Das kostet Zeit: Die Basis soll´s richten

 

Von Wolfgang Molitor

 

Manchmal glauben vom Wähler brutal abgestrafte Parteien, mit einem personellen Neuanfang schon den Großteil einer unvermeidlichen und notwendigen Reformarbeit erledigen zu können. Das eine oder andere neue Gesicht neben den unverbesserlichen Dauerbrennern müsste demnach genügen, den abhanden gekommenen Wählern und Wählerinnen glaubhaft zu versichern, dass man die schmerzende Botschaft begriffen, verinnerlicht und umgesetzt habe.

 

Die CDU scheint diesen Weg einzuschlagen. Stolz mit einer für die Bundespartei erstmals ins Auge gefassten Mitgliederbefragung. Sie soll dann der Union auch strukturell ein moderneres Profil, den glaubhaften Anschein einer echten Basispartei verpassen.  Klingt damit der ziemlich einvernehmlich zu vernehmende Ruf nach einer meinungsbildenden Einbeziehung der sogenannten Basis in schwarzen Kreisen nicht tatsächlich revolutionär, aufrüttelnd einer (besseren) Zukunft zugewandt?

 

Man kann die ehrliche wie aufgesetzte Erleichterung nachvollziehen, mit der die Parteispitze jetzt vor die Öffentlichkeit tritt, um lächelnd stolze Zuversicht auszustrahlen: Seht her, sagt ein jeder, der sich dazu aufgerufen fühlt: wir melden uns zurück! Als ob das so leicht wäre und so schnell ginge.

Noch deutet nichts darauf hin, in welche Richtung es mit einem neuen und erhofften Zugpferd an der Parteispitze – wenn es denn wirklich so kommen sollte – gehen könnte. Noch sieht es danach aus, dass nach dem ersehnten Neuanfang die alten Differenzen der unterschiedlichen Parteiströmungen auch in eine veränderte Führungsspitze transferiert werden. Noch fehlt es an einer inhaltlichen Ausrichtung, die aus dem Wahldebakel in den vermutlich mindestens nächsten vier Oppositionsjahren alte Wählerschichten zurückholt und neue Anhänger mobilisiert.  Und es ist fraglich, ob eine eilige Mitgliederbefragung dabei wirklich eine große Hilfe sein kann.

 

Falsche Basiseinschätzungen

 

Dennoch: Es hätte jetzt alles schnell gehen müssen. Sich mitten in der Phase einer neufarbigen Bundesregierung weg zu ducken, um sich zunächst recht diffus mit sich selbst zu beschäftigen, ist ein weiteres Armutszeugnis. Gewiss: Ohne eine rücksichtslose gesamtheitliche Bilanz des historischen Absturzes ist ein kraftvoller Aufbruch nicht möglich. Wozu nicht zuletzt das deutliche Eingeständnis gehört, mit dem Wahlkampf und der Kandidatenaufstellung gerade fahrlässig die Stimmung an der Basis falsch eingeschätzt, wenn nicht gar eigensinnig ignoriert zu haben.

 

Aus dieser Not will die CDU jetzt eine Tugend machen.  In der zweiten Januarhälfte soll es dann die Basis richten. Sie soll schnellstens befragt werden, um auf einem Bundespartei ein neues Führungsteam zu berufen und durchzustarten. Dass sich die in der Befragung angetretenen Verlierer dann nicht trotzdem zur Wahl stellen, zählt zu den Grundvoraussetzungen eines parteiprägenden Votums, das nicht nur die „Unten“-Stimmung vermittelt, sondern tatsächlich personelle Weichen stellt, über die der inhaltliche Zug ohne weiteren Achsenbruch auf neuen Gleisen rollen kann.

 

Noch gönnt sich die CDU reichlich Zeit, um Kandidaten und ihren Absprachen Raum zu geben. Um fast ein Vierteljahr zu vergeuden für – unvermeidliche – Eitelkeiten und Finessen.  Am Ende dann doch leicht verzagt und etwas mutlos, vom eigenen Schwung so überrascht wie überfordert.

 

In Kürze werden sich die Bewerber zeigen, und mit klaren Kanten den von ihnen verkörperten Kurs vorstellen müssen. Dann steht der CDU der schwierige Teil der Erneuerung bevor: dem Wahlvolk nicht nur zu sagen, mit wem sie wieder die Mehrheit gewinnen will – sondern warum.

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