Die Brüchigkeit der Ampel und das Spannungsfeld Energie und Klima

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit subjektivem Blick auf diese Woche

 

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Liebe Leserinnen und Leser,

 

ich kann es nicht ändern, wenn ich zum Ende dieser Woche auf das Berliner Geschehen politisch gerade auch zu unseren bevorzugten Themen zurückblicke, dass ich auf Meldungen und Namen zurückkomme, die wir kennen. Beim Blick auf den ländlichen Raum spielen Wirtschaft und Energie mit dem zuständigen Minister von den Grünen eine besondere Rolle – gepaart mit dem Bereich Verkehr, wo bei dem dafür zuständigen FDP-Minister auch nicht alles rund läuft. Meist geht es in diesen Tagen wieder ums Große und Ganze und nicht das vermeintlich Kleine in den Regionen, in denen nun einmal die meisten Menschen leben und arbeiten.

 

Jost Springensguth
Jost Springensguth

Bei der Betrachtung unserer gesamtpolitischen Entwicklung im Lande spielt sich fast alles vor dem Hintergrund des Zustandes unserer Koalition ab, der nicht gerade gut ist, wie bei der Taurus-Debatte anschaulich im Bundestag vorgeführt wurde. Der Kanzler spricht ein Machtwort, räumt das Thema aber nicht ab. Die Außenministerin schüttelt fassungslos den Kopf, während der SPD-Fraktionsvorsitzende erklären will, wie man einen Krieg einfrieren könnte, ohne sich einem Diktat zu unterwerfen. Und zwei Mitglieder der Regierungsfraktion FDP brechen mit ihrem Stimmverhalten aus der Ampel aus; ein beachtlicher Teil von Grünen und Liberalen stimmt offensichtlich überzeugungswidrig gegen Taurus und für den Kanzler. Wäre das nicht so, wäre die Scholz-Regierung bei dieser Abstimmung am Ende gewesen. Da das nicht so war, kann Robert Habeck mehr Energiewende- statt Wirtschaftsminister und Hauptproduzent weiterer relevanter Nachrichten und Bewertungen bleiben. 

 

Was hilft unserer Wirtschaft oder was verträgt sie?

 

In dieser Woche trat die „Bundesförderung für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft“ (EEW) mit novellierten Förderrichtlinien in Kraft. Laut Minister soll der Bürokratieaufwand dabei gesenkt werden – der Text liest sich aber in den Formulierungen ziemlich bürokratisch. Das lässt weiter nichts Gutes ahnen. Gleichwohl will Habeck auch den „Kleinen“ helfen, wenn er zu seiner Industriestrategie sagt, dass das Ziel bleibe, die entsprechenden Unternehmen in unserem Lande und in ihrer ganzen Vielfalt zu erhalten. Das soll mit Milliarden vom Staat geschehen, wobei man finanzpolitische Spielregeln wie die Schuldenbremse überdenken müsse. Die Wirtschaftsverbände bleiben angesichts der realen Entwicklung voller Sorgen und beklagen gleichzeitig überbordende Bürokratie, Schwächen in der Infrastruktur mit Lücken in der Digitalisierung, mit denen wir uns diese Woche bereits beschäftigt haben.

 

Gestern verkündete der Minister, dass er das deutsche Klimaschutzziel für das Jahr 2030 für erreichbar halte. Er gehe von einer Abnahme des Ausstoßes von Treibhausgasen von 64 Prozent aus. Die Energie-, Land- und Abfallwirtschaft hätten ihre Ziele erreicht. Der Verkehr- und Gebäudesektor sei noch nicht so weit, ließ Habeck sinngemäß verlauten. Vielleicht kann man ja dann doch noch darüber nachdenken, die Renaturierung der Moore nach dem gerade beschlossenen EU-Gesetz dort etwas langsamer zu gestalten, wo landwirtschaftliche Flächen aus der Nutzung genommen werden müssen, um Existenzen zu schützen. Darauf waren wir bereits eingegangen.

 

Noch einmal Energie: Dort, wo genug Wind weht, spielt sich Kurioses ab. Auf Betreiben des grünen Energie- und Wirtschaftsministers Robert Habeck will der Bund durch ein neues Bundesgesetz die Meereswindkraft ausbauen. Dazu sollen sogenannte „Beschleunigungsgebiete auf dem Meer“ ausgewiesen werden. Das soll so wie schon bei den LEG-Terminals mit den eingeschränkten Prüfungen auf Umweltverträglichkeit und Artenschutz durch eine „Allgemeine strategische Umweltprüfung“ ersetzt werden. Ausgerechnet ein prominenter Parteifreund und zugleich Mitglied des Kieler Kabinetts, dem Habeck selbst einmal angehörte, läuft Sturm dagegen. Der schleswig-holsteinische Umweltminister Tobias Goldschmidt warnt vor weiteren Gefährdungen des Meeresnaturschutzes durch diese Planung. Setzen sich die Landespolitiker durch, würde dann doch das von Kanzler Scholz gern zitierte Deutschlandtempo gebremst werden. 

 

Deutschland ist derzeit ein Streikland

 

In der letzten Wochenkolumne hat mein Kollege Jürgen Wermser schon auf etwas hingewiesen, woran bei uns derzeit fast niemand mehr vorbeikommt. Deutschland ist derzeit ein Streikland – insbesondere dort, wo es um Mobilität und Luft- bzw. Schienentransporte geht. Dazu kommen noch Beschäftigte der Krankenhäuser (mit ihrem ohnehin kranken System) und auch andere Sparten des Öffentlichen Verkehrs, um den es gehen soll.

 

Züge fallen aus, Busse bleiben in den Depots stehen und an Flughäfen geht zeitweise gar nichts. Ein Zug ist abgefahren – nämlich der, dass unsere großen Verkehrsunternehmen sich jeweils nicht mit ihrer Gesamtbelegschaft über Tarife, Wochenstundenzahlen oder Verhältnisse an den Arbeitsplätzen auseinandersetzen, sondern mit Einzelgruppen ihrer Beschäftigten. Sie haben sich in unterschiedlichen Gewerkschaften organisiert, die einzeln handeln, aber alle hineinziehen. Wenn Weselskys Lokführer streiken, stehen die Züge still, und das restliche DB-Personal legt die Hände in den Schoß. Oder es müht sich zu kleinen Teilen um so etwas wie den Restverkehr in Notfahrplänen. Und in der Fliegerei bleibt alles am Boden, wenn mal die Piloten, mal das Servicepersonal in den Kabinen, mal die Fluglotsen, mal die Fluggastkontrolle, mal die Frachtkontrolle oder vielleicht das Vorfeldpersonal jeweils in einzelnen Gruppen die Arbeit niederlegt. In Summe sind die Ausfallzeiten der systemrelevanten Fahr- und Fluggeräte schon gewaltig – für ein betroffenes Unternehmen und die Millionen Menschen, die täglich pendeln und reisen. Inzwischen stimmt da etwas im System nicht, wo bei allem Respekt vor dem Grundrecht des Streiks inzwischen drängender politischer Handlungsbedarf wächst. Es geht um veränderte gesetzliche Regeln. Da sollte schon die Politik die Initiative ergreifen und Rahmenbedingen schaffen, die auch den Gerichten engere Grenzen für die Spielregeln setzt. Das wäre eine Gemeinschaftsaufgabe für Habeck und Wissing. Leider harmonieren sie nicht so richtig.

 

Blick nach vorn – auf den Wald und auf den Wolf

 

Ebenfalls nicht neu ist der Streit um den Öko-Waldumbau. Das betrifft eine Säule des Wohlstands im ländlichen Raum, letztlich auch gesunde und funktionierende Jagdreviere. Allein in Österreich und Bayern geht es dabei um 480.000 Arbeitsplätze und eine Wertschöpfung von gut 44 Milliarden Euro jährlich, schreiben die Forstminister der beiden Alpenländer in einer gemeinsamen Erklärung. Dabei nimmt die Waldfläche in der Gemeinschaft auch ohne weitere Gängelung schon jetzt rasant und beständig zu. Zwischen 1990 und 2000 um 14 Millionen Hektar. Darüber und über das ungelöste Problem, dass Restriktionen in Europa den Raubbau in anderen Ländern und auf anderen Kontinenten verschärfen, schreibt Michael Lehner in der kommenden Woche bei uns.

 

Und unser Autor Ludwig Hintjens wird aus EU-Sicht auf den Wolf zurückkommen: Zunächst sollten die Umweltminister der 27 EU-Mitgliedstaaten am 25. März über den Vorschlag der Kommission abstimmen, den strengen Schutzstatus des Wolfes zu verringern. Da eine Mehrheit dabei derzeit nicht absehbar ist, peilt die Kommission in Brüssel eine Verschiebung an. Es soll lediglich diskutiert werden. Hintergrund: Die Abstimmung wäre unter anderem auch deswegen gescheitert, weil sich die Bundesregierung enthalten hätte. Diesmal würde es nicht aus der Verweigerungshaltung der FDP zu dem in EU-Kreisen berüchtigten German Vote (Enthaltung bei wichtigen Entscheidungen) kommen. Sondern es wären in diesem Fall die Grünen. Umweltministerin Steffi Lemke ist gegen schärfere Maßnahmen. Diese Blockadehaltung hat Folgen für das sinnvolle Anliegen, den Wolfsbestand stärker zu regulieren. 

 

Foto: privat
Foto: privat

Plötzlich ist der Gefährte weg: Gestohlene Hunde und die Wiederbeschaffung 

 

„Ben“ ist ein einjähriger Deutsch Drahthaar und ebenfalls die neunjährige „Lissy“. Beide Hunde sind am 19. Februar dieses Jahres in Heiligenhaus bei Düsseldorf spurlos verschwunden. Das ist der schmerzliche und unverhoffte Verlust treuer Gefährten – auch Helfer in den Revieren. Um sie wiederzufinden, haben sich Hundesuche-Netzwerke gegründet, die helfen und unterstützen wollen, die geliebten Vierbeiner wieder nach Hause zu bringen. Die Vermisstensuche ist unterstützenswert – um welches Tier es sich auch handelt. Dem schließt sich unsere Stiftung nach dem Hinweis auf den geschilderten Fall mit einem neuen Projekt zur Prävention mit Unterstützung für Halterinnen und Halter vermisster Hunde und Belohnung von Hinweisen an, die zur Wiederauffindung führen. Dazu wurde eine Spendenaktion der Stiftung natur+mensch gestartet. Die betroffene Familie sucht auch über soziale Netzwerke und das WDR-Fernsehen hat ebenfalls über den Fall berichtet. Spendenkonto Stiftung natur+mensch: IBAN: DE14 3702 0500 0008 0404 04, Bank für Sozialwirtschaft, Köln, Verwendungszweck: Hunde-Suche

 

Mit dieser Bitte um Unterstützung unseres neuen Projektes schließe ich meine kommentierenden Bemerkungen für diese Woche ab. Ich wünsche Ihnen ein möglichst sonniges Wochenende, erholsame Spaziergänge und – dort, wo es zutrifft – außerhalb der eigenen Reviere möglichst mit angeleinten vierbeinigen Gefährten. 

Ihr 

Jost Springensguth

Redaktionsleitung / Koordination

  

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