Mit den Wölfen heulen

Wie Politik und Tierrechts-Konzerne den praxistauglichen Umgang mit dem Raubtier bremsen und damit rechten Parteien nützen
Ein Wolf im winterlichen Wald. (Symbolbild: Marcel Langthim)
Ein Wolf im winterlichen Wald. (Symbolbild: Marcel Langthim)

 

Von Michael Lehner

 

Schuldzuweisungen an die Euro-Bürokratie sind ein beliebtes Mittel von eigenen Fehlern abzulenken. So ist es auch beim Umgang mit dem Wolf. Eine Bestandsregulierung wie bei anderen Wildtierarten, sagen Politiker, sei unmöglich, weil die Tiere nach Europa-Recht strengstens geschützt sind. Wahr ist aber, dass sich das EU-Verbot der Wolfsbejagung auf Informationen der Behörden in den Mitgliedsländern stützt. So bleibt es dabei, dass sich in Deutschland ländliche Regionen mit einer Wolfsdichte arrangieren müssen, die in anderen EU-Ländern längst ganz legale Wolfsjagden begründet.

 

Interessant sind schon einmal Vergleiche, wie anderswo in Europa Themen wie Tierschutz, Jagd, Natur und konkret in diesem Fall der Umgang mit dem Wolf politisch geregelt werden. In Schweden beispielsweise, mit einer Fläche von 528.000 Quadratkilometern, läuft momentan die reguläre Lizenzjagd auf 75 Wölfe. Bei einem geschätzten Bestand von landesweit 460 Tieren. Sogar die Offiziellen des World Wide Fund For Nature (WWF) halten dort trotzdem weitgehend die Füße still. Politischer Hintergrund könnte u. a. auch das Umdenken der Wähler sein, die Schwedens Sozialdemokraten eben um die Regierungsmehrheit brachte.

 

Erhaltungszustand des Wolfes „ungünstig schlecht“?

 

In Deutschland mit mindestens 1200 Tieren auf 357.000 Quadratkilometern sieht der gleiche WWF die Wölfe „in Gefahr“. Neben putzigen Panda-Bären sind Plüsch-Wölfe der Renner im Fan-Shop des Tierschutz-Riesen mit Stammsitz im schweizerischen Gland. Wie die NABU-Konkurrenz berufen sich die WWF-Experten auf den Artenschutz, der in der Europäischen Union den Wolf als gefährdet und damit als „streng geschützt“ listet. Nach Auskunft des zuständigen EU-Kommissars Virginijus Sinkevičius liegt das daran, dass Deutschland der Kommission mitgeteilt hat, der Erhaltungszustand des Wolfes sei „ungünstig-schlecht“ – bei einer zunehmenden Population.

 

In Litauen, der Heimat des Kommissars, erledigt sich das Thema. Wie die beiden anderen baltischen Staaten hat sich das Land beim EU-Beitritt die alleinige Zuständigkeit für jagdliche Angelegenheiten gesichert. Zuletzt wurden bei einer geschätzten Population von 400 Wölfen 120 Tiere zum Abschuss freigegeben. Dem deutschen EVP-Europaabgeordneten und ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten David McAllister teilte Kommissar Sinkevičius mit, dass Wolfsregulierung nach schwedischem Vorbild möglich sei, wenn der „Günstige Erhaltungszustand“ nicht gefährdet wird. Doch dem steht – siehe oben – die Einschätzung des Bundesumweltamts entgegen.

 

Die Kommission beobachtet und die Schweden jagen Wölfe

 

Bemerkenswert der Vergleich mit Schweden, das den günstigen Erhaltungszustand nach einer umfänglichen Expertenanhörung bereits im Jahr 2013 auf 170 bis 270 Wölfe festlegte und später im Konsens einen Winterbestand von 400 Tieren tolerierte. Bis die rechten Schwedendemokraten den Reichstag letztes Jahr zum Schwur gezwungen haben. Mit dem Ergebnis, dass eine bürgerliche Mehrheit die ursprünglichen Obergrenzen bestätigte und damit den Weg für die aktuelle Lizenzjagd endgültig frei machte. Anna-Caren Sätherberg, damals noch Umweltministerin, versuchte eine Notbremsung. „Wir haben einen günstigen Erhaltungszustand erreicht,“ erklärte die Sozialdemokratin. Schwedens Medien hatten den Raubtierstreit da schon zum Top-Wahlkampfthema im ländlichen Raum erklärt. Meinungsumfragen machten klar, dass die Pro-Wolf-Stimmung auch in den großstädtischen Ballungsgebieten wegbrach.

 

Benny Gäfvert, Senior-Raubtierexperte beim WWF Schweden, nannte die Festlegung auf einen Wolfsbestand von 170 bis 270 Tieren in der Zeitschrift „Svensk Jakt“ immerhin „sehr richtig“, warnte aber vor Bestrebungen, die Lizenzjagd über die genehmigten 75 Abschüsse hinaus auszuweiten.

 

In Deutschland kursiert derweil immer noch die Geschichte, dass Schweden wegen seiner Wolfspolitik mit harten Strafen des EU-Kommission rechnen müsse. Das einschlägige Vertragsverletzungsverfahren läuft seit dem Jahr 2011. Bis zuletzt mit dem Sachstand, dass die Kommission weiterhin beobachtet. Und die Schweden weiterhin Wölfe jagen.

 


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