Bauernhof statt Altenheim

Landwirte könnten vom demografischen Wandel profitieren – durch Wohnmöglichkeiten für Senioren

Ein älterer Herr streichelt eine Kuh. (Symbolbild: iStock/JackF)
Ein älterer Herr streichelt eine Kuh. (Symbolbild: iStock/JackF)

 

Von Jürgen Wermser

 

Landwirte leben in wirtschaftlich unsicheren Zeiten. In den letzten Jahren und Jahrzehnten haben in Deutschland immer mehr Betriebe aufgegeben. Die Abhängigkeiten vom Weltmarkt sind ständig größer geworden. Heftige Preis- und Absatzschwankungen machen eine halbwegs verlässliche Zukunftsplanung nur schwer möglich. Wer mag es unter solchen Umständen zweifelsfrei verantworten, für sich und seine Familie teils millionenschwere Investitionen und Kredite zu tätigen? Das gilt nicht zuletzt für die jüngere Generation, die vor der schweren Entscheidung steht, den Hof fortzuführen oder anderweitig ein geregeltes Einkommen zu suchen - aber damit zugleich eine lange bäuerliche Familientradition zu beenden.

 

Ein Weg, um die Risiken zu mindern und den Betrieb gut aufzustellen, ist Diversifizierung – vom Verkauf der eigenen Produkte im Hofladen bis hin zur Schaffung von Unterkünften für Ferien auf dem Bauernhof. Und es könnte sich für einige Betriebe eine zusätzliche, bislang weniger bekannte Perspektive anbieten: Wohnmöglichkeit für Senioren. Denn zeitgleich mit dem Höfesterben vollzieht sich nicht nur in Deutschland eine weitere, unumkehrbar wirkende Entwicklung: die Alterung der Gesellschaft. Damit entsteht ein großer Markt für die Versorgung und Betreuung von Senioren. Auch für Landwirte könnten sich hier Chancen eröffnen, die eigene wirtschaftliche Zukunft sicherer und verlässlicher als bisher zu gestalten.

 

In anderen Ländern bereits verbreitet

 

Green Care“ heißt das Prinzip, das in anderen Ländern bereits weiter verbreitet ist. So gibt es in den Niederlanden, in Norwegen, der Schweiz und Österreich bereits mehrere tausend landwirtschaftliche Betriebe, die Senioren als Alternative zum Altenheim eine Wohnmöglichkeit anbieten. Ein Pflegedienst muss selbstverständlich vorhanden sein, um eine professionelle Betreuung sicherzustellen. In Deutschland gibt es vermutlich erst rund 30 derartige Einrichtungen.

 

Und für Senioren kann ein solches Angebot besonders dann attraktiv sein, wenn sie selbst mit dem Landleben schon seit langem vertraut sind. Und - ganz wichtig - sie behalten das Gefühl, gebraucht zu werden. Natürlich müssen sie nicht mitarbeiten. Aber die Senioren können auf Wunsch bei der Zubereitung des gemeinsamen Mittagessens helfen, die Tiere mitversorgen oder Eier im Hühnerstall sammeln. Das ist ganz anders als im Altenheim oder in der Seniorenresidenz, wo man nur „betreut“ wird, Hinzu kommt die Nähe zur Natur und zu Tieren. Auch ein eigenes Haustier ist in solchen Einrichtungen prinzipiell möglich.

 

Gewiss, dies ist kein Patentrezept für jeden Landwirt, der sich Sorgen um die Zukunft seines Betriebes macht. Aber in einigen Fällen kann es durchaus eine sinnvolle Ergänzung sein. Die möglichen Vorteile liegen auf der Hand: Leerstehende Gebäude werden genutzt, zusätzliche Dienstleistungen ermöglichen ein gesichertes regelmäßiges Einkommen. Und der persönliche Austausch mit den älteren Mitbewohnern kann als menschliche Bereicherung empfunden werden – insbesondere dann, wenn die eigenen Kinder nicht mehr im Haushalt leben.

 


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