Leistungen der Landwirtschaft zum Klima- und Umweltschutz stärker honorieren

Die EU will, dass große Betriebe mit Viehhaltung unter die Industrieemissionsrichtlinie fallen. Doch die Pläne zur Reduzierung des Methanausstoßes sind nicht zu Ende gedacht

Kühe blicken in die Kamera eines Fotografen. (Foto: Robert Steinfeld / pixelio.de)
Kühe blicken in die Kamera eines Fotografen. (Foto: Robert Steinfeld / pixelio.de)

 

Von Ludwig Hintjens

 

Die EU nimmt zusehends die Landwirtschaft in den Fokus ihrer Klima- und Umweltpolitik. Die Kommission macht in enger Taktfolge Vorschläge, die die Wirtschafts- und Arbeitsweise der Bauern betreffen. Im Zuge des Green Deals hat sich die EU ehrgeizige Ziele beim Klima- und Umweltschutz gesetzt. Bis 2050 will die EU klimaneutral werden. Zudem gilt für das gleiche Datum das Null-Schadstoff-Ziel. Bis zur Mitte des Jahrhunderts soll die Umweltverschmutzung so weit zurückgedreht werden, dass von ihr keine Gefahren mehr für Menschen, Tiere und Pflanzen ausgehen. 

 

Wenn so ehrgeizige Ziele aufgestellt werden und halbwegs erfüllt werden sollen, sind politische Maßnahmen nötig. Das geht nicht ohne Verbote und Gebote ab. Klar ist, dass auch die Landwirtschaft da nicht außen vor bleiben kann. 

 

Emissionen in der Landwirtschaft entstehen durch natürliche Prozesse, die sich aber nicht durch alternative Technologien ersetzen lassen. Es ist also nicht der Mähdrescher oder der Schlepper, der mit Diesel betrieben wird, sondern die Tierhaltung, die in der CO2-Bilanz der bäuerlichen Wirtschaft zu Buche schlägt. Es geht vor allem um das Methan, das durch die wiederkäuenden Kühe und Rinder freigesetzt wird und um die unter freiem Himmel gelagerte Gülle, wobei Gärprozesse ablaufen. 

 

Methan ist etwa 80-mal so schädlich für das Klima wie CO2. Bei der Klimakonferenz in Glasgow haben sich 100 Teilnehmer, darunter auch Deutschland und die EU verpflichtet, den Methanausstoß bis 2030 gegenüber 2020 um ein Drittel zu senken. 

 

EU will große Betriebe der Tierhaltung unter Industrierichtlinie setzen

 

Konkret wird gerade in Brüssel über die Industrieemissionsrichtlinie gestritten. Maßnahmen sind geplant, um umwelt- und gesundheitsschädigende Stoffe drastisch zu reduzieren. Die Kommission hatte vorgeschlagen, dass größere Viehbetriebe unter die Richtlinie fallen. Die Maßnahmen sollten für alle Betriebe ab 150 Großvieheinheiten (GVE) gelten. Über den Daumen wären also Betriebe betroffen, die mindestens 150 Milchkühe haben. In Deutschland wären dies mehrere Zehntausend Höfe.   

 

Im Gesetzgebungsverfahren deutet sich nun eine Entschärfung ab. Der Agrarausschuss des Europaparlaments will die Schwelle bei 300 GVE einziehen. Der Ministerrat, also das Gremium der Mitgliedstaaten, ist sogar für 350 GVE. Auch mit dieser Entschärfung wäre noch etwa ein Zehntel der Betriebe betroffen.

 

Es gibt drei überzeugende Argumente, warum Methan aus der Landwirtschaft vom Gesetzgeber anders behandelt werden sollte als Methan, das aus alten Kohlegruben austritt. Das Methan der Rinder muss anders gewertet werden, weil es im Zusammenhang mit dem natürlichen Kohlenstoff steht, den die Rinder durch das Grasen auf der Wiese aufnehmen.

 

Außerdem findet die Rinderhaltung vielfach auf Flächen statt, auf denen der Ackerbau schlecht oder gar nicht möglich ist. Die technischen Möglichkeiten, das von den Kühen freigesetzte Methan aufzufangen, sind sehr begrenzt: Es gibt Anlagen, die das Methan filtern könnten. Nur: Etwa die Hälfte der Rinderhaltung findet auf der Weide statt. Unter freiem Himmel kann das Methan nicht aufgefangen werden. Absauganlagen in hermetisch abgeschlossenen Ställen, in denen Kühe und Rinder keine frische Luft haben und von dem Wechsel der Jahreszeiten abgeschirmt sind – das will auch niemand.   

 

Landwirtschaft trägt auch zur CO2-Bindung bei

 

Nach Schätzungen der Kommission ist die Landwirtschaft etwa für den Ausstoß von einem Zehntel der Treibhausgase verantwortlich. Es muss aber zur Kenntnis genommen werden, dass die Landwirtschaft in einer besonderen Rolle ist. Anders als Autos, Fabriken und Gebäude, die lediglich fossile Brennstoffe verbrauchen, tragen Viehzucht, Ackerbau, Waldbewirtschaftung und Obstanbau eben auch dazu, dass der Atmosphäre CO2 entzogen wird und dass CO2 gebunden wird. Die Bauern leisten damit einen aktiven Beitrag zum Klima- und Umweltschutz. Die Bauern sind nicht die Klima- oder Umweltsünder. Der Gesetzgeber ist es den Bauern schuldig, dass der positive Beitrag der Landwirtschaft zum Gelingen des Green Deal in den Richtlinien und Verordnungen aus Brüssel stärker honoriert wird. 

 


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