EU-Fangverbote treffen Freizeitangler

Die EU-Landwirtschaftsminister untersagen Hobbyanglern künftig, den Westdorsch aus der Ostsee zu ziehen. Das Verbot ist unverhältnismäßig

Foto: Hans
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Von Ludwig Hintjens

 

Die Landwirtschaftsminister der EU haben dieser Tage das Angeln des Westdorsches verboten. Diese Entscheidung ist ein schwerer Schlag nicht nur für die Freizeitfischer, deren Leidenschaft zusehends die rechtliche Grundlage verliert. Das Verbot wird auch wirtschaftlich fatale Folgen haben für den Wassertourismus in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Gerade in den Randzeiten im Herbst und Frühling kommen viele Angler am Wochenende und zu Kurzurlauben. Sie buchen Hotels, gehen Essen, mieten Kutter für Angelausflüge auf der Ostsee, kaufen in Angelshops Ausrüstung und Köder. Die von Anglern genutzte Infrastruktur wird unter dieser Entscheidung des Fischereirates massiv leiden.

 

Angler an der Ostsee leiden bereits seit Jahren unter dem Niedergang der Dorschbestände in der Ostsee. Weil das Wasser der Ostsee durch den Klimawandel wärmer geworden ist, fühlt sich der Westdorsch in der südlichen Ostsee nicht mehr so wohl wie früher und wandert zunehmend in nördlichere Gefilde ab. Das ist nicht nur ein Verlust der Artenvielfalt, sondern auch der Kultur. Der Westdorsch war über Jahrhunderte der „Brotfisch“ an der deutschen Ostsee.

 

Freizeitangeln ist ein Wirtschaftsfaktor an der Ostsee. Der Deutsche Angelfischerverband (DAFV) geht davon aus, dass 160.000 Freizeitangler pro Jahr im Schnitt 1,2 Millionen Angeltage an der Ostsee verbringen. Die größten Ausgaben entfielen auf Boote und Angelgerät, aber eben auch auf Übernachtung und Gastronomie. Im Schnitt gebe jeder Meeresangler 900 Euro im Jahr aus. Das zeigt: Ostseeangeln kann knapp 150 Millionen Euro jedes Jahr in die Region bringen. Diese Einnahmen stehen künftig infrage.

 

Bestände seit Jahren rückläufig

 

Weil die Bestände schon seit Jahren zurückgehen und der Westdorsch bedroht ist, wurden die Angelmöglichkeiten Jahr für Jahr eingeschränkt. Zunächst durften Freizeitangler sieben Dorsche am Tag aus der Ostsee ziehen, dann fünf, dann zwei, und jetzt ist das „Bag-Limit“ (Taschenbegrenzung) auf null gesetzt worden. Was den deutschen Anglern bleibt, sind Scholle und Lachs. Die Schollenbestände haben sich ordentlich entwickelt. Allerdings lässt die Qualität nach. Ostseeschollen haben mehr Gräten als früher und weniger Fleisch.

 

Der Europaabgeordnete Niclas Herbst (CDU) ist der einzige deutsche Politiker im Fischereiausschuss des Europaparlaments. Der Ratzeburger Politiker warnt: „Wir dürfen in dieser krisenhaften Situation, die nicht durch Überfischung entstanden ist, die Fischer nicht allein lassen. Pauschale Verbote bringen uns nicht weiter.“

 

Das Verbot der EU trifft einseitig Freizeitangler. Die Berufsfischerei muss den Dorsch nach den nun beschlossenen Regeln nicht wieder hineinwerfen, wenn er als Beifang in ihre Netze geht. Statt ein pauschales Verbot für Freizeitangler zu verhängen, wäre es sinnvoller gewesen, an den Sachverstand zu appellieren: Die allermeisten Freizeitangler dürften so viel Verantwortung mitbringen, dass sie etwa offensichtlich kurz vor dem Laichen stehende Fische wieder in die Freiheit entlassen.   

 

Kormorane fischen sich Dorsche aus der Ostsee

 

Zur Wahrheit gehört auch, dass nicht allein der Klimawandel Ursache für den Niedergang ist. Die Bestände leiden massiv darunter, dass Prädatoren dem Dorsch empfindlich zusetzen. Vor allem Kormorane, die unter strengem Artenschutz stehen, fischen sich Dorsche aus der Ostsee oder fügen den Fischen mit Hieben ihrer Schnäbel tiefe Wunden zu. Auch Robben sowie Otter dezimieren das Dorschvorkommen.  Es ist daher überfällig, dass die EU den strengen Schutzstatus etwa des Kormorans aufhebt. Es muss erlaubt werden, Kormorane zu entnehmen oder zu vergrämen, wo die Bestände überhandnehmen.

 

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