Über Scholz, den Cum-Ex-Untersuchungsausschuss, den Hasen und andere vorösterliche Themen

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche

 

Liebe Leserinnen und Leser unseres Politblogs,

 

das Spiel geht weiter: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. Diesen Ostergruß schicken wir an Olaf Scholz, weil er ihn wohl feiertagsunabhängig als seinen Wahlspruch aus der Zeit als Erster Bürgermeister der Hansestadt Hamburg mit in seine Berliner Zeit als Kanzler trägt. Es geht um das Thema „Cum-Ex“ und die Warburg-Bank mit dem Verdacht, dass Scholz als Landes-Regierungschef an der Elbe ein Auge zugedrückt hat, als es um die 47 Millionen Euro ging, die das Bankhaus als Steuervorteil aus diesen Geschäften an die Finanzbehörde zurückzahlen sollte. An diesem Thema hat sich in Bezug auf eine mögliche Mitwisserschaft oder gar Mitwirkung des damaligen Bürgermeisters ein Untersuchungsausschuss des Landesparlamentes vergeblich abgearbeitet. Die Abgeordneten konnten einfach nicht in die Wissenslücken von Scholz eindringen. 

Jost Springensguth
Jost Springensguth

Nun meint die Opposition im Bundestag, dasselbe noch einmal dort mit einem neuen Untersuchungsausschuss erfolgreicher gestalten zu können. Das wird vor allem CDU/CSU wohl kaum gelingen, da dieses parlamentarische Aufklärungsinstrument sich im Prinzip die Zähne – bleiben wir beim Hasen – „ausnagt“. Zeugenbefragungen und Aktenbeweise münden in einem Untersuchungsausschuss nicht wie bei Gericht in ein Urteil, sondern in Abstimmungsergebnisse. So entstehen am Ende erfahrungsgemäß Mehrheits- oder Minderheitsvoten, die die Aufklärungsergebnisse in der Bewertung der jeweiligen Fraktionen spiegeln. So hat der Kanzler eigentlich nicht viel zu befürchten, weil seine Ampel-Parteien ihn nicht im Stich lassen werden; die Opposition kann allenfalls auf das Medienecho setzen, wenn Olaf Scholz wieder vorgeladen wird und beim österlich anmutenden Hasenspruch bleibt. Das hat ihm schon in Hamburg wehgetan. Er hat alles einfach weggesteckt. So wird es auch mit dem Untersuchungsausschuss zur „Affäre um die Warburg-Bank“ gehen, den die Union einsetzen will.

 

Dabei hat die Redewendung „Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts“ einen kaum bekannten Ursprung, der nicht mit dem „niedlichen Tier mit den großen Löffeln“ in Zusammenhang zu bringen ist, sondern mit dem Jura-Studenten Victor von Hase. Er soll 1855 vor Gericht im Verfahren um ein tödlich verlaufenes Duell gesagt haben: Mein Name ist …  https://www.geo.de/geolino/redewendungen/9296-rtkl-redewendung-mein-name-ist-hase-ich-weiss-von-nichts oder ausführlicher https://das-blaettchen.de/2012/03/mein-name-ist-hase-10469.html.

 

Dabei ist das Thema Hase in der Osterzeit ständig in aller Munde. Der Deutsche Jagdverband (DJV) hat gerade – wie es in einer dpa-Meldung in dieser Woche hieß – verlauten lassen, dass in Deutschland und in diesem Frühjahr im Schnitt 16 Feldhasen pro Quadratkilometer auf Feldern Wiesen und Äckern hoppeln. Das sei einer der höchsten Werte bei den Zählungen in den vergangenen 20 Jahren.

 

In einer anderen Betrachtungsweise wird es naturpolitisch – wenn man davon so sprechen kann: „Der Hase ist geradezu eine Schlüsselart für eine gesunde Kulturlandschaft. Und eben auch der Agrarsoziologie. Wann immer es dem freien Bauerntum gut ging, ging es auch dem Hasen gut.“ Das ist eine Feststellung von Wilhelm Bode in einem Interview mit den Zeitungen des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlages (SHZ), Dienstag dieser Woche. Der ehemalige Leiter der Saarländischen Landesforstverwaltung und Buchautor (u.a. dem Titel „Hasen“, Verlag Matthes & Seitz / 159 Seiten / 22 Euro) kann viel zu diesem Thema sagen. Interessant ist sein Hinweis zu den Folgen des Klimawandels. Daran liege der Einbruch des Hasenbestandes nicht, der nutze dem Hasen eher. „Hasen leiden stark unter Nässe. Die trockenen Frühlinge und warmen Sommer sorgen also eher dafür, dass mehr Junghasen ihr erstes Jahr überleben.“ Das gleiche den Zustand unserer Agrarlandschaft aber nicht aus. Jedes Raubtier, das in Deutschland vorkommt, fresse Hasen. Abgeerntete Felder böten keinen Unterschlupf und ohne Hecken fehle Schutz. Daraus kann man auch Schlüsse ziehen, worauf es generell in der Agrarpolitik ankommt: wenn man so will, dass es dem Bauern gut gehen soll. Davon sind wir mit Cem Özdemir weiter entfernt als je zuvor.

 

Sein Thema „Werbeverbot für ungesunde Lebensmittel“ verdirbt auch den Lebensmittel- und Werbeverbänden den Appetit, wie das Handelsblatt ebenfalls Dienstag dieser Woche schildert. Der Nutzen des Gesetzes sei umstritten. Die Medienwirtschaft beklagt, dass so die Refinanzierung von Zeitungen und Zeitschriften bei ohnehin bestehenden Problemen weitergehend geschädigt werde. Da deuten sich große Auseinandersetzungen an – nicht mit der Lebensmittelwirtschaft, sondern mit dem Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft (ZAW). Der verweist darauf, dass das geplante Bundesgesetz nicht gerichtsfest sein werde, weil die Medienregulierung nun einmal Ländersache sei. Von diesen Themen werden wir also weiter noch viel hören.

 

Ebenso auf unsicherem Terrain bewegt sich nach der Wahl die Berliner Landespolitik, weil der von Kai Wegner (CDU) und Franziska Giffey (SPD) ausgehandelte Koalitionsvertrag noch über eine Hürde gehievt werden muss: Das ist die Basis mit dem Mitgliederentscheid bei den Sozialdemokraten; dem designierten Bürgermeister reicht die Zustimmung eines Landesparteitages seiner CDU. Vielleicht ist das doch ein kalkulierbares Restrisiko auf dem Weg der Bundeshauptstadt in besser geordnete politische Verhältnisse als zuvor im links-links-grünen Spagat.

 

Dass Dreierkoalitionen nun einmal schlechter funktionieren als Zweierbündnisse erleben wir gerade im Bund beim Thema Kinder-Grundsicherung. Bei der Ampel setzt sich das Prinzip fort: Wenn eine Kuh vom Eis ist, steht bereits die nächste darauf.

 

Mit dieser Aussicht und kleinen Ausflügen abseits der Politik in Zitate aus der Tierwelt wünscht unser Redaktionsteam den Leserinnen und Lesern unseres Blogs und unserer Newsletter Frohe Ostern und genussreiche Spaziergänge in unsere Natur

 

Ihr

Jost Springensguth

Redaktionsleitung / Koordination

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