Ein Kleinbauer kämpft gegen die Milliarden-Investition

Wenn auf bisherigen Landwirtschaftsflächen Produktionshallen gebaut werden sollen, geht der Grundstückserwerb in der Regel über den Preis – oder auch nicht

Eine computeranimierte Darstellung des geplanten Northvolt-Standorts in der Nähe von Heide. (Foto: Northvolt)
Eine computeranimierte Darstellung des geplanten Northvolt-Standorts in der Nähe von Heide. (Foto: Northvolt)

 

Von Jürgen Muhl

 

Die Dithmarscher gelten als stur und eigenwillig. Wenn ihnen etwas nicht passt, gehen sie auf Konfrontationskurs. Koste es, was es wolle. Die Dithmarscher, so schrieb der „Spiegel“ einst, „machen das Licht mit dem Hammer aus“. Aktuell macht ein Fall Schlagzeilen, wo ein Grundstückseigentümer nicht weichen will. Er sorgt für Sand im Getriebe, wo es um die Investition in ein Leuchtturmprojekt der Energiewende geht.

 

Eigentlich stehen alle Zeichen für den Bau der Riesen-Batteriefabrik in der Nähe von Heide im Kreis Dithmarschen auf grün. Wäre da nicht Resthof-Besitzer Ingo Penn. Der 58-Jährige will nicht weichen. Und verzichtet auf rund 1,5 Millionen Euro, die der schwedische Konzern Northvolt zahlen würde. 

 

Seit 25 Jahren lebt Penn auf seinem Resthof, gelegen zwischen der Kreisstadt Heide und dem Nordseebad Büsum. Fünf Hektar Land gehören ihm. Mit Blick auf die Industrieansiedlung ist das kostbarer Grund und Boden. 300.000 Euro pro Hektar sind dem Hobby-Landwirt geboten worden. 1,5 Millionen Euro also. Die Summe liegt um das Zehnfache über dem üblichen Marktpreis landwirtschaftlicher Flächen in der Region an der schleswig-holsteinischen Westküste. 

 

Wenn der Nebenerwerbs-Schafzüchter Penn mit seinen drei Hektar nicht Platz macht, steht er den Plänen des schwedischen Konzerns im Weg, hier in Zukunft auf mehr als 100 Hektar Akkus für die Produktion von fast 800.000 Autos im Jahr produzieren können. Ein eigener Bahnhof für den Güterverkehr ist geplant. Von einem Investitionsvolumen in Höhe von fünf Milliarden Euro ist die Rede. 

 

Mit harten Bandagen: Betretungsverbot für Investor und Behörden

 

Die gesamte Region ist in Goldgräberstimmung, rund 3.000 Arbeitsplätze sollen hier entstehen. Zuliefer-Firmen suchen Grundstücke. Die Preise steigen in der gesamten Region mit einem Radius von 50 Kilometern – „täglich“, wie ein einheimischer Makler es formuliert. Wer es nicht geschafft hat, seine Wiesen und Felder mit Windkraftanlagen zu bestücken, sieht hier an der Westküste Schleswig-Holsteins jetzt seine große Chance, Kasse zu machen. Bereits in drei Jahren soll die Fabrik ihren Betrieb aufnehmen. So die Planung, die jetzt ins Stocken gerät. Weil Penn nicht verkaufen will. 

 

Der Mann, der es von seinem Resthof nicht weit hat zur Arbeitsstelle, fühlt sich „vertrieben“, spricht von „Eroberung“, wie er einer Regionalzeitung sagte. Penn hat den zuständigen Behörden mitgeteilt, dass er nicht verkaufen wolle. „Jetzt nicht, morgen nicht und übermorgen auch nicht.“ Inzwischen hat er den Behördenvertretern und sonstigen Investoren ein „Betretungsverbot“ ausgesprochen. Reaktionen aus den Amtsstuben gibt es nicht. Dort ist man sprachlos. 

 

Sowohl im Kieler Landeshaus als auch im Heider Kreishaus weiß man derzeit nicht so recht, wie es weitergehen soll. Der Begriff „Enteignung“ macht hinter vorgehaltener Hand die Runde. Immerhin geht es um die größte Industrieansiedlung, die es in Schleswig-Holstein je gegeben hat.

 


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Kommentare: 1
  • #1

    Helmut Zimmermann (Donnerstag, 07 September 2023 13:40)

    Die "kompetenten" sog. Volksvertreter eliminieren ganze Industriezweige, z. B. Bergbau und Automobilindustrie. Da fallen Unmengen Altindustrieflächen und Humankapital an. Die sollen nicht genutzt werden, weil da wohl nicht genug Provisionen für die Überflüssigen und Schmarotzern in Berlin und Landeshauptstädten fließt.
    Musk und seine Speichellecker lassen grüßen.

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