Fastenpredigt: Söder auf Landpartie

Beim politischen Aschermittwoch umgarnt der CSU-Chef das Wählerpublikum im ländlichen Raum

CSU-Chef Markus Söder (Foto: Josef A. Preiselbauer)
CSU-Chef Markus Söder (Foto: Josef A. Preiselbauer)

 

Von Michael Lehner

 

Zumindest bis zur Landtagswahl im kommenden Oktober hat es sich ausgeschmust mit den Bäumen und den Grünen: In seiner Passauer Fastenpredigt hat Markus Söder kaum ein gutes Haar an der Öko-Konkurrenz gelassen und stattdessen die Menschen im ländlichen Raum umworben. Ein Publikum also, das auch der bayerischen Regierungspartei geraume Zeit ein wenig aus den Augen geriet.

 

Vom Bundeslandwirtschaftsminister verlangt Söder, die Bauern von Ratschlägen und Flächenstilllegungen zu verschonen. Von den Grünen insgesamt, dass sie die „Fleisch- und Wurst-Phobie“ im Land nicht fördern. Dass die Bundesregierung keine Ahnung vom ländlichen Raum hat, zeige das Energiekosten-Hilfspaket, bei dem schlicht übersehen werde, dass die meisten Menschen außerhalb der Städte mit Öl heizen – und nicht mit Stadtgas.

 

Wenn der Öko-Spendenverein PETA Fleisch essenden Menschen die Fortpflanzung untersagen will, zeigt das für Söder nur das Ausmaß der Verwirrung: „Erst heißt es retten wir die Bienen, dann futtern wir die Käfer“. Dagegen stelle die Staatsregierung einen „neuen Pakt für den ländlichen Raum“. Der sei „die Seele Bayerns“ und sein „Zukunftsraum“. Logisch auch mit Autos und mit Straßen, ohne die das Leben auf dem Land nicht gedeihen könne: „Bayern ist Autoland.“

 

Für den Bund ist an dieser inneren (und äußeren) Einkehr von Bedeutung: Sie ist ein sicheres Zeichen dafür, dass der Franke momentan nicht Kanzler werden will. Und dass er wohl CDU-Chef Friedrich Merz kampflos den Vortritt überließe, falls die Ampelkoalition womöglich vor den regulären Bundestagswahlen platzen sollte.

 

Neuer Spielraum für Friedrich Merz

 

So gesehen wäre es an Merz, vorsichtshalber ins Kostüm des Grünen-Verstehers zu schlüpfen. Söder braucht es nicht mehr. Schon gar nicht in Bayern, wo die Freien Wähler als Wunsch-Regierungspartner fest im Sattel sitzen. Die CSU hat sich mit der betont ländlich geprägten Konkurrenz im bürgerlich-konservativen Lager erst mal abgefunden. Und konzentriert sich nun auf die Grünen als dem stärksten Gegner in den Großstadt-Ballungsgebieten.

 

Während Bayerns Sozialdemokraten in aktuellen Umfragen um die 10 Prozent kratzen und die FDP erneut um den Einzug in den Landtag fürchten muss, stabilisieren sich die Grünen im schwarzen Stammland bei 15 Prozent. Was sich sogar manche Sympathisanten so recht nicht mit herausragenden landespolitischen Leistungen oder überragend gutem Spitzenpersonal erklären können.

 

Worauf auch Söder hinweist, wenn er vor johlendem Aschermittwochspublikum feststellt, dass weder für Bayerns SPD noch für Bayerns Grüne ein Kabinettsposten in der Ampelregierung abgefallen sei. Obwohl der Kanzler sogar eine Christine Lambrecht für fähig halten musste, die sich dann im Amt der Verteidigungsministerin als „Blamage für Deutschland“ entpuppte. Solche Kraftausdrücke sind in CSU-Fastenpredigten Ritual. Wie die Söder-Feststellung, dass die Außenministerin von den Grünen „ein Sicherheitsrisiko“ sei „für unser Land“.

 

Söder: „Man spürt die Abneigung gegen den Süden“

 

Womit Annalena Baerbocks Satz gemeint ist, dass sich Deutschland im Krieg befinde. Was nach Söders Darstellung wohl eher für die Beziehung zwischen Bayern und dem Bund zutreffen könnte: „Man spürt die Abneigung gegen den Süden.“ Wobei Bayern doch mit 10 Milliarden Euro jährlich 60 Prozent des gesamten Länderfinanzausgleichs aufbringe. Je 1000 Euro allein für jeden Einwohner von Berlin, „der Hauptstadt der Chaoten“.

 


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