Der politische Rückblick auf diese Woche

Was wir den nächsten Generationen überlassen – Exotischer Ausflug des grünen Tandems Habeck / Özdemir – In Bayern ist der Begriff Heimat nichts Dumpfes

 

Liebe Leserinnen und Leser unseres Politblogs,

 

so sehr wir den ländlichen Raum im Fokus haben - der Blick geht immer wieder nach Berlin. Dort fallen im Moment reihenweise Entscheidungen, die besonders auch die Menschen betreffen, die auf dem Lande wohnen, arbeiten und leben. Ausgehend vom Rezept des Kanzlers zur Finanzierung der Zeitenwende durch Neuaufstellung der Bundeswehr, gilt seitdem das „Sondervermögen“ als Zauberwort. Das tritt ein, wenn ein neues „Wumms“- Programm entsteht und finanziert werden muss. Damit fallen finanzpolitisch neue Zukunftslasten an, die wir in Teilen so kaschiert den nächsten Generationen vererben. Die Kinder- und Kindeskinder sollen unter den Schutz von Klimamaßnahmen kommen, die in diesen Tagen im Rhythmus der wöchentlichen Kabinettssitzungen und im EU-Parlament aufgelegt werden. Verbrenner-Aus (nach dem ARD Deutschland-Trend von gestern sind übrigens 67 % dagegen), E-Autos, Investitionen in das Verkehrsnetz, klimagerechte Heizungserneuerungen u.a. mit Wärmepumpen, neue energetisch wirksame Gebäudefassaden, eine neue Wasserstrategie mit entsprechenden Investitionen und vieles mehr. Das mag ja alles richtig und gut so sein. Nur: in Summe baut sich da finanzpolitisch ein Berg auf, von dem irgendwann einmal Abstürze drohen.

Jost Springensguth, Redaktionsleitung/Koordination
Jost Springensguth, Redaktionsleitung/Koordination

 

Um nicht mehr von Schulden sprechen zu müssen, mit denen in Teilen staatliche Programme finanziert werden sollen, entstehen unter dem zitierten Stichwort Nebenhaushalte, wobei das jeweils angewandte Wort „Vermögen“ nun einmal nicht zutrifft, weil so schlicht und einfach neue Schulden entstehen. Dieses Muster kommt nicht nur im Bund zur weiteren Anwendung, sondern macht auch in den Ländern Schule. NRW hat bereits den Rettungsschirm „Corona“ mit dem Original-Gesetzestitel „Errichtung eines Sondervermögens“ aufgespannt. Und in Berlin reden jetzt CDU und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen zur Bildung des nächsten Senats von einem „Sondervermögen Klimaschutz, Resilienz und Transformation. Damit wird wohl Mitte des Jahrhunderts das Geld für Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser und vieles mehr fehlen.

 

Übrigens zum Stichwort Resilienz: Psychologen wissen, was das ist; unsere Leserinnen und Leser vielleicht in dem einen oder anderen Fall nicht. Es lohnt sich ein Blick in Wikipedia oder seriös ins Lexikon, das vielleicht noch im Bücherschrank steht. Das bringt zutage, dass vereinfacht Widerstandsfähigkeit gemeint sein könnte. Per Zufall bin ich im Netz auf das Lexikon des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (https://www.bmz.de/de/service/lexikon/70564-70564) geraten. Das erklärt: „Resilienz in Bezug auf den Klimawandel bedeutet zum Beispiel, dass der Mensch lernt, mit den Risiken und Folgen der globalen Erwärmung zu leben, sein Verhalten daran anzupassen und künftigen Krisen vorzubeugen.“ So entsteht also Politik, die die Menschen verstehen sollen.

 

Natürlich ist es die Aufgabe der Opposition, die Finger in die Wunde zu legen. So hat Friedrich Merz einen weiteren ungewöhnlichen Vorgang in der Finanzpolitik in dieser Woche aufgegriffen, nachdem der Finanzminister die Vorlage der Eckwerte seines Etats für 2024 verschoben hat. Dieser Tagesordnungspunkt wurde verschoben, weil „wir im Kabinett noch einmal gemeinsam über finanzielle Realitäten sprechen müssen.“ So Christian Lindner mit der Begründung, dass seine Ministerkollegen Zusatzwünsche für die Ausgaben 2024 in Höhe von 70 Milliarden angemeldet hätten. Dazu könnte man auch süffisant anmerken, dass das vielleicht die Größenordnung eines weiteren „Sondervermögens“ sein könnte. Friedrich Merz dazu: „Es war absehbar, dass dieser Streit kommt und die Bundesregierung in wesentlichen Fragen der Haushaltsplanung keine Einigung findet. Es sind auch nicht allein die zusätzlichen Ausgabenwünsche der Ampelminister, die um 70 Milliarden Euro höher liegen als die in der Finanzplanung vorgesehenen Ausgaben. Auch die Zinslasten steigen deutlich an.“ So beziffert er schon im laufenden Jahr rund 40 Milliarden Euro Zinsen auf die Bundesschuld. Für das vorletzte Jahr nannte Merz noch 4 Milliarden, also das zehnfache als jährliche Erblast, die mit den angekündigten Förderprogrammen noch zunehmen wird. Da geht’s dem Bund nicht anders als den Häuslebauern. Alle müssen die Zinslasten noch neu rechnen, auch weil die EZB den Leitzins in dieser Woche noch einmal angehoben hat. Sie hat keine andere Wahl, wenn Euro-Europa die Inflation in den Griff bekommen will.

 

Sparsam dagegen gaben sich in dieser Woche die beiden grünen Kabinettskollegen Robert Habeck und Cem Özdemir. Sie stiegen gemeinsam in den Regierungsflieger nach Südamerika. Das gehört offensichtlich zur Charmeoffensive der Bundesregierung, die jetzt fortgesetzt wird. Der Bundeskanzler war schon im Januar da und hat sich dort zum Thema Ukraine einen Korb eingefangen. Der neue Präsident Lula zeigte „kein Interesse“ dem überfallenen Land Panzermunition abzugeben und somit hat er sich nicht auf die Seite der Staatengemeinschaft gegen den russischen Angriffskrieg geschlagen. Die weiteren Themen Klima, Unterstützung in der Amazonaspolitik gegen die Abholzung, Energie und Handelsabkommen, schaffen Einigkeit und werden in geostrategischer Absicht bei diesen Reisen gepflegt. Dabei spielt das in unserem Blog schon behandelte Mercosur-Abkommen eine große Rolle.

 

Der deutsche Agrar- und Ernährungsminister hat es dabei nicht ganz leicht: Denn: zu Hause zweifeln den Grünen nahestehende Umweltverbände an den Hilfszusagen, den Urwald zu schützen, und sie befürchten – übrigens zusammen mit den Bauernverbänden – mehr Fleischimporte von dort. Cem Özdemir, der u.a. für die deutsche Landwirtschaft zuständige Minister, steht zu Hause gleichzeitig zunehmend unter Kritik, auf Nebenkriegsschauplätze wie Werbeverbote für Schleckerkram auszuweichen, den Erwerbszweig Tierhaltung durch Auflagen auszubremsen und ansonsten agrarpolitisch wenig über die Rampe zu bringen. Vielleicht tut ihm bei dem Gemaule zu Hause so eine Exotenreise auch mal gut.

 

Dabei machen sich eben dort zu Hause viele Menschen Sorgen um lebenswerte und gleichzeitig erwerbsträchtige ländliche Räume. Dieses Thema treibt gerade die Bayerische Staatsregierung um, die in einer aufwändigen Aktion den „Zukunftsdialog Heimat.Bayern“ gerade abschließt. Rund 8.000 sogenannte Bürgerbeiträge sind dabei eingegangen, die der Ministerpräsident höchstpersönlich bewertete. Angesichts der Landtagswahl im Herbst ist dort jetzt alles Heimatliche Chefsache. Für Markus Söder steckt hinter dem Begriff Heimat nichts „Dumpfes“, sondern Tradition und Offenheit für Neues. In den ländlichen Regionen Bayerns solle nirgendwo ein Gefühl des „Abgehängtsein“ aufkommen, sondern gerade die Landwirtschaft solle eine „engagierte Förderung“ erfahren. Für Söders Agrarministerin Michaela Kaniber ist der Klimawandel gegenüber der Landwirtschaft „gnadenlos“. Das sind dort im Süden ganz andere Töne, wenn es um dieses beherrschende Thema geht.

 

Mit diesen Aussagen zu den Begriffen wie Heimat und Bauernstand gebe ich mit diesem Beitrag gern die Anregung weiter, auch diese Aspekte mal aufzunehmen, wenn wir über die aufgeregten Themen dieser Zeit und das nachdenken, was wir künftigen Generationen hinterlassen.

 

Ihr Jost Springensguth

Redaktionsleitung / Koordination

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