Kabinettsklausur ohne Ergebnisse – Aktivisten der Letzten Generation auf Abwegen – Durchbruch beim Schutz der Ozeane

Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen mit dem Blick aufs Land und zurück auf diese Woche

 

Guten Tag, liebe Leserinnen und Leser,

 

zwei Verbrechen waren und sind in dieser Woche große Gesprächsthemen: Die neuen Ermittlungsergebnisse zum Anschlag auf die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 sowie die schreckliche Bluttat in Hamburg mit vielen Toten und Verletzten. Vor allem das Ereignis in der Hansestadt hat überall Entsetzen und tiefe Betroffenheit ausgelöst. Jeder von uns spürt, wie schnell und völlig unberechenbar sich Katastrophen an scheinbar friedlichen Orten ereignen können. So etwas kann jeden von uns treffen - ein Wissen, dass unser Mitgefühl mit den Opfern und ihren Angehörigen zusätzlich verstärkt. Leider ist aber auch zu erwarten, dass dieses schreckliche Ereignis von einigen Politikern und Gruppen zum Vorwand genommen wird, pauschal und praxisfremd ein schärferes Waffenrecht zu fordern. Millionen gesetzestreuer Jäger und Sportschützen müssten dann befürchten, völlig zu Unrecht ins Abseits gestellt zu werden – ein Thema, das wir kommende Woche in unserem Politblog aufgreifen werden.

Jürgen Wermser
Jürgen Wermser

Doch kommen wir nun zu anderen Ereignissen der Woche, etwa dem Wetter, das bei mir zu Hause in der Lüneburger Heide in diesen Tagen recht wechselhaft ist. Gelegentliche Sonnenphasen können nicht vergessen machen, dass es im Grunde reichlich kühl ist - inklusive gelegentlicher Schauer. Und am Freitag fiel dann obendrein noch kräftig Schnee. Ähnlich wechselhaft und kühl geht es momentan in der Berliner Ampelkoalition zu, wie die jüngste Kabinettsklausur im nördlich von Berlin gelegenen Schloss Meseberg gezeigt hat. Kanzler Scholz sowie die Minister Habeck und Lindner versuchten nach dem Treffen zwar, ein Bild großer Harmonie zu vermitteln. Doch dahinter verbirgt sich inhaltliche Leere. Alle großen Streitfragen, vom Ausbau der Verkehrsinfrastruktur über die Kindergrundsicherung bis hin zur Zukunft der Landwirtschaft, blieben unbeantwortet.

 

Gewiss, niemand durfte ernsthaft erwarten, dass bei einem zweitägigen Treffen schon perfekte Lösungen gefunden werden. Aber zumindest Ansätze oder kleine Fortschritte sollten erkennbar sein. Denn eine gute Atmosphäre mag ja nett sein, aber sie ersetzt keine guten Arbeitsergebnisse. Schlimmer noch: Nach dieser Klausurtagung ist zu befürchten, dass die so ungleichen Koalitionspartner schon in Kürze wieder miteinander streiten werden, statt gemeinsam Lösungen vor allem zum Klimaschutz zu entwickeln - eine heikle Perspektive.

 

Apropos Klimaschutz. Das Thema ist mittlerweile politisch und gesellschaftlich breit akzeptiert. Nur die Aktivisten der Letzten Generation scheinen dies noch nicht so richtig bemerkt zu haben. Sie bezeichnen sich zwar gerne als „Verfassungsschützer“, weil das Grundgesetz zum Lebensschutz verpflichte, während die Bundesregierung angeblich die Klimakatastrophe befeuere - so jedenfalls jüngst ein Aktivist, nachdem er zusammen mit einem Gesinnungsfreund vom Amtsgericht Heilbronn zu mehreren Monaten Gefängnis verurteilt worden war. Beide hatten sich Anfang Februar auf einer Straße in der Stadt festgeklebt.

 

Doch in Wahrheit verkennen die Protestler der Letzten Generation zunehmend die Zeichen der Zeit. Denn statt neue und intelligentere Formen von Demonstrationen für mehr Klimaschutz zu entwickeln, setzen sie weiter auf Krawall und Empörung.

 

Schlimmer noch: Sie sind auf dem besten Wege, sich völlig ins Abseits zu stellen. Nicht nur, dass sie sich vor den Karren von gewerkschaftlichen Tarifforderungen spannen lassen, sondern auch demokratische Symbole werden gezielt attackiert. Einerseits nehmen Aktivisten Rechte aus dem Grundgesetz teilweise maßlos für sich in Anspruch, andererseits wird das Berliner Denkmal zum Grundgesetz, geschaffen von einem israelischen Künstler, von ihnen „mit Erdöl getränkt“. Die inhaltliche Aussagekraft dieser Aktion: Null. Was bleibt ist ein geschändetes Denkmal der Demokratie, Empörung in der Öffentlichkeit und eine Klimagruppe, die offenkundig für sich Maß und Mitte verloren hat. So kann man Schlagzeilen produzieren aber keine saubere Umweltpolitik befördern.

 

Auch die politische Erpressung von demokratisch legitimierten Amtsinhabern wie jüngst in Hamburg darf nicht hingenommen werden. Bis kommenden Montag hatten Aktivisten dem Ersten Bürgermeister Tschentscher Zeit gegeben, auf ihre Forderungen einzugehen. Falls er dies nicht macht - was Tschentscher bereits angekündigt hat - will die "Letzte Generation" ab Dienstag für eine "maximale Störung der öffentlichen Ordnung sorgen“. Das droht heikel zu werden. Zu Recht hat der Senat deshalb das Schreiben auch an die Sicherheitsbehörden weitergeleitet, um den Inhalt in strafrechtlicher und sicherheitsrelevanter Hinsicht zu prüfen", so ein Sprecher der Stadtregierung.

 

So ehrenwert und verständlich die Sorgen der jungen Leute um das globale Klima sein mögen, auch das politische Klima als Grundlage des sozialen Zusammenlebens muss geschützt werden. Doch genau dies wird gezielt attackiert, indem Repräsentanten und Symbole unserer Verfassungsordnung demonstrativ der Respekt verweigert wird. Es wird höchste Zeit, dass diese jungen Leute in sich gehen und wieder auf demokratische Pfade zurückkehren. Sonst dürften sie am Ende nur noch von einer Seite Beifall bekommen - von ganz rechtsaußen. Wollten die klimabewegten jungen Leute dieses Risiko tatsächlich eingehen? Ich hoffe nicht…

 

Dass trotz aller nationalen Interessenunterschiede auch international große ökologische Fortschritte möglich sind, hat sich in dieser Woche gezeigt, als sich die UNO-Staaten auf ein Abkommen zum Schutz der Hohen See geeinigt haben. Natur- und Umweltschützer sprechen von einem Durchbruch. Mögen sie recht behalten. Doch bei aller Euphorie sollte nicht vergessen werden: Die konkrete Umsetzung und Kontrolle dürfte in der Praxis schwierig werden. Gleichwohl ist nun ein Maßstab vorhanden, den die internationale Öffentlichkeit bei allen wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Vorhaben auf den Ozeanen anlegen wird. Die rücksichtslose Ausbeutung der Ozeane kann so hoffentlich eingedämmt, wenn nicht gar gestoppt werden.

 

In diesem Sinne verbleibe ich mit den besten Grüßen und Wünschen für eine gute, positiv verlaufende Woche

 

Ihr

Jürgen Wermser

Redaktionsleitung/Koordination

 

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