Auf die Köpfe kommt es an

Die Personalpolitik der Ampelkoalition: Quote statt Qualität – und die Grünen profitieren

Der Kanzler weiß sehr genau, was in seiner Partei los ist. (Symbolbild: fsHH)
Der Kanzler weiß sehr genau, was in seiner Partei los ist. (Symbolbild: fsHH)

 

Von Michael Lehner

 

Vor allem die SPD leidet unter Pech und Pannen in ihren Ministerien. Und darunter, dass die Partei ihren Kanzler nur halbherzig unterstützt. Weil viele Genossinnen und Genossen klammheimlich noch immer von der feuerroten Koalition mit der Linkspartei träumen. Aber sie machen ihre Milchmädchenrechnung ohne die Grünen, die sich längst zur Union hin orientieren.

 

Die ersten Monate nach dem Regierungswechsel in Berlin offenbaren die Schwächen schonungslos: Während die Grünen blitzschnell in die Regierungsverantwortung gefunden haben, fällt es manchen Sozialdemokraten erkennbar schwer, sich mit der Realität von Krieg und knapper werdenden Staatsfinanzen abzufinden. Die Partei hadert mit ihrem Kanzler, den sie bis ins Vorfeld der Bundestagswahl als Parteivorsitzenden nicht wollte.

 

Wer es bequem mag, der soll sich damit trösten, dass es bei der CDU ganz ähnlich lief. Bei der Wahl des Vorsitzenden wie bei der Kür des Kanzlerkandidaten. Dass die SPD etwas früher zur Vernunft kam und doch noch den aussichtsreichsten Bewerber ins Rennen schickte, sorgte für den Etappensieg. Aber gleich nach der Bundestagswahl begann die Kanzlerpartei damit, die unverhoffte Macht schnell wieder aufs Spiel zu setzen: Mit einer Personalpolitik nach Geschlechter-Proporz und Rücksichtnahme auf interne Flügelkämpfe.

 

Dem Amt nicht gewachsen

 

Das Ergebnis: Familienministerin Anne Spiegel (Grüne) musste zwar auch das Handtuch werfen, weil sie – wegen familiärer Umstände – dem Amt nicht gewachsen war. Bei ihrer Kollegin Christine Lamprecht von der SPD geht es aber wohl mehr darum, dass sie gar nicht Verteidigungsministerin werden wollte – und viel tut, um diesen Eindruck zu festigen. Und da ist noch Lamprechts Parteigenossin Svenja Schulze, die als zuständige Ministerin Wochen brauchte, bis sie vernehmlich darauf hinwies, dass der Ukraine-Krieg die Ärmsten dieser Welt mit Hungersnot bedroht.

 

Erstaunt bemerkt das Volk, dass eine sozialdemokratisch geführte Regierung bei den Hilfen gegen steigende Energie- und Lebensmittelpreise ausgerechnet die Rentner übergangen hat. Und dass der zuständige Sozialminister schon über die nächste Gießkannen-Wohltat nachdenkt: Für alle, die als Single weniger als 4000 Euro brutto monatlich verdienen. Spannend, ob sich der FDP-Finanzminister dagegen durchsetzt und statt Gießkanne die überfällige Steuerreform für Normalverdiener auf den Weg bringt. Sonst droht den Freidemokraten, dass sie in Wählers Wahrnehmung auf den Widerstand gegen ein Tempolimit reduziert werden.

 

Kanzler kennt seine Partei genau

 

Wer in solcher Situation auf den Kanzler schimpft, tut Olaf Scholz unrecht: Der Mann weiß sehr genau, was in seiner Partei los ist. Vor allem, seit die Linken dort merken, dass sie sich mit den Grünen auf einen Koalitionspartner eingelassen haben, der im Zweifel bürgerliche Positionen besetzt. Nicht nur bei der Militär-Hilfe für die Ukraine. Sondern auch in der Wirtschaftspolitik, bei der Robert Habeck Maß und Ziel erkennen lässt. Bis hin zum Bemühen, dass der Industrie und den Bürgern in dieser Krise die fossilen Brennstoffe nicht ausgehen.

 

Der Mut, den eigenen Parteifreunden Kröten vorzusetzen, ist bei den Grünen offenbar stärker ausgeprägt als bei der SPD. Ähnliches gilt mittlerweile auch für die CDU. Ihre jüngsten Landtagswahlerfolge wären kaum vorstellbar ohne Zugeständnisse an einen Zeitgeist, der den Klimawandel zunehmend als Bedrohung begreift. Und verstanden hat, dass weder Stockkonservative noch Altlinke Antworten auf diese Bedrohung parat haben.

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