit ihren auf Fleischzuwachs gezüchteten Artgenossen an Ertrag nicht aufnehmen und blieben bisher ausgeschlossen von der Hähnchen-Mast.

 

Es droht Küken-Mangel

 

So wurden jährlich rund 45 Millionen männliche Küken der Legerassen getötet, bis die Bundesregierung diese Praxis im Jahr 2022 untersagt hat. Einige Betriebe versuchen nun, die Brüderhähne durchzufüttern. Was kaum kostendeckend ist, weil die Verbraucher bei allem Verständnis fürs Tierleid ihren Broiler gern billig und vollfleischig kaufen. Ergebnis: Einige Brütereien haben bereits aufgegeben. Es droht Küken-Mangel. Und der Futter-Markt zum Beispiel für Greifvögel in zoologischen Gärten entbehrt der Küken, die dort gern genommen wurden.

 

Zumindest lehrt die österliche Zeit durch derlei Aufklärung, dass Hasen vermutlich doch keine Eier legen. Und dass die Komikerin Anke Engelke womöglich schief liegt, wenn sie in ihrer „Neuen Häschenschule“ vermutet, dass die Füchse keine Hasen fressen. So wenig wahr wie die Behauptung, dass Hennen zum Psychiater müssen, weil wir ihnen die Eier stehlen.

 


Lesen Sie auch:

Schlechte Noten für Ankes „Häschenschule“: Autorin Anke Engelke will „Rollenbilder ins Wanken bringen“ und bedient am Ende doch nur ein billiges Klischee

 

Hier können Sie sich für unseren wöchentlich erscheinenden Newsletter anmelden.

 

Folgen Sie uns bei LinkedIn!

Kommentar schreiben

Kommentare: 0

natur+mensch – der Blog ist eine Initiative der Stiftung natur+mensch

Copyright © 2023 Stiftung natur+mensch - Havixbeck - Alle Rechte vorbehalten.