Bruchlandung der Pro-Wolf-Fraktion

Raubtier-Debatte im Mainstream-TV: Die Argumente einer Wolfsexpertin machen sogar Markus Lanz fassungslos

Foto: Peter Reinäcker / pixelio.de
Foto: Peter Reinäcker / pixelio.de

 

Von Michael Lehner

 

Wenn es bei Markus Lanz um Natur und wilde Tiere geht, rechnen Jäger und Landwirte mit Märchenstunden. Letzthin beim Thema Wolf lief es ganz anders. Die als Pro-Wolf-Expertin eingeladene Tierärztin hinterließ einen erkennbar genervten Moderator. Und das Publikum erlebte Argumente jenseits aller Fakten.

 

Lanz hat in seiner Südtiroler Heimat offenbar Nachhilfe zum Thema Wolf bekommen. Mehrfach erzählt er – offensichtlich angefasst – vom Anblick brutal zugerichteter Weidetiere und vom Leid ihrer Besitzer. Dazu lässt der Moderator Videos einspielen, in denen die ganze Grausamkeit deutlich wird. Bilder also, die Massenmedien ihrem Publikum sonst gern ersparen.

 

Dazu kommt als Anwalt der Kritiker hemmungsloser Wolfsverehrung der Agraringenieur Christian Lohmeyer. Unaufgeregt und äußerst sachlich erläutert der Sachkenner, warum die Deichschäfer in den norddeutschen Küstenregionen aufgeben. Und warum die Wölfe dort so auch das Dasein der Menschen bedrohen. Lohmeyer hat selbst Schafe gehalten und unter dem Eindruck der Raubtier-Attacken aufgegeben. Die Leute hinterm Deich, sagt er, müssen sehen, wie sie die Schutzwälle ohne Schafe unterhalten.

 

Tierärztin Barbara Seibert, bekannt auch als „Verhaltenstherapeutin“ für Problem-Hunde, lässt sich gar nicht erst ein auf die Deich-Debatte. Den Weidetierhaltern werde ihr Schaden schließlich ersetzt. Und sie bekämen ja auch öffentliche Gelder zur Anschaffung von sicheren Zäunen und Herdenschutzhunden. Lohmeyer ergänzt unwidersprochen, dass diese Zuschusstöpfe im Norden regelmäßig erschöpft sind. Und dass wegen der rasant wachsenden Wolfspopulation nie mehr genug Geld für den Schadensausgleich da sein wird.

 

„Dafür können diese Tiere nichts“

 

Richtig spannend wird’s, als Lanz von sich aus fragt, warum Wölfe scheinbar sinnlos töten, wenn sie erst mal Weidezäune überwunden haben. Warum dieser „Blutrausch“, im Fach-Jargon als „Overkill“ bekannt? Experten wissen, dass Wölfe instinktiv auf Vorrat jagen. Auch so, dass die Beutetiere zwar noch leben, aber nicht mehr fliehen können. Frau Seibert glaubt eher, dass die sonst als Lösung gelobten Zäune schuld seien, weil sie Schafe und Rinder an der Flucht hindern. Die Wölfe hingegen seien unschuldig: „Dafür können diese Tiere nichts. Die Tiere orientieren sich, dann fixieren sie, hetzen, jagen, packen, töten.“

 

Letzterer ist einer der Momente, in denen auch den Moderator sichtbar Zweifel an der heilen Welt der Wolfs-Befürworter überkommen. Das Märchen von den Wundern, die Wölfe angeblich an der Natur des US-Nationalparks Yellowstone vollbracht haben, vertieft Lanz erst gar nicht weiter, obwohl es schon zentrales Thema seiner Sendung war.

 

Schließlich hat ausgerechnet Professor David Mech, der „Vater“ des Yellowstone-Projekts, den Jubel-Arien widersprochen: „Diese Berichte zeichnen ein Bild der Wölfe, das ebenso falsch ist wie die Dämonisierung vor hundert Jahren. Sie sind Tiere wie alle anderen auch, sie sind weder Sünder noch Heilige.“

 

Retten die Wölfe den Wald?

 

Bleibt wenigstens das Erfolgserlebnis, dass die Wölfe den vom Klimawandel bedrohten Wald retten? Wenigstens an diesem Punkt lässt Lanz Zustimmung erkennen. Sogar bei der Einschätzung der Wolfsexpertin, dass ihre Schützlinge das Schwarzwild kurz und damit die Schweinepest fern halten. Wogegen spricht, dass sich die in Schweden nahezu ausgerotteten Sauen dort offenbar problemlos und zügig in die Wolfsregionen verbreiten. Was hierzulande ebenso wenig bekannt ist wie das ernüchternde Untersuchungsergebnis führender skandinavischer Forstwissenschaftler zum Waldretter Wolf.

 

„In den Wolfsrevieren sind die Wildschäden nicht geringer als in anderen Wäldern“, heißt es im Schlussbericht der schwedischen Forst-Universität SLU. Das könne aber auch daran liegen, dass die Menschen im Wolfsrevier deutlich weniger erfolgreich jagen. Vor allem auch, weil sie Angst um ihre Hunde haben. Die werden seit Jahren dutzendweise von Wölfen getötet. Als Beutekonkurrenten und als leichte Beute im Vergleich zu führenden Bachen oder einer gesunden Elchkuh.

 

Im Fazit zum peinlichen Plädoyer für den Wolf sind wir ausnahmsweise ganz einer Meinung mit der Bildzeitung: Das war eine Talkshow der Kategorie „Falsche Ausfahrt“. Und wir warten gespannt auf die Forderung nach dem Maulkorbzwang für Herdenschutzhunde. Weil diese sonst Wölfe beißen.

 


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