Vom Gesundheitskiosk bis zum Versorgungszentrum

Karl Lauterbach plant eine Stärkung der Gesundheitsregionen und will dabei den ländlichen Raum in den Fokus nehmen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Medizin in Kommunen stärken. (Foto: www.karllauterbach.de)
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will die Medizin in Kommunen stärken. (Foto: www.karllauterbach.de)

 

Von Wolfgang Kleideiter

 

Wer in Deutschland über Gesundheit spricht, kann das Wort Reform sofort mit buchstabieren. Große Würfe plant die Bundesregierung noch in diesem Jahr auf dem Gebiet der medizinischen Versorgung: Zwei Sammelgesetze, die eine Fülle unterschiedlicher Einzelaspekte – vom Gesundheitskiosk bis hin zum von Investoren betriebenen Versorgungszentrum – abdecken sollen, stehen auf der Vorschlagsliste von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Die Erwartungen vieler Patienten, die sich mehr und mehr um ihre medizinische Nahversorgung und damit den Allgemeinzustand des Gesundheitswesens sorgen, sind hoch.

 

Eine Leitidee aus dem Ministerium lautet: Die Medizin in Kommunen soll gestärkt werden. Dazu gehört unter anderem die Sicherung der ambulanten Versorgung insbesondere in ländlichen oder strukturschwachen Regionen. Gesundheits- und Erstversorgungszentren spielen dabei eine wesentliche Rolle.

 

Als Verein geführte Gesundheitsregionen

 

Den sogenannten Gesundheitsregionen, die seit dem Ende der 1990er Jahren in vielen Gebieten des Landes entstanden sind, könnte eine noch wichtigere Rolle als bisher zufallen. Denn die daran beteiligten Einrichtungen und Institutionen – vom Klinikum vor Ort bis hin zu Kammern und Verbänden – zeigen bei ihrer sektorenübergreifenden Arbeit bereits heute, dass sie innovative und auf die Region zugeschnittene Strategien und Ideen entwickeln und umsetzen. Die zumeist als Verein gegründeten Gesundheitsregionen haben in der Regel die Patientenversorgung, das drängende Arbeitskräftethema und die wirtschaftliche Dynamik der Gesundheitswirtschaft gleichzeitig im Blick. 

 

25 Gesundheitsregionen mit 1000 angeschlossenen Einrichtungen in Deutschland gehören dem 2007 gegründeten Netzwerk Deutsche Gesundheitsregionen NDGR e.V. an. Nicht ohne Grund sitzt der Dachverband in Berlin, denn neben den Länderregierungen entscheidet die Bundespolitik wesentlich über die Weiterentwicklung des Gesundheitswesens.

 

Das Netzwerk kann schon heute regionale Projekte vorweisen, die den Menschen in ländlichen Regionen zugutekommen. So gehen zum Beispiel das bundesweit bekannte System der Schlaganfall-Lotsen in Ostwestfalen-Lippe (Stroke OWL) oder das gemeindenahe Projekt „Community Medicine“ in Greifswald auf die Initiative der jeweiligen Gesundheitsregion zurück. In der Gesundheitsregion Euregio im deutsch-niederländischen Grenzraum ist ein Regionales Pflegekompetenzzentrum (ReKo) entstanden. Auch dies hat Vorbildcharakter.

 

Ständiger Kampf um den Dauerbetrieb

 

Die Liste der Aktivposten ließe sich leicht fortsetzen. Doch es gibt ein Dilemma, das kürzlich auf einem parlamentarischen Abend des Netzwerks in Berlin deutlich zur Sprache kam: Selbst dann, wenn Projekte erwiesenermaßen gut laufen und hilfreich sind, müssen sie um ihren Dauerbetrieb kämpfen. Läuft die finanzielle Förderung und Unterstützung aus, werden sie, wie Experten bedauern, zu Rohrkrepierern. 

 

So wünscht sich nicht nur das Netzwerk, dass die Potenziale, die in den Modellen stecken, besser und dauerhaft genutzt werden. Eine besser finanzierte Gesundheitsversorgung vor Ort könnte beispielsweise dazu beitragen, dass die Menschen viel später als heute ins Altenheim wechseln. Das würde nicht zuletzt auch die Kommunen und Kreise entlasten.

 

Prof. Josef Hilbert, Vorsitzender des Netzwerks, setzt in der bevorstehenden politischen Debatte auf eine „Koalition der Willigen“. Zum notwendigen Rückenwind könnten die ländlichen Kommunen schon jetzt beitragen, indem sie ihre Gesundheitsregionen aktiv begleiten und für die innovativen Projekte werben. Der Lohn wäre am Ende eine stärkere kommunale Mitsprache beim Thema Gesundheit.

 


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