Geld verdienen mit der Humusbildung

Carbon Farming: Neues Instrument wird keine Allzweckwaffe gegen den Klimawandel sein, aber hilfreich, um das Klimaversprechen zu halten

Ein Traktor rollt über ein Feld. (Foto: Oliver Mohr/pixelio.de)
Ein Traktor rollt über ein Feld. (Foto: Oliver Mohr/pixelio.de)

 

Von Ludwig Hintjens  

 

Die Kommission will Europas Bauern ein neues Geschäftsmodell erschließen. Landwirte sollen Geld bekommen, wenn sie mehr für die Humusbildung tun. Sie sollen ihre Felder nach bestimmten Methoden bearbeiten, die deren Fähigkeit zur Speicherung von Kohlendioxid erhöhen. Der Fachbegriff dafür lautet Carbon Farming, was so viel heißt wie Kohlenstoff-Landwirtschaft.  

 

Im Prinzip geht es darum, gezielt die Humusschichten in den Böden zu stärken. Dies geschieht etwa dadurch, dass der Landwirt Zwischenfrüchte anbaut. Aber auch der Einsatz von speziellen Maschinen bei der Aussaat kann das Ziel erreichen. Dabei soll die Struktur der Böden besser erhalten bleiben und das Wurzelwerk dazu in die Lage versetzt werden, mehr CO₂ zu speichern. Die Methoden des Carbon Farmings entziehen also der Atmosphäre schädliches Klimagas und tragen somit dazu bei, den Klimawandel abzubremsen. 

 

In den USA gibt es bereits ein Geschäft mit Carbon Farming. Es fehlt allerdings der Rechtsrahmen dafür, weswegen Beobachter von Wildwest-Methoden berichten. Wie bei vielen anderen Politikfeldern auch will die EU mit gutem Beispiel vorangehen und Standards für die Zertifizierung setzen, die womöglich später von anderen Wirtschaftsräumen übernommen werden. Im Dezember hat sie ihren Gesetzgebungsvorschlag vorgelegt. Demnach soll der Landwirt honoriert werden, wenn durch seinen Einsatz die Zunahme der CO₂-Speicherfähigkeit messbar und zusätzlich ist, auf Dauer angelegt ist und außerdem vorteilhaft für die Wasserqualität und die Artenvielfalt. 

 

Es ist zu begrüßen, wenn die Landwirte sich mit den Methoden des Carbon Farmings eine zusätzliche Einnahmequelle erschließen können. Sie erbringen schließlich eine Leistung für die Allgemeinheit. Dass diese Leistung vergütet wird, das ist mehr als selbstverständlich. Klar sein sollte auch, dass nicht nur Biobauern die Möglichkeiten nutzen dürfen. Klimaneutralität geht nicht nur mit Ökolandbau, sondern auch mit den Methoden der herkömmlichen Bewirtschaftung. 

 

Ein Gebot der Stunde

 

Carbon Farming ist ein Gebot der Stunde, wenn die EU ihre Klimaziele nicht aus den Augen verlieren will. Bis zum Jahr 2050, darauf haben sich die 27 Mitgliedsstaaten verpflichtet, will die Staatengemeinschaft unter dem Strich klimaneutral wirtschaften. Das heißt, die Industrie einschließlich Landwirtschaft, Dienstleister und Verbraucher sollen zur Mitte des Jahrhunderts nicht mehr klimaschädliches CO₂ ausstoßen, als die EU an anderer Stelle der Atmosphäre wieder entzieht. 

 

Methoden zur Einlagerung von abgeschiedenem CO₂, dafür gibt es den Fachbegriff CCS (Carbon Capture and Storage), sind bislang weder technisch ausgereift, noch genießen sie auch nur annähernd die notwendige gesellschaftliche Relevanz. Da bleibt nur die natürliche Einlagerung von Kohlenstoff in Bäumen sowie im Boden. Doch die natürliche Speicherfähigkeit der Wälder geht tendenziell zurück, weil Wälder abgeholzt oder durch den Klimawandel geschädigt werden. 

 

Einfluss von Carbon Farming sollte nicht überschätzt werden

 

Der Einfluss von Carbon Farming beim Kampf gegen den Klimawandel sollte aber auch nicht überschätzt werden. Fachleute gehen davon aus, dass Carbon Farming etwa in Deutschland das Potenzial hat, zusätzlich sechs Millionen Tonnen CO₂ im Jahr in den Böden einzulagern. Dem gegenüber stehen 100 Millionen Tonnen an Emissionen, die der Landwirtschaft zugeschrieben werden. Sie schätzen, dass sich durch Methoden des Carbon Farmings mittel- und langfristig etwa ein Zehntel des CO₂-Ausstoßes der Landwirtschaft ausgleichen lassen. 

 

Es bleibt das Fazit: Carbon Farming wird kein Allzweckmittel zur Bekämpfung des Klimawandels sein, aber seinen Beitrag leisten zur Erreichung der EU-Klimaziele. Europas Bauern sind gut beraten, sich mit den Methoden vertraut zu machen. Dann sind sie vorbereitet, wenn die EU der Landwirtschaft ein zusätzliches Geschäftsmodell anbietet.        


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