Weniger Geld für den ländlichen Raum

Der Etat von Agrarminister Cem Özdemir soll kräftig gekürzt werden

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Foto: mediaguyberlin)
Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Foto: mediaguyberlin)

 

Von Jürgen Wermser

 

Die Berliner Ampelkoalition ist mit dem Ziel angetreten, Jahre des Stillstands zu beenden und Deutschland auf vielfältige Weise zu modernisieren. Dazu gehört nicht zuletzt der Agrarsektor. Mehr Umweltschutz und Tierwohl heißt hier die Devise. Alle sind dafür - auch die Landwirte. Aber guter Wille allein reicht nicht. Es muss sich auch wirtschaftlich rechnen, weil sonst bäuerliche Existenzen zerstört werden und die Erzeugung von Lebensmitteln unterbleibt oder ins Ausland abwandert. Dies kann niemand wollen. 

 

Die Zeit drängt. Der internationale Druck auf heimische Agrarbetriebe wächst. Die Auflagen nicht zuletzt von Seiten der EU werden strenger und damit häufig für die Betriebe auch teurer. Gleichzeitig herrscht auf vielen Höfen Unsicherheit, wo die wirtschaftliche Reise denn langfristig hingehen soll. Da ist politische Führung und Orientierung gefragt - glaubwürdig und auch finanziell fundiert. Denn die fälligen, oft lange aufgeschobenen Investitionen können nur bei einer verlässlichen und soliden Perspektive realisiert werden. Alles andere wäre wie russisches Roulette mit der eigenen wirtschaftlichen Existenz. 

 

Umso wichtiger, dass der Bund in den ländlichen Räumen und im Agrarsektor kontinuierlich investiert. Doch die Ampelkoalition scheint daran nicht mehr vorrangig interessiert zu sein. So muss der grüne Ressortchef Cem Özdemir im Entwurf für den Bundeshaushalt drastische Einschnitte bei der Investitionsförderung hinnehmen. Hintergrund ist, dass die Regierung im kommenden Jahr die grundgesetzliche Schuldenbremse einhalten will. Deshalb soll auch Özdemir harte Einschnitte hinnehmen.

 

Viele Förderungen komplett gestrichen

 

Für die Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ (GAK) sind im neuen Etatentwurf 293 Millionen Euro weniger vorgesehen. Die GAK-Zuschüsse des Bundes als zentrales Förderinstrument für den ländlichen Raum verringern sich damit um rund ein Viertel: von 1,13 Milliarden Euro auf nur noch 840,3 Millionen Euro. So sollen die Sonderrahmenpläne ‚Förderung der ländlichen Entwicklung‘ und ‚Ökolandbau und biologische Vielfalt‘ komplett wegfallen. Die erklärten Ziele der GAK sind der Umweltschutz, die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe und der Agrarstruktur. Mit dem Bundesanteil fallen zusätzlich Ländermittel in derselben Höhe weg. 

 

Bauernpräsident Joachim Rukwied nannte die Kürzungen ein Unding und einen Bruch des Koalitionsvertrags. In diesem sei zugesagt worden, die Mittel der Gemeinschaftsausgaben jährlich dynamisch zu erhöhen. Insgesamt soll der Agrarhaushalt im kommenden Jahr um knapp  sechs Prozent auf 6,83 Milliarden Euro schrumpfen. 

 

Auch aus der Union kommt heftige Kritik. So setzt sich die CSU-Fraktion im Münchner Landtag per Dringlichkeitsantrag dafür ein, dass der Haushaltsentwurf der Ampel im Bund überarbeitet wird und auch für 2024 ausreichend Mittel zur Förderung des ländlichen Raums zur Verfügung stehen. Allein für Bayern würden Fördermittel von insgesamt mehr als 70 Millionen Euro wegbrechen. Dies würde Förderprogramme wie Dorferneuerung, Flurneuordnung oder Integrierte Ländliche Entwicklung massiv schwächen. Auch die Ausbauziele im Ökolandbau wären dann nicht mehr erreichbar. 

 

Zögern beim Umbau der Nutztierhaltung

 

Ein besonderes Ärgernis für viele Betriebe und den ländlichen Raum sind die im Haushaltsentwurf vorgesehenen Regelungen zum Umbau der Nutztierhaltung. Für dessen Förderung sind im kommenden Jahr lediglich 150 Millionen Euro geplant, obendrein versehen mit einem Sperrvermerk des Haushaltsausschusses. Das Geld soll erst freigegeben werden, wenn vom Özdemir-Ressort ein Konzept zum Umbau der Tierhaltung vorgelegt wird. Klar ist in jedem Fall: Das Geld wird nicht für die notwendige Reform ausreichen.

 

Das zögerliche Verhalten der Ampelkoalition in Sachen Umstellung der Nutztierhaltung ist ein politisches Armutszeugnis. Denn die von Experten und unterschiedlichsten Organisationen begrüßten Empfehlungen der Borchert-Kommission liegen seit längerem auf dem Tisch. Auch die Bundesregierung hat die Vorschläge gelobt und keine ernsthafte Kritik geübt. Doch das war's dann auch schon. Wenn es ums Bezahlen geht, sprich um verlässliche und langfristige Verträge mit den betreffenden Landwirten, heißt es bei der Ampel: Fehlanzeige. Für den Grünen Landwirtschaftsminister Özdemir ist dieses Vertagen und Verschleppen nicht gerade eine Empfehlung für höhere politische Ambitionen - sprich das Ministerpräsidentenamt in Stuttgart -, die ihm viele nachsagen …
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