Mehr Unterstützung für das Dorf

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

Wer über den ländlichen Raum und die EU redet, landet rasch bei der europäischen Agrarpolitik. So wichtig die GAP-Beschlüsse für die Regionen auch sind, die ländlichen Gebiete sind mehr als Orte der Land- und Forstwirtschaft. Wer das starke Dorf mit einer lebendigen Struktur auch in der Zukunft will, muss es auf vielen gleichzeitig Feldern stärken – bei der Infrastruktur, der digitalen Vernetzung, beim Zugang zu Dienstleistungen. Nur dann wird man dort auch morgen noch wohnen und arbeiten können.

 

In Brüssel hat man es jetzt offenbar verstanden. Vor wenigen Tagen präsentierte die EU-Kommission eine langfristige Vision für die ländlichen Räume in der EU Zur Vision gehören ein Pakt und ein Aktionsplan. Die Gesamtmaßnahme verfolgt große Ziele. Der ländliche Raum soll am Ende gestärkt, besser vernetzt, widerstandsfähiger und florierender als heute dastehen.

 

Es zählen die Taten

 

Große Worte – aber es zählen bekanntlich die Taten. Denn in der Vergangenheit wurde auch in der EU bei Digitalisierung oder Wirtschaftsförderung vor allem auf die Metropolen und Städte geschaut. Jetzt hat die Kommission eine Hürde eingebaut. Auf verschiedensten Politikfeldern der EU muss künftig geprüft werden, inwieweit sich Beschlüsse auf den ländlichen Raum auswirken. Arbeitsplätze, Wachstum und nachhaltige Entwicklung im ländlichen Raum sollen nicht übersehen werden. In Brüssel ist sogar von einer speziellen Beobachtungsstelle die Rede,

Der Kurswechsel in der Kommission kommt nicht von ungefähr. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Stärkung des ländlichen Raums auf ihre Fahnen geschrieben und die jetzt vorliegende Vision im vergangenen Herbst angekündigt.

 

Bei einer Eurobarometer-Umfrage im April erhielt das Vorhaben nochmals Rückenwind von den EU-Bürgern. 79 Prozent der Befragten waren dafür, dass die EU die ländlichen Gebiete bei Entscheidungen über öffentliche Ausgaben berücksichtigt. 65 Prozent sind der Ansicht, dass die jeweilige Region oder Provinz darüber entscheiden sollten, wofür das Geld aus Brüssel im ländlichen Raum eingesetzt wird.

 

Lange Wunschliste

 

Ganz oben auf der Wunschliste stehen Nahverkehr, Straßen und Wege. Aber auch Dienstleistungen wie Banken und Postämter wurden genannt. In den nächsten Jahrzehnten wird es nach Meinung fast aller von der digitalen Vernetzung und elektronischen Dienstleistungen abhängen, ob ländliche Gebiete weiter als Lebensraum attraktiv sind.

 

Bis Ende des Jahres wird die Kommission mit dem Ausschuss der Regionen, in dem auch die deutschen Bundesländer vertreten sind, über die Vision sprechen, eine Bestandsaufnahme starten und Anfang 2024 aufzeigen, wo mehr Geld und Unterstützung benötigt werden. Denn ist gibt ungeachtet aller laufenden Programme offensichtlich Investitionslücken.

 

Auf Dauer kann es sich die EU schon aus Gründen der inneren Stabilität nicht leisten, ihre ländlichen Gebiete zurückzulassen. Dort leben über 130 Millionen Menschen. Augenblicklich leiden die Dörfer und Gemeinden vielfach unter Abwanderung, Überalterung, Abbau der Dienstleistungen und Infrastruktur, fehlenden Arbeitsplätzen und einer digitalen Kluft zwischen Stadt und Land. 

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