Schulterschluss mit dem Mittelstand

Familienunternehmen sind für die Menschen auf dem Land wichtiger denn je. Gerade in Zeiten des Umbruchs sichern sie den Wohlstand und fördern den Zusammenhalt

Foto: Tomasz_Mikolajczyk
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Von Wolfgang Kleideiter

 

Die Zahlen sprechen für sich: In Landkreisen mit einem hohen Anteil an Familienunternehmen liegen Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, Kaufkraft, Produktivität, kommunale Steuerkraft und Beschäftigungsentwicklung über dem Schnitt. Die Arbeitslosenquote ist geringer. Festgestellt hat dies das Institut der deutschen Wirtschaft IW, das nach 2020 jetzt zum zweiten Mal für die Stiftung Familienunternehmen die Bedeutung der von Familien geführten Betriebe für die ländlichen Räume analysiert hat.

 

Auf rund 100 Seiten mit anschaulichen Grafiken und ausführlichen Beiträgen zeigen die Wissenschaftler, wie wichtig eine Zusammenarbeit mit den überwiegend mittelständischen Unternehmen ist. Daten aus 215 ländlich geprägten Kreisen und 71.000 Betrieben, darunter 36.000 Familienunternehmen ab 50 Mitarbeiter, sowie Interviews mit Landräten und Wirtschaftsförderern ergeben ein aussagekräftiges Gesamtbild. Die Wissenschaftler sprechen von einem „Dreiklang“: Familienunternehmen, so belegen die Zahlen, erweisen sich gleichermaßen als Arbeitsplatzmotor, Stabilisator und Transformator.

 

Rahmenbedingungen verbessern

 

Und das nicht nur in der Gegenwart. Die Experten kommen zu dem Schluss, dass die Familienunternehmen einen wesentlichen Anteil daran haben, die Herausforderungen im Zusammenhang mit der digitalen und ökologischen Transformation sowie dem demografischen Wandel zu bewältigen. Gerade deshalb sei es so wichtig, die regionale Wirtschaft als Grundlage für die Zukunftsfähigkeit der ländlichen Räume zu sichern und zu fördern. Vielerorts sei die Ausgangslage gut, aber zahlreiche Rahmenbedingungen müssten noch verbessert werden. Gegenüber den Städten dürften ländliche Regionen nicht weiter ins Hintertreffen geraten. 

 

Dass Familienunternehmen wichtig für den Arbeits- und Ausbildungsmarkt sind, ist inzwischen bekannt. Unterstrichen haben sie ihre Motorfunktion zuletzt noch einmal während der langen Corona-Phase. Während die Beschäftigung insgesamt und in den DAX-26-Unternehmen im Jahr 2020 zurückging, stieg sie in den 500 größten Familienunternehmen an. „Als Basis für den Wohlstand von heute und als Motor für den Wohlstand von morgen spielt die Beschäftigungsfunktion der Familienunternehmen eine wichtige Rolle“, schreiben die Wissenschaftler.

 

Und die Unternehmen im Familienbesitz sorgen für regionale Stabilität, in dem sie zu einem höheren Bruttoinlandsprodukt je Einwohner beitragen und den Kreisen fiskalische Spielräume geben, um Herausforderungen zu begegnen. 75 Prozent der befragten Wirtschaftsförderer sprechen von einer hohen bis sehr hohen Bedeutung dieser am Standort verwurzelten Unternehmen für die wirtschaftliche Stabilität und Resilienz der Region. Hervorgehoben wurde in den Interviews auch das soziale und kulturelle Engagement.

 

Ländliche Räume mit einem hohen Anteil an Familienunternehmen weisen zudem eine höhere Innovationskraft in Form von mehr Patentanmeldungen sowie einen höheren Anteil an MINT-Beschäftigten auf. Die Wissenschaftler sehen darin unter anderem auch einen Beleg, dass Familienunternehmen mit ihrem Unternehmergeist auch für die Transformation sehr wichtig sind.

 

Unterstützungsmaßnahmen aus der Politik sind nötig

 

Ohne die richtigen Rahmenbedingungen und Unterstützungsmaßnahmen aus der Politik geht es aber nicht. IW Consult nennt eine Fülle von wichtigen Aspekten. Angefangen beim Ausbau der digitalen und Verkehrsinfrastruktur über die Förderung von (Aus-)Bildungsangeboten und Forschungskooperationen bis hin zur Einbindung der Unternehmen in die Entwicklung der Region. Rainer Kirchdörfer, Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, bringt es auf den Punkt: „Wer seine Region voranbringen will, sollte den Schulterschluss mit den Familienunternehmen suchen.“

 

Den höchsten Anteil an Familienunternehmen haben übrigens die Landkreise Biberach in Baden-Württemberg und Günzburg in Bayern mit 73,1 Prozent beziehungsweise 72,9 Prozent. Den geringsten Anteil an Familienunternehmen weisen Northeim in Niedersachsen und der Altmarkkreis Salzwedel in Sachsen-Anhalt mit 31,0 Prozent beziehungsweise 30,4 Prozent auf.

 

Die aktuelle Studie „Die Bedeutung der Familienunternehmen für ländliche Räume – Beitrag zum Wohlstand und Zusammenhalt“, erstellt vom Institut der deutschen Wirtschaft Consult GmbH, ist unter www.familienunternehmen.de erhältlich.

 

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