Den Landarzt sollte es nicht nur im TV geben

 

Von Christian Urlage

 

Die Klage von einer Gesundheitswüste auf dem Land ertönt seit Jahren. Wenn Apotheken, kleinere Kliniken und Hausarztpraxen schließen, verlängern sich die Anfahrtswege für Patienten – und die flächendeckende Versorgung ist in Gefahr. Am meisten leiden Senioren, chronisch Kranke und Familien.

 

Bald gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente, dann wird sich die Unterversorgung verschärfen. Denn der Altersdurchschnitt bei den Medizinern ist hoch: In Nordrhein-Westfalen hat jeder dritte niedergelassene Hausarzt das 60. Lebensjahr überschritten. Experten befürchten, dass 2035 vier von zehn Landkreisen in Deutschland unterversorgt oder massiv von Unterversorgung bedroht sein werden.

 

Hausarztpraxen sind zu wenig attraktiv

 

Die Gründe für den Mangel sind vielfältig. Der Trend geht zum Angestelltenverhältnis und zur Teilzeitbeschäftigung, denn auch Ärztinnen und Ärzten wollen Familie und Beruf vereinbaren. Und wer eine Hausarztpraxis eröffnen will, muss mit hohen Investitionskosten und zuviel Bürokratie rechnen. Das ist unattraktiv.

 

Wie gegensteuern? Die Online-Sprechstunde und Rezeptsammelstellen gehören zu den Überlegungen. Die „rollende Arztpraxis“ wurde ausprobiert, doch die Zustimmung hielt sich in Grenzen. Nachteil: Setzen sich Mediziner ans Steuer, verschwenden sie wertvolle Zeit. Besser wäre es, umgekehrt Patienten per Fahrdienst zum Arzt zu bringen. Die Robert-Bosch-Stiftung hält Gesundheitszentren für hilfreich und hat dazu jetzt eine Studie veröffentlicht. Zu den Vorteilen zählen flexiblere Arbeitszeiten und die Möglichkeit des Kollegengesprächs über medizinische Fachfragen.

 

Koalitionsstreit in Stuttgart um die Landarztquote

 

Die Bundestagsfraktion von CDU und CSU sprach sich im Herbst für mehr Studienplätze und eine Landarztquote aus. Demnach sollen Studienplätze im Fach Medizin vorrangig an Bewerber vergeben werden, die sich für eine Arbeit als Hausarzt auf dem Land verpflichten. In Baden-Württemberg kam es im August 2020 deswegen zum Koalitionsstreit, weil die Union eine Landarztquote wollte, die Grünen aber nicht. In Thüringen bremsten im vergangenen Jahr Grüne und Linke – SPD und CDU waren dafür.

 

Man darf gespannt sein, was die Parteien im Bundestagswahlkampf zur Gesundheitsversorgung vorschlagen. Die Dörfer fern der Metropolen sollten sie nicht vergessen. Sonst trifft man den Landarzt bald nur noch als Fernsehzuschauer.

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