Wie geht es weiter im Waffenrecht?

Innenministerin Faeser betreibt Aktionismus, indem sie Jäger und Sportschützen unter eine Art Generalverdacht stellt und weitere praxisferne Vorschriften einführen möchte

Stichwort Schützenfest: Gerade im ländlichen Raum spielen legale Waffenbesitzer, wie beispielsweise Sportschützen, die in Schützenbruderschaften organisiert sind, vielerorts eine wichtige soziale Rolle. (Symbolbild: Claudia Peters)
Stichwort Schützenfest: Gerade im ländlichen Raum spielen legale Waffenbesitzer, wie beispielsweise Sportschützen, die in Schützenbruderschaften organisiert sind, vielerorts eine wichtige soziale Rolle. (Symbolbild: Claudia Peters)

 

Von Jürgen Wermser

 

Seit der Amoktat mit vielen Toten und Verletzten in einem Hamburger Gotteshaus wird wieder heftig über eine Verschärfung des Waffenrechts gestritten. Angesichts des verursachten Leids wirkt dies zwar menschlich verständlich. Aber ist es auch zielführend? Da bestehen doch erhebliche Zweifel. Mehr noch: Es wächst der Eindruck, dass viele Politiker - nicht zuletzt Innenministerin Nancy Faeser - auf diesem Wege die Verantwortung für die unzureichende Kontrolle und Durchführung der bereits geltenden Regelungen von sich schieben möchten. Oder wie es Marc Henrichmann, CDU-Mitglied im Innenausschuss des Bundestags und in seiner Fraktion für das Thema zuständig, auf den Punkt bringt: „Hamburg zeigt abermals die wirklichen Schwachstellen auf. Vorhandene Informationen fließen nicht. Und schlimmstenfalls sind sie sogar fahrlässig übersehen worden. Statt Frau Faesers Placebo-Debatten müssen wir endlich den Vollzug effektiv gestalten, Datenfluss ermöglichen und so Extremisten nachhaltig von redlichen Sportschützen und Jägern trennen.“

 

Auch die Gewerkschaft der Polizei weist angesichts der Amoktat von Hamburg auf den Schwachpunkt Informationsfluss hin. So müssten Gesundheitsämter Vorgänge im Waffenrecht priorisieren und schnell bearbeiten. Nirgends dürfe Zeitverzug durch Personalmangel oder lange Datenschutzprozesse entstehen. Der Datenaustausch müsse digital mit hohem Datenschutzstandard in Echtzeit stattfinden, forderte der GdP-Chef Jochen Kopelke gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

 

Extremisten müssen entwaffnet werden

 

Ein weiterer Punkt ist erschreckend: Nach Recherchen von ARD-Journalisten haben rund 1.000 Extremisten eine Waffenerlaubnis. Experten würden außerdem von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Allein in Rheinland-Pfalz und Hessen besäßen bekannte Rechtsextremisten und Reichsbürger 925 scharfe Schusswaffen. Und was machen Regierung und Behörden dagegen?

 

Praktisch nichts. Die zuständige Bundesinnenministerin Faeser betreibt Aktionismus, indem sie Jäger und Sportschützen unter eine Art Generalverdacht stellt und weitere praxisferne Vorschriften einführen möchte. Dazu gehört etwa, dass Käufer beim Erwerb einer Waffe künftig auf eigene Kosten ein ärztliches und psychologisches Zeugnis vorlegen sollen. Eine solche Vorschrift gilt bisher nur bei Personen unter 25 Jahren oder wenn Zweifel an der persönlichen Eignung bestehen. Derweil stehen die Waffenbehörden den Extremisten mehr oder minder hilflos gegenüber, weil sie personell überlastet sind, ihnen Infos oder juristische Handlungsmöglichkeiten fehlen.

 

„Derzeit muss ein Legalwaffenbesitzer in Berlin nur alle 360 Jahre damit rechnen, dass die Aufbewahrung seiner Waffen kontrolliert wird", rechnete kürzlich der Präsident des Deutschen Jagdverbands (DJV), Volker Böhning, vor. Das zeigt beispielhaft, wie überlastet die Behörden bundesweit schon jetzt sind. Dabei ist das Problem drängender denn je, wie jüngst der Chef des Thüringer Verfassungsschutzes betonte: "Wir erleben gerade in der Szene, dass die Gewaltbereitschaft und die Geneigtheit, eben auch legale Waffen einzusetzen, sehr viel größer geworden ist."

 

Unterschied zu Straftätern

 

Anders als bei Straftätern, die ihre Waffe per Gesetz automatisch verlieren, geschieht dies bei Extremisten nur „in der Regel“. Dieses ungleiche Maß eröffnet Spielräume vor Gericht, aber es passt nicht zu einer wehrhaften Demokratie. Wer die geltende Verfassungsordnung bekämpft, darf seinerseits keine juristische Rücksichtnahme erwarten. Im Gegenteil, in solchen Fällen muss der Staat hart und zügig durchgreifen können, um Gefahren rechtzeitig abzuwehren. Schon deshalb ist eine sorgfältige Evaluierung des geltenden Waffenrechts geboten: Wo sollte sinnvoll und mit Augenmaß nachgebessert werden, ohne zugleich gesetzes- und verfassungstreue Bürger zu diskriminieren und ohne die Behörden durch neue, weltfremde Vorschriften zu überfordern? Kurzum, es geht um eine praxisgerechte Lösung mit breitem Konsens aller Beteiligten: Sicherheits- und Verwaltungsexperten ebenso wie Jäger und Sportschützen.

 

Ein solcher Ansatz mag nicht so spektakulär wirken, wie der laute und populistische Ruf nach einem „schärferen Waffenrecht“. Aber dafür würde am Ende vermutlich eine sachgerechte, größtmögliche Sicherheit bietende Lösung stehen, mit der alle Beteiligten gut leben könnten. Und genau darum muss es gehen. Die Millionen Jäger und Sportschützen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, müssten nicht länger Ressentiments und unsinnige Bürokratie erdulden. Gerade im ländlichen Raum spielt diese Personengruppe vielerorts eine sozial große Rolle. Umso ärgerlicher ist es, wenn sie von Städtern bedrängt werden, die das Landleben bestenfalls vom Kurzurlaub oder aus Hochglanz-Magazinen kennen. Das weckt oder bestärkt nur Vorurteile und Missverständnisse zwischen Stadt- und Landbewohnern. Damit ist niemandem gedient.

 

Ruhe könnte trügerisch sein

 

Momentan liegt der Entwurf Faesers wegen des Widerstands der Liberalen politisch auf Eis. Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner erklärte kürzlich am Rande der Internationalen Grünen Woche: „Das Bundesinnenministerium muss zuerst die Wirkung der jüngsten Reformen des Waffengesetzes aus dem Jahr 2020 evaluieren – und zwar gemeinsam mit Jagd- und Schützenverbänden. Das haben wir im Koalitionsvertrag so vereinbart. So weit so gut. Doch das Thema ist damit leider noch nicht endgültig vom Tisch. Bei nächster Gelegenheit sowie in aufgeheizter Stimmung, wie nach der Hamburger Amoktat, wird es durch seine Verfechter erneut auf die Agenda kommen und die politische Standfestigkeit der FDP auf die Probe stellen. Ein „Kompromiss“ zu Lasten von Jägern und Schützen bleibt da leider immer eine politische Versuchung. Denn leichter und billiger lassen sich in bestimmten grün-großstädtischen Milieus kaum Emotionen schüren und politisch Punkte sammeln…

 


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