Öko-Ziele für die Landwirtschaft werden verfehlt

Es ist absehbar, dass ein massiver Ausbau der ökologischen Landwirtschaft bis 2030 nicht stattfinden wird. Aus Gründen der Lebensmittelsicherheit wäre dies auch riskant

Obst aus ökologischem Anbau (Foto: Peter von Bechen / pixelio.de)
Obst aus ökologischem Anbau (Foto: Peter von Bechen / pixelio.de)

 

Von Ludwig Hintjens 

 

Ehrgeizige Ziele sind gut. Es darf aber nicht dabei bleiben, forsche Ankündigung für die Zukunft aufzustellen. Die Politik muss auch die Bedingungen dafür schaffen, dass die Vorhaben umgesetzt werden. Die EU-Kommission hatte 2021 das Ziel aufgestellt, dass Biolandwirtschaft im Jahr 2030 EU-weit einen Anteil von 25 Prozent haben soll. Die Bundesregierung strebt noch mehr Öko an: Bis 2030 sollen 30 Prozent der hiesigen landwirtschaftlichen Nutzfläche nach biologisch-dynamischen Kriterien bewirtschaftet werden, steht im Koalitionsvertrag der Ampelregierung. 

 

Es sind erst zwei Jahre vergangen, dass die Regierenden in Berlin und Brüssel die Ziele aufgestellt haben. Und doch kann man schon jetzt voraussagen, dass die Öko-Wende in der Landwirtschaft massiv verfehlt werden wird. 

 

Als die Kommission im Rahmen der Strategie vom Acker auf den Teller 2021 das 25-Prozent-Ziel aufstellte, lag der Anteil der Öko-Ackerfläche an der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche bei knapp zehn Prozent. Spitzenreiter damals wie heute ist Österreich, wo die 25-Prozent-Marke bereits 2020 erreicht wurde. In der Spitzengruppe sind auch Estland, Schweden und Portugal dabei, die rund um 20 Prozent liegen. Der Ökoland-Ausbau legt EU-weiter zwar Jahr für Jahr zu. Doch die Wachstumsraten sind zu klein: Wenn das Tempo so weitergeht, liegt der Anteil im EU-Schnitt im Zieljahr 2030 bei 16 Prozent. Das Ziel würde um also neun Prozentpunkte verfehlt. Um im Soll zu bleiben, müsste sich die ökologisch bestellte Fläche in den nächsten sechseinhalb Jahren verdreifachen. 

 

In Deutschland ist die Lage noch schwieriger. Als die Tinte unter dem Koalitionsvertrag der Ampel trocken war, wurde 10,9 Prozent der Nutzfläche nach Biomethoden bewirtschaftet, 14,0 Prozent der Betriebe hatten umgestellt. Neueste Zahlen von Ende 2022 belegen, dass die Ampel jedenfalls nicht einen Bioturbo eingelegt hat: Da waren es nur 11,2 Prozent der Fläche und 14,2 Prozent der Betriebe. Die jährliche Umstellungsrate liegt bei 3,7 Prozent, müsste aber mit 12 Prozent mehr als dreimal so hoch sein, um das Ziel zu erreichen. In 30 Jahren ist der Anteil von Öko-Bauernhöfen um elf Prozentpunkte gestiegen, jetzt soll es in sieben Jahren um 20 Prozentpunkte nach oben gehen? Das ist wenig realistisch.

 

Absatz von Bio-Lebensmitteln stagniert  

 

Es muss zudem gefragt werden: Ist die Umstellung auf Bio überhaupt wünschenswert? Fest steht, dass der Verbraucher nicht bereit oder finanziell in der Lage ist, mehr Bio-Lebensmittel zu kaufen. 2022 stagnierte der Absatz von Bio-Lebensmitteln in der EU. Während die EU-Bürger bei Gemüse und Früchten bereit sind, mehr Geld für das Biolabel auf den Tisch zu legen, sind sie bei Fleisch zögerlich. In Deutschland werden nicht viel mehr als ein Prozent der Schweine und zehn Prozent der Kühe nach Bio-Kriterien gehalten. 

 

Auch vor dem Hintergrund der Lebensmittelsicherheit müssen die ambitionierten Ausbauziele hinterfragt werden. Die EU hat einen hohen Grad an Selbstversorgung bei den meisten Lebensmitteln. Sie legt darauf auch Wert. Tatsache ist aber, dass die Erträge von Biobauernhöfen deutlich geringer sind. Im Ackerbau rechnet man damit, dass wegen der geringeren Möglichkeiten beim Pflanzenschutz und bei der Düngung die Ernte der Biobauern um 16 Prozent geringer ausfällt als bei ihren konventionell arbeitenden Kollegen. Das bedeutet: Wenn die EU und Deutschland die Ausbauziele für den Ökolandbau tatsächlich umsetzen würden, wäre mit einem Einbruch der heimischen Lebensmittelproduktion zu rechnen. 

 

Es kann aber nicht im Interesse der Bürger sein, Lebensmittel im großen Stil aus Afrika, Amerika und Asien einzuführen. 

 


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