Neue Heizungen: Pflichtprogramm gegen alle berechtigte Kritik

Das Bundeskabinett hat sich auf Habecks Erneuerungsprogramm mit klimafreundlichen Heizungen verständigt. Jetzt kommt es auf den Bundestag an

Erste Umstellungen auf die Wärmepumpen-Technik bestätigen, dass es schwierig ist, Handwerker mit der notwendigen Kompetenz zu finden. (Foto: Tim Reckmann / pixelio.de)
Erste Umstellungen auf die Wärmepumpen-Technik bestätigen, dass es schwierig ist, Handwerker mit der notwendigen Kompetenz zu finden. (Foto: Tim Reckmann / pixelio.de)

 

Von Jost Springensguth

 

Im Prinzip ist die Richtung zu akzeptieren, wenn die Ampelregierung auf Druck von Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck Öl- und Gas als Heizenergie aus unseren Häusern verbannen will. Nur das als Verbot für den Neueinbau dieser entsprechenden Heizungsanlagen mit seiner skandalösen Fristsetzung auf Beginn des kommenden Jahres, ist für die Hausbesitzer und in Folge auch deren Mieter eine Zumutung. Wir haben ja schon bewegende Wochen der Diskussion im politischen Raum vernommen. Und wir haben natürlich auch im privaten Kreis Gespräche voller Fragen und Emotionen bis hin zu erregten Stammtischdebatten hinter uns. Unverständnis allerorten – zudem unter Fachleuten, Handwerkern und Hausbesitzerverbänden sowieso.

 

Das Kabinett der drei Koalitionsparteien hat erst mal auf dieser Ebene und damit für sich einen politischen Schlussstrich gezogen. Damit geht der Regierungsentwurf als „Reform des Gebäudeenergiegesetzes“ nun in die parlamentarische Debatte. Das Ganze wird ein Aufregerthema bleiben. In erster Linie gilt das für Immobilienbesitzer, in deren Häusern noch die fossilen Heizungsanlagen laufen. Viele von ihnen sehen ein, dass das Umbauthema für sie eines Tages kommt. Jeder wird erst einmal der Frage nachgehen müssen, welche Alternativen er hat, welche Erneuerungsmaßnahmen vom Heizungskeller bis in die einzelne Wohnung hinein mit möglicherweise notwendigen Installationserneuerungen vorzunehmen und damit zu finanzieren sind.

 

Dabei kommt es erst einmal darauf an, was im Detail am Mittwoch im Kabinett beschlossen wurde: Von 2024 an soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das gilt für Neubauten allemal. Es soll ein striktes Einbauverbot für Ölheizungen geben und für Gasheizungen gelten dann eng begrenzte Übergangsregelungen. Und wenn im Bestand repariert werden kann, so soll das zulässig sein. Gleichzeitig will die Bundesregierung ein zusätzliches Förderprogramm auflegen, über dessen Volumen und die Details noch keine Angaben vorliegen. Auch das spricht dafür, dass es weiter erheblichen Diskussionsstoff geben wird. Der endgültige Vollzug für alle Häuser in Deutschland ist dann für 2045 vorgesehen. Das betrifft Gebäude, in denen über 80 Millionen Menschen leben…

 

FDP stimmt nur mit Bauchschmerzen zu und drängt auf Änderungen

 

Die FDP hat dem Gesetzentwurf offensichtlich nur aus Kabinettsdisziplin zugestimmt. Gerade aus dieser Partei kommen mit Blick auf einzelne Bedingungen und Auflagen starke Proteste gegen verschiedene Punkte im Gesetz. Dabei geht es unter anderem um das Thema Gasheizungen und die Härte der von Habeck angestrebten Strafen. FDP-Chef und Finanzminister Lindner hat für das Kabinettsprotokoll einen deutlichen Hinweis auf Bedenken seiner Partei mit der Ankündigung hinterlegt, dass auch seine liberalen Fraktionskollegen den Gesetzentwurf des Kabinetts, dem er angehört, intensiv beraten und auf notwendige Änderungen drängen werden. 

 

Die ersten Erfahrungen mit der Umstellung gibt es bei denjenigen, die sich jetzt schon zum Beispiel für Wärmepumpen entschieden haben. Dazu gibt es bereits eine staatliche Förderung von 40 Prozent. Dazu will Habeck noch ein einkommensabhängiges Programm auflegen. Erste Umstellungen auf diese gewünschte Technik bestätigen, dass es schwierig ist, Handwerker mit der notwendigen Kompetenz zu finden. Dazu gibt es in vielen Einzelfällen Unsicherheiten wegen der weiteren Folgen der Umstellung auf die gesamten Anlagen mit Leitungen zu den Heizkörpern als Endgeräten. Es geht dann auch noch um deren Tauglichkeit für die neue Technik. Und in vielen Fällen muss die Installation von Fußbodenheizungsanlagen folgen. Ein weiteres Thema ist nach aufwendigen Umbauten die Betriebssicherheit der neuen Wärmepumpenanlagen. Wer will schon in kalten Räumen leben, wenn die Heizung ausfällt und der überlastete Techniker auf sich warten lässt? Das ist wohl noch relativ oft der Fall.

 

Ein Regierungsvorhaben voller noch nicht abzusehender Folgen

 

Das – in Summe betrachtet – belegt, dass hier Gesetze, Verordnungen und Sanktionen politisch durchgepeitscht werden, ohne die Folgen technisch und finanziell bis ins Detail zu durchdenken. Hier kommt es einfach auf die Einzelfälle an. Im ländlichen Raum trifft das unter anderem viele Altimmobilien, die jahrzehntelang mit Öl beheizt wurden. Und es trifft Menschen, die oft im höheren Lebensalter meinen, sie hätten mit ihrem belastungsfreien Häuschen eine Sicherheitsergänzung zu den oft geringen Renten. Die Altersgrenze ab 80, mit der von den erzwungenen Heizungsumstellungen befreit werden kann, ist für etwas jüngere Rentner einfach eine Zumutung. Auch Menschen werden überfordert sein, die mit knapp 70 aus ihrer Sicht für sich einen finanziell entspannten Ruhestand geplant haben. Die schon oft gestellte Frage ist berechtigt, ob es für diesen Personenkreis überhaupt noch Kredite gibt oder ob man später durch das Raster der noch unbekannten Förderungen fallen wird. 

 

Damit haben wir es mit einem Regierungsvorhaben voller Unbekannten zu tun. Das Problem wird die kurze Frist bis zum geplanten Inkrafttreten des Gesetzes in wenigen Monaten sein. Da wird es viele Fragen zu klären geben, die auch die Kommunen und ihre Stadtwerke treffen. Was ist dort, wo gerade in kleineren Städten und Gemeinden neue Versorgungsleitungen für alte Technik verlegt wurden? Irgendwie muss das ja noch alles bezahlbar sein – für die Menschen und den Staat auf all seinen Ebenen. Der Städtetag bringt es schon auf den Punkt. Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy: „Wir wissen, dass wir jetzt die Weichen für die klimaneutrale Wärmeversorgung stellen müssen. Aber die noch so richtigen Ziele laufen ins Leere, wenn Handwerker und geeignete Heizsysteme fehlen, Fristen zu eng sind und Kosten in die Höhe schnellen und damit die Menschen insgesamt überfordert werden.“

 


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