Wahl und Proteste in Berlin – Wolfsjagd in Bayern erleichtert

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche

 

Liebe Leserinnen und Leser unseres Politblogs,

 

die Stichworte Berlin, Klima, Natur und Wölfe, ländlicher Raum haben uns in der vergangenen Woche auf unterschiedliche Weise beschäftigt. Doch der Reihe nach. Zunächst der Blick in die Hauptstadt, die endlich eine neue Landesregierung bekommt - aber um einen politisch verheerenden Preis. Denn die Wahl des Regierenden CDU-Bürgermeisters Kai Wegner verlief chaotisch. Mutmaßlich haben Abgeordnete von Union und SPD ihn in den ersten beiden Durchgängen in der geheimen Wahl förmlich gedemütigt, indem sie ihm in beträchtlicher Anzahl die Stimme verweigert hatten. Und dass Wegner im dritten Anlauf schließlich möglicherweise Stimmen aus der AfD bekam, macht den Schaden auch nicht kleiner.

 

Jürgen Wermser
Jürgen Wermser

Gewiss, Wegner ist letztlich im Amt und das zählt. Aber ob er unter solchen Voraussetzungen überhaupt effektiv regieren kann, ist fraglich. In der eigenen Fraktion ist er nicht unumstritten. Vor allem aber in der SPD gibt es große Vorbehalte gegen ein Bündnis mit der CDU und gegen seine Person. Viele Berliner Sozialdemokraten scheint das Schicksal ihrer Stadt wenig zu interessieren, solange nur der rote Filz und Schlendrian unangetastet bleibt. Bei der kürzlichen Wahl zum Abgeordnetenhaus ist die Partei für diese Haltung von den Bürgern brutal abgestraft worden. Doch das scheinen zahlreiche Genossen schon wieder verdrängt zu haben. Die Quittung bei der nächsten Wahl könnte daher für die SPD noch brutaler werden. Denn es müsste schon ein kleines politisches Wunder an der Spree geschehen, damit das Kapitel Schwarz-Rot für Berlin und damit auch für die Sozialdemokraten noch eine Erfolgsgeschichte wird. 

 

Viele Augen sind momentan auch aus einem anderen Grund wieder einmal auf Berlin gerichtet. Die Aktivisten der „Letzten Generation“ hatten angekündigt, die Hauptstadt mit ihren Protesten lahm legen zu wollen. Dies ist ihnen zum Glück nur teilweise gelungen. Die Polizei konnte viele Protestaktionen relativ schnell auflösen oder gar von Anfang an unterbinden. Trotzdem bildeten sich zum Teil lange Staus. Und zum ersten Mal wurde ein Mitglied der Gruppe in Berlin wegen einer Klebeaktion zu einer viermonatigen Gefängnisstrafe ohne Bewährung verurteilt. Die 24-jährige Frau aus Bayern hatte sich in der Berliner Gemäldegalerie am Holzrahmen eines Gemäldes festgeklebt, an Straßenblockaden beteiligt und angekündigt, auch künftig bei derartigen Aktionen mitzumachen. 

 

Gewiss, ein solch konsequentes Vorgehen von Polizei und Justiz mag dem einen oder anderen als hart erschienen. Doch es ist grundsätzlich richtig, selbst wenn die zumeist jungen Menschen aus Idealismus gehandelt haben und sich mit ihrem Engagement obendrein die persönliche Zukunft - Stichwort Ausbildung oder Studium - gewiss nicht leichter gemacht haben. Denn so ehrenwert die Motive im Einzelfall auch sein mögen, die Methoden der Protestler sind nicht akzeptabel. Hier muss der Staat klare Kante zeigen. Denn in einer Demokratie müssen Mehrheiten gewonnen und nicht durch Blockaden erpresst werden. Zudem laufen die Aktionen mittlerweile auf einen kritischen Punkt zu. Denn das Unverständnis in der Bevölkerung nimmt zu, während gleichzeitig der politische Durchbruch für die Aktivisten ausbleibt. Wie wollen die Protestler darauf reagieren? Noch radikalere Verstöße gegen die Rechtsordnung? Dann würde ihr Weg vollends ins Abseits weisen - mit allen juristischen und persönlichen Konsequenzen.

 

Um radikale Ansichten geht es auch bei einem anderen Thema, das uns diese Woche wieder einmal beschäftigt: die Wiederansiedlung und Ausbreitung von Wölfen in Deutschland. Hier ging die Diskussion in der vergangenen Woche in verschärfter Form weiter. So hat etwa Bayerns Kabinett beschlossen, dass Wölfe in dem Freistaat künftig leichter erlegt werden können. „Ein Riss reicht“, hatte Ministerpräsident Markus Söder laut Süddeutscher Zeitung (bezeichnende Überschrift des Artikels: „Söder eröffnet die Wolfsjagd“) am Dienstag nach der Sitzung des Landeskabinetts in München gesagt. Sobald ein Wolf ein Nutztier getötet habe, solle es möglich sein, ihn zu töten. Auch müsse das übergriffige Tier nicht mehr identifiziert werden. „Jetzt kann man die Wölfe dann generell in der Region entnehmen“, so der CSU-Regierungschef.

 

Auch Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) betonte, dass der Wolf reguliert werden müsse. Er bedrohe die Freilandtierhaltung und damit die Kulturlandschaft sowie den Artenreichtum in vielen Regionen. Genauso sehen es viele Bürger und die meisten Landnutzer auch außerhalb Bayerns. Gleichwohl, den Bund Naturschutz kümmert dies wenig. Er kündigte umgehend eine Klage gegen den bayerischen Vorstoß an. Die neue Verordnung breche europäisches in deutsches Naturschutz Recht, hieß es.  Doch so einfach ist es nicht Die EU lässt in Sachen Wolf durchaus Gestaltungsmöglichkeiten, die in Deutschland allerdings nicht genutzt werden, wie unser Autor Ludwig Hintjens kürzlich dargestellt hat.

 

Weitere Themen konnten Sie in der vergangenen Woche in unserem Politblog finden. Doch lesen Sie selbst… 

 

In diesem Sinne verbleibe ich mit den besten Grüßen und Wünschen für eine gute, positiv verlaufende Woche

Ihr

Jürgen Wermser

Redaktionsleitung/Koordination

 

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