Autonomes Fahren spart Personalkosten

Noch nutzen nur wenige Bewohner in dünn besiedelten Gebieten Busse und Bahnen. Durch neuartige „On demand“-Angebote kann sich das ändern

Seit März 2018 fahren elektrisch angetriebenen und fahrerlose Kleinbusse im Fahrgastbetrieb auf dem Campus Charité Mitte in Berlin. (Beispielbild: falco)
Seit März 2018 fahren elektrisch angetriebenen und fahrerlose Kleinbusse im Fahrgastbetrieb auf dem Campus Charité Mitte in Berlin. (Beispielbild: falco)

 

Von Christian Urlage

 

Seit jeder ChatGPT nutzen kann, ist die künstliche Intelligenz (KI) in aller Munde. Fragt man in ChatGPT, wo sich KI im ländlichen Raum nützlich machen kann, folgt innerhalb weniger Sekunden eine Aufzählung mit mehreren Punkten: in der Landwirtschaft, um die Produktion zu optimieren, bei der Gesundheitsversorgung durch Telemedizin – und im Naturschutz, um Waldbrände frühzeitig zu erkennen und die Wasserverschmutzung zu überwachen.

 

Grundsätzlich ist es jedoch wichtig, vorsichtig zu sein und alle Antworten zu überprüfen, denn ChatGPT spuckt nicht selten auch fehlerhafte Angaben aus, und das Wissen reicht maximal bis September 2021. Abgesehen davon bieten sich aber tatsächlich in dünn besiedelten Regionen zahlreiche Anwendungen für die künstliche Intelligenz an.

 

Rufbusse ohne festgelegte Route

 

Zum Beispiel beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) auf dem Land. Jeder weiß, dass dort ein effizienter Linienverkehr nicht wirtschaftlich sein kann, wenn der Bus im Durchschnitt nur fünf Fahrgäste oder sogar noch weniger transportiert. Schon jetzt werden daher „On-demand“-Angebote eingesetzt, also Rufbusse oder Sammeltaxis, die auf Bestellung und ohne festgelegte Route fahren.  Davon profitieren in dünn besiedelten Regionen insbesondere Bewohner ohne Zugang zum Auto.

 

Andere Interessenten könnten zum umweltfreundlichen Umstieg vom eigenen Pkw bewegt werden, wenn sie kostengünstig, zuverlässig und auf Abruf zu den gewünschten Zielen gebracht werden. Noch aber ist es oft zu umständlich, den ÖPNV für den Weg zur Arbeit, zum Supermarkt oder zum Arzt zu nutzen, weil Direktverbindungen fehlen, Busse und Bahnen nur selten fahren und die Fahrzeiten lang sind.

 

Möglichkeiten erweitern sich durch autonom fahrende Busse

 

Die Möglichkeiten für diesen Bedarfsverkehr werden sich erweitern, wenn es erlaubt wird, autonom fahrende Busse ohne Fahrerinnen oder Fahrer einzusetzen. Das spart Personalkosten und die zunehmend schwieriger werdende Suche nach Fachkräften. Allerdings müssen für das autonome Fahren die Voraussetzungen gegeben sein: eine störungsfreie Fahrzeugtechnik und eine flächendeckende digitale Infrastruktur. Und das Modell wird nur gelingen, wenn die Fahrgäste akzeptieren, dass die Fahrzeuge per Fernüberwachung kontrolliert werden. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen hat der Bund dafür geschaffen.

 

Ein Pionier für On-Demand-Verkehr und autonomes Fahren ist der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV), einer der größten Verkehrsverbünde in Deutschland. Derzeit erprobt der RMV einen Shuttle-Service in Riederwald, einem Stadtteil am Rande Frankfurts – und will Erkenntnisse gewinnen, die sich auch in ländlichen Gebieten anwenden lassen. Die Kleinbusse haben eine Kamera an Bord, mit deren Hilfe Videobilder ausgewertet werden. So erkennt die Künstliche Intelligenz zum Beispiel, wie viele Fahrgäste im Shuttle sitzen oder ob Gepäck liegengeblieben ist. Damit kann der RMV die Sicherheit garantieren und die Auslastung erkennen.

 

Noch fährt eine Aufsichtsperson mit

 

Bisher fährt bei den Tests des Verkehrsverbunds noch eine Aufsichtsperson im Fahrzeug mit, Ende 2023 sollen die Shuttles in einem Pilotprojekt in Darmstadt und im Kreis Offenbach ohne Personal unterwegs sein – im sogenannten Level 4 des autonomen Fahrens (vollautomatisiertes Fahren), das auf bestimmten Strecken und genehmigten Bereichen gestattet ist. Eine Überwachung gibt es dann noch in der Zentrale und Leitstelle des RMV.

 

Es handelt sich um ein um ein umweltfreundliches Modell, bei dem Nutzer Kosten sparen und auf das eigene Auto verzichten können. Der Einsatz künstlicher Intelligenz beim ÖPNV ist zugleich ein treffendes Beispiel dafür, dass beim Klimaschutz nicht immer nur die bei bestimmten Politikern beliebten Verbote weiterhelfen, sondern mindestens ebenso der Einsatz moderner Technik.

 


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