Lassen sich Lehrer mit Geld aufs Land locken?

Mit Umzugskostenpauschale oder Personalgewinnungszuschlag wollen Landesregierungen Lehrkräfte zum Umzug in Dörfer oder Kleinstädte bewegen

Blick in ein Klassenzimmer (Foto: Manfred Jahreis / pixelio.de)
Blick in ein Klassenzimmer (Foto: Manfred Jahreis / pixelio.de)

 

Von Christian Urlage

 

Ein dramatischer Mangel an Lehrerinnen und Lehrern wird an vielen Orten beklagt: Die Kultusministerkonferenz schätzt, dass bis zum Jahr 2025 nicht weniger als 25.000 Pädagogen fehlen und hat sogar eine eigene Broschüre mit Empfehlungen zum Umgang mit dem Lehrkräftemangel erstellt. Wörtlich heißt es in dem Papier: „Besonders schwierig ist die Versorgung in regionalen Randlagen in den Flächenstaaten sowie in sozial-segregierten Gebieten in Großstädten und Ballungszentren.“ Von noch höheren Zahlen geht das Institut der deutschen Wirtschaft aus. Demnach gibt es bereits kurzfristig 70.000 Lehrerinnen und Lehrer zu wenig und bis 2035 sogar 156.000. Zu wenig Studierende in den Lehramtsfächern und Pensionierungen sind eine Ursache dafür.

 

In manchen Fächern und Regionen sind die Lücken besonders groß, zum Beispiel in den ländlichen Regionen Mecklenburg-Vorpommerns, wenn es um die Naturwissenschaften geht. Die Lage ist ernst und die fehlende Unterrichtsversorgung gefährdet die Bildungsziele, weil kaum jemand außerhalb der Städte Mathematik, Biologie, Physik, Chemie und Informatik unterrichten will.

 

Bis zu elf Mal erfolglos eine Stelle ausgeschrieben 

 

Ein sogenannter Personalgewinnungszuschlag soll daher Lehrerinnen und Lehrer aufs Land locken. Monatlich 425,25 Euro brutto für vier Jahre verspricht das Bildungsministerium in Schwerin, das entspreche zehn Prozent des Grundgehaltes. 250.000 Euro stellt das Ressort dafür jährlich für 50 Stellen zur Verfügung. Zuvor hat das Land bereits wiederholt erfolglos Stellen ausgeschrieben – im Extremfall bis zu elf Mal. Es geht dabei um ganz Mecklenburg-Vorpommern; ausgenommen sind lediglich die Städte Rostock, Schwerin, Neubrandenburg, Stralsund, Greifswald und Wismar. In den Genuss dieser Zulage sollen ausschließlich Referendare kommen, außerdem Lehrer aus anderen Bundesländern oder von freien Schulen, nicht aber Seiteneinsteiger.

 

Ob es ausreicht, diesen finanziellen Anreiz zu bieten, der mancherorts spöttisch „Buschzulage“ genannt wird? Einen Versuch ist es allemal wert. Dabei wäre es hilfreich gewesen, wenn das Ministerium noch stärker auf die Vorzüge der landschaftlich wertvollen Regionen hingewiesen hätte, etwa auf die Freizeitmöglichkeiten an der Ostsee oder beim Paddeln und Angeln an der mecklenburgischen Seenplatte.

 

Weiche Standortfaktoren spielen eine große Rolle

 

Aber so richtig erfolgreich wird die Aktion wohl nur, wenn weitere Aspekte hinzukommen: eine gute Anbindung ans Straßennetz, ein ausgebauter öffentlicher Personennahverkehr, kulturelle Angebote wie Kino, Konzerte und Sportvereine sowie Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe. Also weiche Standortfaktoren, die auch für die Anwerbung von Arbeitskräften bei Unternehmen Bedeutung haben. Das lässt sich nicht zaubern und schon gar nicht kurzfristig schaffen, gehört jedoch dazu.

 

Fraglich ist allerdings, ob Mecklenburg-Vorpommern mit anderen Bundesländern mithalten kann. Denn Konkurrenz ist vorhanden, fast alle Länder sind aktiv. Bayern versucht zum Beispiel, Lehrkräfte aus ganz Deutschland mit einer „Umzugskostenpauschale“ von einmalig 3000 Euro anzuwerben, aller vehementen Kritik aus anderen Ländern zum Trotz. Bayern verweist zudem darauf, dass auch Grund- und Mittelschullehrer künftig in der Besoldungsgruppe A 13 eingruppiert werden sollen und eine Lehrkraft in der Anfangsstufe 9400 Euro pro Jahr mehr verdient als beispielsweise in Sachen und immerhin noch 3800 Euro mehr als in Baden-Württemberg.

 

Eine komfortable Lage für die Pädagogen, gerade in den MINT-Fächern – nicht aber für ärmere Bundesländer, die das Nachsehen haben dürften.

 


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