Hohe Mieten als Standortnachteil

Die Lage auf dem Wohnungsmarkt ist in vielen Großstädten prekär. Im Wettbewerb um Nachwuchskräfte kann der ländliche Raum mit erschwinglichen Mieten punkten

Foto: andreas160578
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Von Jürgen Wermser

 

Laut einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in zwölf deutschen Großstädten sind die hohen Mieten mittlerweile für die dortigen Unternehmen eine Hürde, um neue Fachkräfte zu gewinnen. Das teure Wohnen gilt vielen Beschäftigten als Manko für das Leben in der Großstadt. Laut PwC denkt sogar ein Drittel über einen Wechsel des Jobs wegen der hohen Mieten nach. Noch ist es eine eher kleine Minderheit, die deswegen tatsächlich umzieht. Aber die Möglichkeit eines Trends zeichnet sich bereits deutlich ab.

 

Laut PwC wird es für Arbeitgeber in Ballungsräumen immer schwieriger, Fachkräfte zu finden und zu halten. Zudem sei die Erwartung von Beschäftigten an die Firmen hoch, wegen der hohen Wohnkosten finanzielle Hilfe – sprich ein höheres Gehalt oder sonstige Vergünstigungen – zu bekommen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten kann dies für Unternehmen kostenmäßig durchaus zum Problem werden.

 

Laut der PwC-Studie gilt der Wohnungsmarkt in Stuttgart und München als besonders schwierig. Manche Beschäftigte ziehen für sich berufliche Konsequenzen. So haben bereits elf Prozent der Befragten wegen zu hoher Mieten in der Region den Job gewechselt. Bei den 18- bis 34-Jährigen sind es immerhin 17 Prozent. Ein Drittel hat einen entsprechenden Umzug bereits erwogen, bei den Jüngeren (18-34 Jahre) sind es sogar 41 Prozent. 

 

In Berlin wollen besonders viele wechseln

 

Besonders hoch sei die Wechselbereitschaft in Berlin, berichtet PwC. Dort hätten sich 18 Prozent der Befragten wegen zu hoher Mieten einen neuen Arbeitsplatz gesucht. 36 Prozent dächten darüber nach. Noch höher sei der Anteil nur in Stuttgart mit 38 Prozent gewesen. 

 

Natürlich können die hohen Wohnkosten nicht der alleinige Grund sein, um seinen Job inklusive Wohnort zu wechseln. Hinzukommen muss eine attraktive Perspektive für die berufliche und persönlich-private Zukunft. Und da können mittelständische Unternehmen gerade im ländlichen Raum häufig einiges in die Waagschale werfen. Lange galt es als Standortnachteil, weit vom Großstadtleben entfernt zu sein. Doch genau daraus könnte sich nun ein Vorteil entwickeln. „Im Wettbewerb um passende Nachwuchskräfte können sie mit erschwinglichen Mieten punkten“, sagt Bernd Roese, Leiter des PwC-Standorts Frankfurt. Das gelte aber nicht für alle Großstädte. So sei in München oder Berlin der sogenannte Speckgürtel fast ähnlich teuer wie die Metropolen selbst. 

 

Umso wichtiger ist es, dass auch in etwas weiter entfernten Regionen attraktive Lebensverhältnisse und Verkehrsanbindungen geschaffen werden, damit die dortige Wirtschaft im Wettbewerb um Fachkräfte erfolgreicher wird. Auch Bund und Land sollten daran interessiert sein. Denn eine Stärkung des ländlichen Raumes kann zugleich soziale und wirtschaftliche Alternativen zum Leben in Großstädten schaffen und somit dort indirekt sozialen Druck mindern helfen.

 

Gewiss, Wohnen und Arbeiten in Metropolen haben auch ihre Vorzüge. So bewertet die große Mehrheit der Menschen laut PwC das Leben in der Großstadt als angenehm. Dies gilt etwa für Jobchancen, kurze Arbeitswege, Einkaufsmöglichkeiten sowie Bildungs- und Kulturangebote. Rund neun von zehn Berufstätigen würden sich demnach an ihrem Wohnort wohlfühlen. Wären da nicht die allzu hohen Wohnkosten. 

 

Eigene Vorzüge herausstellen

 

Hier sollten die Kommunen im ländlichen Raum gegenhalten, indem sie ihre eigenen Vorzüge stärker herausstellen, von Naturnähe bis zu attraktiven Freizeitmöglichkeiten. Und zugleich gilt es, zentrale Standortfaktoren wie schnelles Internet und gute Verkehrsanbindungen konzentriert zu verbessern. All dies sind keine Punkte, die nur Neuankömmlingen zugutekommen. Davon profitiert jeder in der Region: von den alteingesessen Bewohnern bis hin zu den Unternehmen, die sich auf dem nationalen und internationalen Markt behaupten wollen.

 

Für die PwC-Studie wurden im Herbst 4.200 Berufstätige in Deutschland zwischen 18 und 65 Jahren aus zwölf Großstädten im Auftrag von PwC online befragt – darunter Berlin, Hamburg, München, Essen, Leipzig und Hannover. Den Angaben nach war die Studie repräsentativ.

 


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