Freiburger Kinder haben keine Wahl mehr: Nur vegetarisches Schulessen

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche

 

Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

 

wir alle kennen aus der eigenen Kindheit oder zumindest aus Erzählungen den Begriff des Sonntagsbratens. Er stammt aus einer Zeit, als der Verzehr von Fleisch noch als etwas Besonderes galt, das sich eine normal verdienende Familie nur einmal in der Woche leisten konnte. Für den größten Teil der Bevölkerung ist das längst Geschichte. Dank moderner Landwirtschaft und wachsendem Wohlstand ist Fleisch praktisch jederzeit für die meisten Bürger verfüg- und bezahlbar. Wer gerne eine Wurst oder ein Schnitzel essen möchte, kann dies auch tun, egal an welchem Wochentag. Und das ist gut so. Denn diese Entscheidung ist ebenso ein Ausdruck von Freiheit, wie der persönliche Wunsch, sich nur noch vegetarisch ernähren wollen. Beides gilt es zu respektieren. 
 

Jürgen Wermser
Jürgen Wermser

Doch leider ist dies einfacher gesagt als getan, wie ein Beispiel aus Freiburg am Breisgau zeigt. Dort hatte der Gemeinderat im vergangenen Jahr beschlossen, an den Schulen und Kitas der Stadt künftig nur noch fleischloses Essen an die Kinder auszugeben. Im jetzt beginnenden Schuljahr bekommen die Jungen und Mädchen daher nur noch vegetarische Mahlzeiten

 

Das ist eine ideologische Bevormundung in Reinkultur. Und zudem gefährlich, weil so den Kindern und ihren Eltern die Eigenverantwortung für eine bewusste und gesunde Ernährung aus der Hand genommen wird. Die pädagogisch gewünschte Förderung von Selbstständigkeit wird dadurch bei den Kindern eher behindert als gefördert. Und wenn man – aus welchen Gründen auch immer – selbst kein Fleisch aus der sogenannten Massentierhaltung konsumieren möchte, dann wäre doch zumindest Wildfleisch eine hervorragende Alternative. Denn artgerechter als in der freien Natur kann ein Tier nicht wachsen und gedeihen. Entsprechend unbelastet ist das Fleisch. Und regionaler als vom heimischen Jäger kann man ein Lebensmittel auch kaum beziehen. Wer im ländlichen Raum und speziell in dörflichen Strukturen lebt, wo Jagd noch eine Selbstverständlichkeit ist, kann dies in aller Regel aus eigener Erfahrung bestätigen.

 

Wieder schlechte Noten für Bildung in Deutschland

 

Manche mögen dieses Thema als nebensächlich abtun nach der Devise: Was die Kinder essen, ist eigentlich egal, Hauptsache, sie lernen etwas. Doch so ganz lässt sich beides eben nicht trennen. Denn die Vorgänge in Freiburg sind nur ein besonders plakatives Beispiel für sachfremde Experimente, die von den zentralen Problemen im deutschen Bildungssystem nur ablenken. Und von denen gibt es reichlich. Anders ist es nicht zu erklären, dass Deutschland von der OECD wieder einmal beunruhigende Ergebnisse bescheinigt bekommt. Laut der Studie „Bildung auf einen Blick 2023“, die die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstag vorgestellt hat, lag 2015 der Anteil der 25- bis 34-Jährigen mit abgeschlossenem Studium an einer Hochschule oder Berufsakademie bei 30 Prozent, 2022 waren es 37 Prozent. Der Anteil derer aber, die weder Abitur noch eine Berufsausbildung gemacht haben, wuchs im gleichen Zeitraum von 13 Prozent auf 16 Prozent an. Damit entwickelt sich Deutschland sogar gegen den internationalen Trend: In fast allen anderen OECD-Ländern ist der Anteil der jungen Erwachsenen ohne Abitur und Ausbildung in den vergangenen Jahren gesunken.

 

Die Gründe sind gewiss vielfältig – von mangelnder Koordinierung im Föderalismus über zu viel Bürokratie im Schulalltag bis hin zu einer unzureichenden personellen und materiellen Ausstattung von Kitas und Schulen. Ganz nebenbei: Am Gehalt der Lehrer kann die Misere eigentlich nicht liegen. Denn im internationalen Vergleich verdienen diese in Deutschland gut. So beträgt das Jahresgehalt für einen ausgebildeten Lehrer mit 15 Jahren Berufserfahrung in der oberen Sekundarstufe, also zum Beispiel am Gymnasium, rund 76.000 Euro, kaufkraftbereinigt und umgerechnet sind das etwa 97.000 US-Dollar. Dagegen liegt das Jahresgehalt im Durchschnitt der OECD-Staaten laut der oben erwähnten Studie bei nur 53.500 US-Dollar. Gleichwohl sind laut Angaben der 16 Kultusministerien knapp 14.500 Vollzeitstellen für Lehrer unbesetzt

 

In NRW fehlen die meisten Lehrer

 

Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtete, ist die Zahl seit einer vergleichbaren Umfrage vom Januar um 2.125 unbesetzte Stellen gestiegen. Den größten Engpass im Schuljahr 2023/24 verzeichnet demnach Nordrhein-Westfalen mit 6.715 unbesetzten Vollzeitstellen. Niedersachsen schließt sich mit 1.760 fehlenden Lehrern an, gefolgt von Berlin mit 1.400 freibleibenden Stellen. Auch die ostdeutschen Bundesländer dokumentieren einen hohen Mangel: In Sachsen sind 1.200 Stellen im laufenden Schuljahr unbesetzt. Thüringen braucht 800 zusätzliche Kräfte und Sachsen-Anhalt hat 570 Lehrer zu wenig. Kein Defizit gibt es dagegen in Bayern und dem Saarland. Hessen hatte zum Zeitpunkt der aktuellen Abfrage noch keine Daten zu unbesetzten Vollzeitstellen an allgemeinbildenden Schulen erhoben. Einen geringen Bedarf im Bundesdurchschnitt verzeichnet Schleswig-Holstein, das Land wirbt um 133 Lehrer. Bremen hat einen Bedarf von 86 Fachkräften, Mecklenburg-Vorpommern kann 157 Stellen nicht besetzen. In Rheinland-Pfalz gibt es 170 Lehrer zu wenig. 

 

Man kann es drehen und wenden, wie man will, aber unter dem Strich bleibt leider festzuhalten: Die Politik hat es sich über Jahre und Jahrzehnte in Sachen Bildung zu bequem gemacht. Es wurde experimentiert und reformiert, aber das System insgesamt nicht wirklich effizient modernisiert und international wettbewerbsfähiger gemacht. Das Ergebnis ist eine wachsende Zahl von Jugendlichen und jungen Menschen ohne adäquaten Schul- und Berufsabschluss. Das ist nicht nur für die betroffenen Jungen und Mädchen, Männer und Frauen eine vertane Chance. Auch Deutschland insgesamt wird darunter zu leiden haben. Denn immer noch denken viele Bürger, man könne einfach so weitermachen wie bisher, die Kunden im In- und Ausland würden schon gerne immer weiter deutsche Produkte kaufen. Aber die aktuellen Wirtschaftsdaten sprechen eine andere Sprache. Sie zeigen, dass Deutschland wirtschaftlich im Vergleich zu anderen Industriestaaten langsam, aber sicher zurückfällt. Ein Grund für diese Entwicklung ist der Fachkräftemangel. 

 

Gefahren für die Demokratie

 

Und damit sind wir wieder beim Thema Bildung. Denn so gut und richtig das gezielte Werben um ausländische Fachkräfte auch ist: Gleichzeitig muss das hiesige Personalpotenzial viel besser genutzt werden. Das ist nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine demokratiepolitische Frage. Hier lebende Menschen, die sich sozial und wirtschaftlich abgehängt fühlen, sind das ideale Opfer für Radikale von rechts und links. Und dass dieses Problem nicht nur theoretisch ist, zeigen die jüngsten Umfragewerte für die AfD mehr als deutlich.

 

Zum Schluss noch ein Hinweis in eigener Sache. Unser Newsletter mit der gleichzeitigen Veröffentlichung als Wochenkolumne und den täglichen Kommentaren und Analysen unter www.natur-und-mensch-politblog.de wird im Auftrag der Jägerstiftung natur+mensch professionell von erfahrenen Journalisten produziert. Er ist für unsere Leserinnen und Leser kostenlos zu beziehen. Die Stiftung finanziert ihre Projekte über Spenden und fördert die Jagd nicht isoliert, sondern im Kontext mit der Kommunikation von Fakten und Meinungen zur Zukunft des ländlichen Raumes. Um bei dieser Arbeit noch mehr Reichweite und Wirkung zu erzielen, ist natur+mensch auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Die Stiftung wird zeitnah auch über den Verteiler unseres Newsletters einen Spendenaufruf versenden. Diesen möchte ich Ihnen ebenso zur Lektüre und Weiterleitung empfehlen wie die Texte in unserem Politblog.

 

In diesem Sinne: Bleiben Sie uns gewogen! Ich wünsche Ihnen eine gute, positive Woche und verbleibe mit den besten Grüßen

Ihr

Jürgen Wermser

Redaktionsleitung/Koordination

 

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