Naturschützer kaufen große Moorflächen aus der Agrar-Nutzung

Der Bauernverband in Schleswig-Holstein spricht auch von „Enteignung“ statt Dialog

Blick auf eine Moorlandschaft. (Foto: ile / pixelio.de)
Blick auf eine Moorlandschaft. (Foto: ile / pixelio.de)

 

Von Jürgen Muhl

 

Die Appelle haben bislang nicht geholfen: Bauernverband und andere landwirtschaftliche Organisationen sind zur Zusammenarbeit bereit, fühlen sich aber „schlichtweg übergangen“, wie es der Generalsekretär des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes formuliert. „Warum setzt man sich nicht mit uns an einen Tisch und tauscht sich aus?“, fragt ein enttäuschter Stephan Gersteuer im Gespräch mit unserem Politblog „natur + mensch“, in dem die wachsende Angst in der Landwirtschaft vor Übernahmen von Agrar-Flächen zum Moorschutz bereits ein Thema war

 

Was Gersteuer jetzt so wütend macht, sind Übernahmen von Moorflächen durch die Stiftung Naturschutz im nördlichsten Bundesland, um sie zu vernässen und in ihren Ursprungszustand zu versetzen. Nach Gersteuers Angaben trifft dies auch auf zahlreiche Moorgebiete in Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bayern zu. Als Käufer fungiere zumeist die Stiftung Naturschutz im Auftrag der Landesregierungen. Zu diesen Übernahmen komme es „quasi über Nacht, ohne sich mit landwirtschaftlichen Organisationen abzustimmen“, beklagt die Führungsspitze des Schleswig-Holsteinischen Bauernverbandes. Gezahlt werde nach dessen Kenntnis in den meisten Fällen der jeweils „doppelte Verkehrswert“.

 

Niedersachsen und Schleswig-Holstein verfügen im Ländervergleich über die meisten Moorflächen in Deutschland. Insgesamt beträgt der Mooranteil rund fünf Prozent der Bundesfläche. Das sind über 18.000 Quadratkilometer, was einer CO2-Belastung von 53 Millionen Tonnen entspricht. Dies wiederum sind 7,5 Prozent der gesamten deutschen Treibhausemissionen. Bauern haben in der Vergangenheit die tief liegenden Moore entwässert und urbar gemacht. So konnten sie Lebensmittel und Futter für ihre Tiere produzieren. Dies war ihrer Auffassung nach eine kulturhistorische Leistung und keine Umweltsünde, wie es aktuell von den Naturschützern immer wieder bezeichnet wird.

 

Bauern plädieren für Gespräche und Kompromisse

 

Auch Generalsekretär Gersteuer und sein Präsident Klaus-Peter Lucht räumen angesichts des Klimawandels veränderte Strukturen ein. Sie plädieren für Kompromisse zwischen Landwirtschaft und Naturschutz. Dazu gehört auch der Vorschlag, wiedervernässte Moore als Standorte für Fotovoltaik-Anlagen zu etablieren. „Leider hören wir dazu nichts aus den Ministerien“, kritisiert Gersteuer und fügt hinzu: „Wir haben es da mit einem grünen Alleingang zu tun.“ Der Bauernfunktionär erinnert an die Aussage von Bundesagrarminister Cem Özdemir, der die Strategie „Schützen und Nutzen“ ausgegeben habe. „Beim Moorbodenschutz heißt es, alle an Bord zu holen. Für die Höfe muss es sich lohnen, klimafreundlich zu arbeiten“, hatte der grüne Minister ausgegeben.

 

Inzwischen aber steht für eine große Zahl von Bauernhöfen, zu denen Moorflächen gehören, die Zukunft, also die Existenz, auf dem Spiel. Beim Bauernverband ist der Vorwurf der „Enteignung“ präsent. Stephan Gersteuer: „Naturschutz und Landwirtschaft müssen an einen Tisch, um zu einer vernünftigen Lösung zu kommen. Bislang wird dies aber vom Nabu abgelehnt.“

 


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